German Angst
hat…«
»Danke«, sagte Nicole Sorek. Sie rief ihren Chef an.
»Meine Prämie gilt weiter, wer Arano findet, kriegt zweitausend Mark von mir. Sag das den Kollegen noch einmal! Ich weiß nicht, was da schief gegangen ist, jedenfalls passiert mir das nicht ein zweites Mal. Turboärgerlich ist das. Okay, Dieter, ich fahr jetzt zur Pressekonferenz, vielleicht find ich eine Möglichkeit, mit jemand zu reden, mit jemand, der etwas sagen will. Wenn ich was hab, unterbrechen wir die laufende Sendung, klar? Was läuft denn gerade? Das ist eh eine Wiederholung, sehr gut. Ich krieg ihn, ich krieg ihn, ich schwörs dir. Was berichten die Kollegen vom Gefängnis? Okay, sie sollen dableiben und weiterbeobachten, sag ihnen, sie sollen bloß auf ihrem Posten bleiben, sonst fliegen sie raus! Die werden fürs Hinschauen bezahlt, alles klar?«
Sie steckte das Handy ein und machte sich auf den Weg zum Dezernat 11.
15 17. August, 11.30 Uhr
A uch in unserem Landesverband wurde in den letzten Tagen darüber diskutiert, ob die Entführung der 53jährigen Natalia Horn durch eine gewisse Aktion D zu begrüßen ist im Sinne der Ehrerhaltung unseres Volkes. Wir Deutschen Republikaner wollen uns nicht gemein machen mit Verbrechern, aber dass der Nigerianer Arano und seine Schwerstkriminelle Tochter Lucy Deutschland verlassen müssen, und zwar auf dem schnellsten Wege, daran besteht kein Zweifel unter allen aufrechten Deutschen und Patrioten. In gewisser Weise kann man nicht leugnen, dass die Frau eine Mitschuld trägt an den Geschehnissen…
Sie hörte auf zu tippen, seufzte und ging in die Küche. Auf dem Tisch hatte ihr Mann mehrere Zeitungen ausgebreitet.
»Das ist ein großer Erfolg für uns«, sagte Norbert Scholze ohne seine Frau anzusehen. »Die Polizei versucht ihre Schlappe zu verschleiern, großartig. Schreib in den Artikel rein, dass die Polizei überfordert ist…«
»Ich muss dich was fragen«, sagte Senta Scholze und knetete ihre Finger.
»Ich hab jetzt keine Zeit, ich muss gleich los. Der Herbert hat grade angerufen, er fällt heut Nachmittag aus, seine blöde Freundin muss ins Krankenhaus, schon wieder! Das macht die extra, um ihn zu ärgern, und er merkt das nicht, der Depp.«
»Was hat sie denn?«
»Ja nichts!« Scholze blätterte so heftig um, dass die Seiten beinah rissen.
»Ist das wirklich richtig mit der Frau Horn…«
Scholze brummte etwas und studierte die Kleinanzeigen.
»Ich möcht die alte Schreibmaschine verkaufen, es muss doch jemand geben, der so was sucht. Auf den Flohmarkt geh ich nicht mehr, das ist zu riskant, hat Rossi auch gesagt…«
»Eigentlich ist das doch eine richtige Menschenverschleppung…« Sie sah ihn an. Er hob den Kopf, er hatte keine Ahnung, wovon seine Frau schon wieder redete. Wieso schrieb die nicht an ihrem Artikel? Erst sagt sie, es pressiert, und jetzt…
»Was ist?«
»Ich hab Angst, Norbert, dass wir einen Fehler gemacht haben, einen Fehler, den wir nicht wieder gutmachen können.« Sie ballte die Fäuste, betrachtete sie und fuchtelte dann verlegen mit den Händen.
Krachend landete Scholzes Hand auf dem Tisch.
»Spinnst du jetzt?«, brüllte er. »Wir reißen uns den Arsch auf, damit endlich was vorwärts geht, und jetzt fängst du an rumzuzicken! Wenn du das noch mal sagst, dann passiert aber was! Die Frau ist in unserer Gewalt, weil das eine politische Aktion ist, präg dir das ein! Das ist ja nicht zu glauben! Hast du deine Tage oder was?«
»Ich mein ja bloß…«
»Du hast nichts zu meinen!« Noch einmal schlug er auf den Tisch und stand auf. »Schreib deinen Artikel, mach Telefondienst und das wars dann! Wenn Rossi das gehört hätt! Hier gehts um was, du! Das ist eine konzertierte Aktion, da können wir deine Sprüche nicht gebrauchen! Die Frau hat einen Zweck und du fängst an, hier rumzuheulen!«
»Ich heul nicht«, sagte sie und setzte sich. Scholze zog den Reißverschluss seines grauen Blousons zu und nahm sein Handy vom Tisch.
»Und was passiert, wenn die rauskriegen, dass wir was damit zu tun haben? Was ist dann?«
»Gleich rutscht mir die Hand aus! Das haben wir hunderttausendmal durchgesprochen, auf uns kann niemand kommen! Wir sind total außen vor, uns gibts überhaupt nicht in der Sache. Die Kameraden sind wieder im Osten und wir agieren im Schatten von Rossi und seinen Leuten. Die müssen den Kopf hinhalten, wenn was schief geht, die und nicht wir! Aber es wird nichts schief gehen, weil das eine perfekt organisierte Aktion ist! Kapiert?
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