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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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Blau war so hoch
    und in der Ferne Worms
    - Wem sagen Sie das?
    Dem, dem das Grün etwas sagt und das Blau
    und in der Ferne Worms
    - Das sagen Sie mir?
    Jawohl, falls Ihnen Grün etwas sagt
    und in der Ferne Worms
    - Nun haben Sie aber das Blau vergessen!
    Ach – sagen Grün und Blau Ihnen was
    und in der Ferne Worms?
    - Nicht daß ich wüßte. Können die denn reden?
    Reise in den Schmerz
    Wir starten die Reise
    ins Zentrum des Schmerzes:
    Alles einsteigen!
    Ab geht die Post
    in das Zentrum des Schmerzes:
    Alles festhalten!
    Und schon sind wir da
    im Zentrum des Schmerzes:
    Alles aussteigen!
    - Und? Bist du da ausgestiegen?
    - Und ob ich da ausgestiegen bin!
    - Und? War es da schmerzhaft?
    - Und ob es da geschmerzt hat!
    - Und? Wie bist du zurückgekehrt?
    - Als ein Anderer.
    Du bist nie gestartet
    ins Zentrum des Schmerzes:
    Alles Einbildung!
    Du bist nie gelandet
    im Zentrum des Schmerzes:
    Alles Vortäuschung!
    Du bist nie zurückgekehrt
    schon gar nicht als
    ein Anderer!
    Das stimmt,
    es hat nur kurz mal etwas weh getan.
    Da hat sich nur mal was mit meinem Zeh getan.
    Und wenn ich humpelnd an ein lahmes Reh gemahn,
    dann schau nicht mich, schau lieber diese Säge an:
    Die war's!
    Mein Freund,
    daraus, daß du auch mal die Wahrheit wagst
    und daraus, daß du sie in aller Klarheit sagst
    und uns nicht weiterhin mit deiner Narrheit plagst,
    schließ ich ganz locker, daß du keine Starrheit magst -
    Stimmt das?
    Bitte erspar mir eine Antwort.
    Sich derart durchschaut
    zu wissen, das
    tut echt
    weh.
    Grosse Frage
    Solang die Welt
    noch zu mir spricht,
    mach' ich doch keine
    Grätsche nicht.
    Doch wenn sie einmal
    zu mir schweigt -
    bin ich auch dann noch
    abgeneigt?
    Kleine Antwort
    Mein Freund, du wirst nicht ewig leben,
    versteh.
    Doch Ratten wird es immer geben.
    Nun geh.
    Du
    Du – deine Haut fühlt sich so glatt an.
    - Ich habe dein Gesülze satt, Mann!
    Du – deine Hand fühlt sich so warm an.
    - Nimm eine andre auf den Arm, Mann!
    Du – deine Haut fühlt sich so zart an.
    - Der Spruch hat einen Riesenbart, Mann!
    Du – deine Haut fühlt sich so heiß an.
    - Red doch nicht dauernd sonen Scheiß, Mann!
    Du – deine Haut fühlt sich so gut an.
    - Gleich kriegst du aber einen auf den Hut, Mann!
    Du – deine Haut fühlt sich so weich an.
    - Du laberst wirklich wie der letzte Scheich, Mann!
    Du – deine Haut fühlt sich so rauh an.
    - Jetzt hört euch doch mal diese Machosau an!
    Rauh meine Haut? Die fühlt sich glatt an!
    Und wenn du das nicht tickst, mach' ich dich platt, Mann!
    Begegnung
    SIE:
    Hallo!
    ER:
    Verzeiht, ich kenn' Sie nicht!
    SIE:
    Sie waren doch der Mann, der…
    ER:
    Der was? Sie sind mir fremd!
    SIE:
    Wir schliefen miteinander!
    ER:
    Verzeiht! Jetzt fällt mir's ein!
    SIE:
    Sagt, waren Sie der Mann, der…
    ER:
    Bei Gott, ich war der Mann!
    SIE:
    Wir schliefen miteinander?
    ER:
    Verzeiht – was zweifeln Sie?
    SIE:
    Sie waren nicht der Mann, der…
    ER:
    Ach, wie beweis ich's nur?
    SIE:
    Wir schlafen miteinander!
    ER:
    Holla…
    Wenn der Vater mit dem Sohne
    »Ja, mein Sohn?«
    »Langsam, Vater, lerne ich,
    das Fleisch zu verstehen.
    Das Fleisch spricht eine
    eigene Sprache.
    Der Kopf sagt: So eine Frau
    ist doch kein Objekt.
    Das Fleisch sagt: Zur Sache!«
    »Ach, mein Sohn!«
    »Ja, Vater?«
    »Langsam, mein Sohn, lerne ich,
    dem Fleisch zu mißtrauen.
    Das Fleisch denkt
    nur an sich.
    Der Kopf sagt: Na, versuch's doch
    mit dieser Frau da.
    Das Fleisch sagt: Ohne mich.«
    »Ach, Vater!«

VII
    Am Leben
    Behindertes Kind am Strand
    Dieses zarte Bein
    und dann dieser Klumpfuß
    Dieser schöne Arm
    und dann dieser andre
    Dieses feine Gesicht
    und dann dieser Buckel
    Dieses arme Geschöpf
    und dann diese fröhliche Mutter.
    Als er einen Schädel schüttelte
    Der lag so starr im Fach.
    Ich griff zerstreut hinein
    und fuhr ihn durch die Luft.
    Da ward sie trüb.
    So glatt auch das Gebein,
    darin ist viel Zerfall.
    Was da vergangen ist,
    tritt aus als Staub.
    Was war das für ein Tier?
    Der Schädel sehr zerfurcht.
    Warum hob ich den auf?
    Er staubt und starrt.
    Ich lege ihn zurück,
    da klärt sich schon die Luft:
    Nichts dauert, es vergeht
    selbst der Zerfall.
    Für Pumper
    Alles ist eitel?
    Alles ist Dauer.
    Schau diesen Rost an,
    der macht dich klüger:
    Hier, wo du jetzt stehst, stand einst die Katze.
    Freilich rücklings, denn sie mußte zinkeln.
    Eigentlich gehn Katzen auf ein Kästchen.
    Diese Katze aber war ein wenig eigen.
    Sie tat's gern im Stehn und dirigierte
    zitternd

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