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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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was: Es wird geworben (Zur Abwechslung für British Airways)
    Ach was: Es wird gestorben (Zur Abwechslung von Juan Carlos Onetti)
    »Was passiert?« fragt der Wind.
    »Ach was. Nichts Neues unter der Sonne.«
    Gut und Lieb
    Kommt, das gute Brot des Nordens
    wolln wir stückchenweise braten
    in dem guten Öl des Südens,
    wie es schon die Väter taten.
    Von dem guten Wein des Westens
    trinken wir, dieweil wir essen,
    um die liebe Not des Ostens
    schlückchenweise zu vergessen.

VIII
    endlich
    Im Kreis kreisen
    Wir ziehen enge Kreise
    mit ziemlich kurzem Schritte.
    Das Kreisen nennt man Leben.
    Doch wie nennt sich die Mitte?
    Es stehn um diese Kreise
    fortlaufend enge Wände.
    Die Wände nennt man Schicksal.
    Doch wo ist deren Ende?
    Es hat der Kreis kein Ende.
    Wie anders unser Kreisen.
    Da geht ein Riß durchs Leben.
    Doch was will der beweisen?
    Wir sind wir
    Wir sind schon ein wilder Haufen
    Wann Polizeistunde ist, bestimmen wir
    Wir haben uns geschworen, nicht so bald nachhause zu gehen
    Und was wir geschworen haben, das halten wir auch.
    Nur manchmal wird einer vor die Tür gerufen
    Da sei irgendeine Rechnung zu begleichen
    Oft kriegen wir gar nicht mit, wie er rausgeht
    Bis jemand fragt: Was macht eigentlich der Max?
    Na, der wird sich draußen mit irgendwem herumschlagen
    Mit Herz, Krebs, Aids, oder wie die Burschen heißen
    Die einen anständigen Kerl vor die Tür bitten:
    Laß mal sehen, wo du zu packen bist.
    Kein Grund, deshalb ebenfalls vor die Tür zu treten
    Wie's ausgeht, erfahren wir früh genug
    Manchmal nur schriftlich, per Brief oder Anzeige
    Dann rücken wir mit erhobenem Glas enger.
    Meist aber kommt er wieder rein
    Routiniert übersehen wir die Veränderungen
    Der Kamerad soll das Gefühl haben, ganz der Alte zu sein
    Wir sind ja auch ganz die Alten geblieben.
    Aber dann rührt er den Schnaps nicht an und will ein Wasser
    Aber dann läßt er das Bier stehen und bestellt ein alkoholfreies
    Aber dann stochert er im Jägerschnitzel und murmelt etwas von Fraß
    Aber dann ist er drauf und dran, uns etwas vom Burschen da draußen erzählen zu wollen.
    Da müssen wir natürlich gegensteuern
    Wo kämen wir hin, wenn alle über alles reden wollten
    Bei uns soll sich jeder wohl fühlen können
    Aber bitte nicht auf Kosten der anderen.
    Da steigt dann ein Lied oder es wird eine Runde ausgezockt
    Oder wir fragen die Bedienung, ob sie uns was vom Holz vor ihrer Hütte abgibt
    Oder wir stellen die Traum-Elf aller Länder und Zeiten auf
    Oder was in der Richtung.
    Wir sind nämlich ein ganz wilder Haufen
    Und wann Polizeistunde ist, das bestimmen immer noch wir!
    Der Baldy
ODER
Ein verwirrender Moment auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof
    Glaubte, Baldy aus dem ICE aussteigen zu sehen,
    in dem ich saß, es sollte nach München gehen,
    und wir waren in Stuttgart, als ich ihn zu sehen wähnte:
    Das war doch Baldy, der da auf dem Bahnsteig gähnte
    und an mir vorbeiging, ohne mich zu grüßen.
    Na, Baldy, dachte ich, das sollst du mir büßen,
    schaute ihm nach, wie er von dannen eilte,
    entsann mich plötzlich, daß Baldy gar nicht mehr unter den Lebenden weilte,
    weil es doch Baldy als ersten der Klasse geschrägt hatte,
    sah noch, wie die Gestalt, nachdem sie sich Richtung Halle bewegt hatte,
    stehenblieb, begrüßt von anderen Gestalten,
    und dachte noch: Für einen Toten hat sich der Baldy aber erstaunlich gut gehalten!
    Die Nachbarin
    Die Nachbarin, die hüstelnd die Treppe fegt.
    »So anstrengend heute.
    Weiß auch nicht,
    was ich habe.«
    Krebs hat sie, die Nachbarin.
    In einem Jahr wird sie tot sein.
    Eine Erinnerung, die nicht vergehen will:
    »So anstrengend heute.
    Weiß auch nicht,
    was ich habe.«
    Krebs hatte sie, die Nachbarin.
    Seit fünfzehn Jahren ist sie tot.
    Traum im Amazone-Village
    Da fährt man nun so weit,
    um solchen Mist zu träumen.
    Die Tote fragt dich aus:
    »Wer war am Apparat?«
    Hat sie denn was gehört?
    Du hast doch nur gegurrt,
    du könntest jetzt nicht so,
    wie du gern wolltest.
    Du hast doch nur geschnurrt:
    »Wann sehen wir uns wieder?«
    Bei gutverschloßner Tür
    und dicht am Apparat.
    Nein, sie hat nichts gehört.
    Weshalb dann dieses Lachen?
    Warum der bittre Zug
    um ihren Mund?
    »Du weißt doch, daß ich weiß,
    daß du am Apparat warst!«
    »Ich sag dir, es war nichts!«
    »Das hab ich auch gesagt,
    als mich das noch betraf,
    mein Lieber.« Sie verblaßt.
    Aufweinend wirst du wach:
    »Mit uns Überlebenden können
    sie es ja machen.«
    Dreiakter
    Nach Motiven von

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