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Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
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sprechen.
    »Wenn Sie mir nicht erzählen, was das für Aufnahmen sind, dann muss ich davon ausgehen, dass Sie sie gemacht haben. Dass Sie der Sadist sind, der diese Frauen entführt und gequält hat.«
    Ziegler wurde unruhig.
    »Jetzt gilt keine Ausrede mehr. Diese Schallplatten befanden sich in Ihrem Besitz. Es sind Tondokumente einer schändlichen Tat. Es hat keinen Zweck zu leugnen, Kalle.«
    »Ick hab keenen kaputt jemacht!«
    Oppenheimer musste tief einatmen, um sachlich fragen zu können.
    »Wo haben Sie die Aufnahmen gemacht?«
    »Ick war’s nich!«
    »Kalle, verstehst du nicht, dass du alles nur noch schlimmer machst?«
    »Ick bin doch nich lebensmüde und sag Ihnen …« Ziegler verstummte.
    »Was möchtest du mir nicht sagen?«
    Ziegler schrie aus vollem Hals. »Ick war’s nich, Herr Kommissar!« Dann sank er plötzlich in sich zusammen. »Ihr wollt mich doch alle nur annen Strick bringen! Von Anfang an! Ihr kriegt nüscht aus mir heraus. Ick verpfeife keenen!«
    »Was redest du von Verpfeifen? Willst du mir etwa erzählen, dass es jemand anderes war?«
    Keine Reaktion.
    »Kalle! Ich rede mit dir!«
    Wollte sich Ziegler etwa herauswinden? Eine solche Reaktion war nicht ungewöhnlich. Beschuldigte schoben oft alles auf einen imaginären Bekannten oder gar Fremden, ein Phantom, das niemand fassen würde, weil es nicht existierte. Doch Oppenheimer hatte Beweise, dass Ziegler Dreck am Stecken hatte, und wollte herausfinden, was dahintersteckte. War dieser Mann wahnsinnig? Oder bildete er sich einen Komplizen nur ein, um sich die eigene Schuld nicht eingestehen zu müssen? Oppenheimer kramte in seinem Gedächtnis, was Hilde ihm über Schizophrenie erzählt hatte.
    »Kalle, hörst du manchmal Stimmen?«
    »Wenn jemand mit mir redet, klar. Ick bin doch nich plemplem, Herr Kommissar.«
    Nachsichtig versuchte es Oppenheimer noch einmal. »Hat dir jemand befohlen, diese Frauen zu töten?«
    Ziegler rastete völlig aus. »Verflixt, ick hab keenen kaputt jemacht!«
    Oppenheimer überlegte, ob Zieglers Intelligenz ausreichte, um einen solch abscheulichen Plan in die Tat umzusetzen und wochenlang mit der SS Katz und Maus zu spielen. Doch dann erinnerte er sich an Karl Großmann und an die Erkenntnis, dass gerade die nicht so klugen Mörder schwer zu fassen waren, da man ihre Taten kaum vorhersehen konnte. Oppenheimer erinnerte sich an die würdelose Zurschaustellung der verstümmelten Leichname, fünf Frauen, deren Leben ausgelöscht worden waren, nur weil dieser starrsinnige Blödian es so wollte. Und allmählich passierte etwas, was Oppenheimer bislang noch nie bei einer Vernehmung geschehen war. Hass stieg in ihm auf, der sich kaum noch kontrollieren ließ.
    Missmutig musterte er den jämmerlichen Kerl, der stumpfsinnig vor sich hin brabbelte, so dass Oppenheimer nur mühselig an brauchbare Informationen kam. Es lag auf der Hand, dass Ziegler an den Morden beteiligt war und versuchte, auf Zeit zu spielen. Er war aus Prinzip unkooperativ. Jeder Funke Mitleid, den Oppenheimer jemals mit Kalle gehabt hatte, wurde in diesem Augenblick endgültig ausgelöscht. Er wollte nur Antworten. Die Mittel, die er anwendete, um sie zu bekommen, waren ihm mittlerweile egal.
    Ehe Oppenheimer es sich versah, sprang er mit einem gewaltigen Satz nach vorn und packte mit beiden Händen den Verdächtigen an der Kehle.
    Der Stuhl zerbarst unter ihrem Gewicht. Sie landeten auf dem Boden, doch er ließ nicht los. Er wollte, dass dieser kleine Widerling bezahlte für das Leid, das er verursacht hatte. Das Gesicht vor ihm wurde puterrot, die Augen quollen hervor, der Mund öffnete sich zu einem lautlosen Schrei. Oppenheimer registrierte, wie Ziegler ihn auf den Rücken schlug, doch die Schläge konnte er kaum spüren. Zu sehr war er davon besessen, Kalle zur Rechenschaft zu ziehen, Auge um Auge, ein Leben für das Leben vieler.
    Am Rand seines Blickfeldes nahm Oppenheimer eine Bewegung wahr. Es musste der Stenograph sein. Zwei starke Hände ergriffen ihn und rissen ihn von dem japsenden Kalle fort.
    Oppenheimer wollte nicht von ihm ablassen, streckte seine Arme aus, doch dann wurde er mit einem Ruck nach hinten gezogen und hinaus in den Flur bugsiert. Er hörte, wie die Tür zum Vernehmungsraum zufiel.
    »Was ist denn?«, fragte er. »Ich hatte den Kerl fast so weit!«
    Oppenheimer wurde losgelassen und erkannte, dass es Vogler war, der ihn aus dem Zimmer gezerrt hatte.
    »Das ist von nun an unsere Aufgabe«, sagte Vogler. »Vielen Dank für

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