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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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    Außer, natürlich, beim Essen.
    Aber zwischen den Mahlzeiten kann
    ich alles Fleisch glatt vergessen.
    Ich trinke so gut wie kein' Wein mehr.
    Außer, natürlich, wenn's Spaß macht.
    Und mir macht es eigentlich immer Spaß,
    wenn der rote Wein in dem Glas lacht.
    Ich habe so gut wie kein' Sex mehr.
    Außer, natürlich, mit Frauen.
    Auf der Basis Steak plus'ne Flasche Bordeaux
    können die schwer auf mich bauen.
    Ich kenne fast keine Scham mehr.
    Außer, natürlich, beim Schreiben.
    Bevor ich den Leser mit mir konfrontier,
    lass ich das Schreiben glatt bleiben:

Die K-Gedichte
    2004
    I
    Krankheit als Schangse
In memoriam Volker Kriegel
    Diagnose Krebs
ODER
alles wird gut
    Erst kam der berühmte
    Schuß vor den Bug.
    Zuvor war ich dumm,
    hernach war ich klug.
    Dann folgte der klassische
    Schlag ins Kontor.
    Darauf war ich klüger
    als jemals zuvor.
    Undenkbar, daß solch einem
    blitzklugen Mann
    noch irgendein Tod
    etwas anhaben kann.
    Nachdem er von seiner
Krankheit erfahren hatte
    Als säh ich meinen Hund
    zum letzten Mal,
    blick ich dem Hund in seine
    treuen Augen.
    Als sähe mich mein Hund
    zum ersten Mal,
    blickt er zurück, als sucht er
    Treu in meinen Augen.
    Als gäbe es auf dieser Welt
    kein letztes Mal,
    blick ich dem Hund voll Treu
    in seine Augen.
    Als ginge es dem Hund
    ums nächste Mahl,
    fragt mich sein Blick: Mein Herr,
    meint »Treu« nicht einfach »Fleischwurst«?
    Seiltänzer
    Ich ging auf einem Seil dahin
    Mir schien es eine Straße
    Mit frohem Mut und heitrem Sinn:
    Ich bin auf guter Straße!
    Was dann geschah? Ich weiß es nicht
    Wuchs ich? Verging die Straße?
    Die Jahre änderten die Sicht:
    Doch reichlich eng, die Straße!
    Auf schmalem Steg geht's nicht so gut
    Ist der noch eine Straße?
    Bei jedem Schritt sinkt mir der Mut:
    Das ist doch keine Straße!
    Ich geh auf einem Seil dahin
    Das wird nie wieder Straße
    Wirkt wie ein Faden licht und dünn:
    Wann lieg ich auf der Nase?
    Habenichts
    Habe nichts gegen das Altern.
    Wie sollte ich da etwas
    gegen den Tod haben?
    Hat ja auch sonst niemand etwas
    gegen das Altern.
    Hat ja auch sonst niemand etwas
    gegen den Tod.
    Alterten sie sonst alle?
    Stürben sie sonst alle?
    Da werde ich doch wohl keine
    Ausnahme machen:
    Habe gar nichts gegen das Altern.
    Habe schon gar nichts gegen den Tod.
    Die Woche davor
    Am Donnerstag wird zugelangt
    Am Freitag wird ums Heil gebangt
    Am Samstag wird viel Wein getankt
    Am Sonntag wird noch leicht geschwankt
    Am Montag wird mit Gott gezankt
    Am Dienstag wird dem Herrn gedankt, denn erst
    am Mittwoch geht's unter das Messer.
    Guter Rat
    O Mensch, halt ein vorm Krankenhaus.
    Gehn dem einmal die Kranken aus,
    dann greift man auch auf dich zurück,
    und du verbleibst dort Stück für Stück.
    Das präludiert mit etwas Darm,
    dann schneidet man sich langsam warm
    an Leber, Venen und Arterien -
    so'n Krankenhaus kennt keine Ferien.
    Greift nach den Alten, nach den Jungen,
    nach deren Mägen, deren Lungen,
    nach deren Lymphen, deren Zellen,
    nach offnen wie versteckten Stellen,
    nach Herz und Brust, nach Hirn und Hoden,
    und bringt dich das nicht unter'n Boden,
    dann doch auf Null. Was folgt daraus?
    Mensch, halt dich fern vom Krankenhaus!
    Schneiden und Leiden
    Einer sagt: Wir müssen schneiden.
    Einer weiß: Ich muß jetzt leiden.
    Einer sagt: Jetzt kommt der Schnitt.
    Einer denkt: Da machst was mit.
    Einer hat was rausgeschnitten.
    Einer hat nicht ausgelitten.
    Einer ist der Scheidende.
    Einer ist der Leidende.
    Einer war der Schneidende.
    Einer bleibt der Leidende.
    Schmerzbehandlung
    Kein rasender Schmerz,
    kein brennender.
    Eher
    ein schlendernder Schmerz,
    ein glimmender.
    Aber
    ein Schmerz ist ein Schmerz
    bleibt ein Schmerz.
    Und weil,
    was da schlendert,
    auch rasen kann,
    und weil,
    was da glimmt,
    auch zu brennen vermag,
    deshalb
    behandle das planlose
    Schlendern des Schmerzes
    sowie
    seines Glimmens
    zielloses Tun
    voller
    Vorsicht und Nachsicht,
    Rücksicht und Einsicht,
    so wie
    du einen Vulkan
    behandeln würdest,
    ein Raubtier,
    ein Kind.
    Der Dämon de Patienten
    Tagsüber erträgt er ihn.
    In der Nacht zerschlägt er ihn.
    Kurz und klein, in tausend Teile,
    daß ihm auch nicht einer heile.
    Kommt der Morgen, sieht er stumm
    um den Nachtzerhau herum
    und beginnt gleich nach dem Wecken
    damit, ihn zurechtzustecken,
    bis das Puzzle, und das reicht,
    halbwegs dem Zerschlagnen gleicht.
    Dieser spielt des Tags Patient,
    einen, den man kennt und nennt,
    dem man hilft und dem man rät,
    wie's ihm

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