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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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er »spazieren ging«. Nach dem ersten Weltkrieg war die Blütezeit des bürgerlichen Spazierstocks vorüber. Man hatte eher eine Aktentasche oder ein Lenkrad in der Hand als einen altmodischen Stock. Fast 100 Jahre später sollten Stöcke im Stadtpark wieder en vogue werden, doch dazu später.
     
    Nachdem ich die Wilhelma hinter mir gelassen hatte, ging ich weiter durch den Rosensteinpark westwärts. Der Stadtlärm |380| verflüchtigte sich. Weite Grünflächen mit einzelnen, mächtigen Bäumen, die Schatten spendeten, bestimmten das Bild. Auf einer großen Übersichtstafel schaute ich nach, wo sich das Löwentor, der westliche Haupteingang des Rosensteinparks, befand. Ein durchgehend markierter »Fernspazierweg« im Grünen U wäre eigentlich eine gute Idee. Mit einem grünen »U« auf weißem Grund kreuz und quer durch die Stuttgarter Parks. Und ein kleiner kostenfreier Faltplan, der den Verlauf des Weges zeigt und die Sehenswürdigkeiten am »Grüner-U-Fernspazierweg« erläutert. Vielleicht wäre das auch ein Ansporn für andere Städte, »Fernspazierwege« einzurichten.
     
    Neben dem Löwentor führte eine geschwungene Fußgängerbrücke auf die andere Straßenseite in den Leibfriedschen Garten. Dieser kleine Privatpark gehörte zu einer Villa, die 1944 durch Bomben zerstört wurde. Ich ging rechts des Hauptweges durch die Büsche einen fast zugewachsenen Pfad entlang und stieß auf eine künstliche Grotte. Um die Grotte lagen verstreut umgestürzte kleine Säulen, die steinernen Treppenstufen hinauf zur Terrasse waren zerbrochen und schief. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Ort in den letzten 60 Jahren nicht mehr betreten worden war.
    Keine 400 Meter hinter der verwunschenen und versteckten Grotte liegt das Eisenbahngelände des Nordbahnhofs und dahinter der Wartberg. Dieser Park steht voll Kunst. So Kunst eben, wie sie in städtischen Parks herumsteht. Gebrochene Riesenkugeln, dicke Stahlrohrwülste und schiefe rostige Platten. Durch Kleingärten hindurch ging ich hinauf zum Killesberg.
     
    Der Höhenpark Killesberg war anlässlich der Reichsgartenschau 1939 angelegt worden und wurde 1993 als Schlussstein |381| des Grünen U modernisiert. Unzählige Blumengärten, eine schöne naturbelassene Schlucht, viele Wasserfontänen und die für eine Bundesgartenschauparkanlage absolut unvermeidliche Schmalspureisenbahn wurden damals gebaut. Die große Runde im Killesbergpark ging ich sehr zügig, ich praktizierte Speedwalken. Ich hatte ja schon erwähnt, dass ich wegen meiner Fußgelenke orthopädischen Beistand benötigte und das Joggen einstellen musste. Meine alte Joggingrunde im heimischen Park um die Ecke (Länge 7,5 Kilometer) bin ich dann spaßeshalber einmal im besagten Speedwalkingtempo gegangen. Ich war erstaunt, dass ich statt der üblichen Dreiviertelstunde nur eine gute Stunde benötigte, um die Strecke zu bewältigen. Ich konnte, zumindest auf der kurzen Distanz, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über sieben Stundenkilometern halten. Seitdem bin ich auch schon häufiger meinen neun Kilometer langen Weg zur Arbeit schnellen Schrittes gegangen. Aber immer ohne Stöcke, dem Wahrzeichen der Nordic Walker.
    Um das ein für alle mal festzuhalten: Nordic Walking ist weder ein Spaziergang noch eine Wanderung, sondern eine pervertierte Form des Skilanglaufs ohne Schnee. Wenn unsere Langlauf- und Biathlonprofis das praktizieren, um sich im Sommer fit zu halten, ist das okay, aber Nordic Walking als eigenständiger Sport geht gar nicht. Jede Fortbewegungsart hat seine Gepflogenheit, und wenn man Stöcke benutzt, sollte Schnee den Bodenbelag bedecken. Zuletzt hat mir ein seniler Grobmotoriker mit seinen Stöcken im Vorbeigehen fast die Kniescheibe herausgehauen und sich dafür noch nicht einmal entschuldigt. Daher empfehle ich in städtischen Parks, vergleichbar den Hundefreilaufflächen, kleine umzäunte Nordic-Walking-Areale, in denen sich die lieben Stockfetischisten tummeln und andere Spaziergänger nicht belästigen können.
    |382| Auf dem Weg zum Killesberg dachte ich mir eine neue Imagekampagne für Stuttgart aus. Die Aneinanderreihung von verschiedenen Parkanlagen war sensationell, das müsste doch im Stadtmarketing ganz anders kommuniziert werden. Hier ein paar Vorschläge:
     
    Parkstadt Stuttgart
    Grüne Stadt Stuttgart
    Wald & Wiesenstadt Stuttgart
    Grüne Hölle Stuttgart
     
    Waren die letzten Stunden im Grünen U ein Spaziergang oder eine Wanderung gewesen? Ich hatte keinen Rucksack auf dem

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