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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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Ecke und spielte ein paar alte Schlager.
    Als wir fertig gegessen hatten, stellte er sich in seiner Unterwäsche an unseren Tisch und erzählte seine Lebensgeschichte.
     
    Er war ein Jahr vor Kriegsende 1944 in Saalborn geboren. Seitdem hatte er den Ort nicht verlassen. Mit 13 ging er von der Schule und hatte in der LPG (LPG = Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) Saalborn gearbeitet. Mit 15 war er mit der Lehre als Bauer fertig. Mit hohem Tempo erklomm er die Karriereleiter. Seinen Meister machte er mit 19, mit 24 das Staatsdiplom in Landwirtschaft. Im gleichen Alter haben »die von der Partei« ihm einen dicken Wagen vor die Tür gestellt und ihn zum LPG-Vorsitzenden von Saalborn gemacht. Er hätte sich nie beschweren können. Selbst mit 40 hatte er noch die Energie, zwei Studiengänge hinter sich zu bringen. 1997 schließlich eröffnete er mit seiner Frau die Gastwirtschaft »Lindenhof«. Natürlich arbeitete er immer noch in der Landwirtschaft.
    Jetzt war er 60, hatte die Knochen kaputt und konnte uns deswegen auch nicht draußen bedienen. Wir bedankten uns für seine Gastfreundschaft und gingen weiter.
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    Links: weder Student noch Moslem, rechts: Ex-LPG-Vorsitzender
    Es sah nach Regen aus. Die Wolken zogen sich zusammen, und es donnerte leicht. Mich fröstelte in meinem kurzärmeligen Polohemd. Typischer Anfängerfehler: Morgens scheint die Sonne, prima Wetter ist vorhergesagt. Man bedenkt dabei nicht, dass so ein Wetter sich während einer Tageswanderung gehörig ändern kann und auch die Wetterfrösche sich mal irren. Außerdem hatte ich Sandalen an und wollte nicht von unten nass werden. Immerhin hatte ich einen Regenschirm mit, aber erstaunlicherweise klarte es nach einer halben Stunde wieder auf.
     
    |112| Für Victor waren es wohl zu viele Zwiebeln gewesen. Er rupfte ungeduldig die Klopapierrolle aus dem Rucksack. Gut, dass wir die noch gekauft hatten. Er murmelte »Bin gleich wieder da«, spurtete in den Wald und verschwand im Unterholz. Ich stand an einem Schild, das erklärte, was eine Wildschwein-Suhle ist. Dann tauchte Victor wieder auf und riss jubelnd die Arme hoch. Wir gingen zügig weiter!
    Kurze Zeit später kam uns eine 14-köpfige holländische Senioren-Wandergruppe entgegen. Alle trugen zünftig Kniebundhosen und Karohemden, sie unterschieden sich im Outfit durch nichts von ihren deutschen Wander-Altersgenossen. Nur der Dialekt verriet sie. Die holländische Wandergruppe waren die einzigen Wanderer, die uns heute begegnen sollten. Vermutlich hatten sie gerade an der St.-Hubertus-Hütte Rast gemacht.
     
    Ich habe während meiner Wanderungen schon viele Wanderhütten gesehen. Aber das hier war keine Wanderhütte, sondern ein Hangar. Die ganze Hütte war bestimmt fünf Meter hoch und aus hellem Holz gebaut. Hier fanden ungefähr 50 Leute unter dem riesigen Dach Platz und wenigstens 70 an den Tischen vor der Hütte.
    »Holz – und deine Welt hat wieder ein Gesicht« stand in der Hütte geschrieben. So, so. Weder wusste ich, dass ich eine Welt habe, noch dass die ein Gesicht hat oder braucht. Von Goethe ist der Spruch mit Sicherheit nicht.
     
    An einer Wegbiegung außerhalb des Waldes kurz vor Schwarza stand ein Hinweisschild. Darauf war der Standort verzeichnet und eine biographische Wandernotiz von Goethe:
    |113| »Man pflegte mich den Vertrauten zu nennen, auch, wegen meines Umherschweifens in der Gegend, den Wanderer. Dieser Beruhigung für mein Gemüt, die mir nur unter freiem Himmel, in Tälern, auf Höhen, in Gefilden und Wäldern zuteil ward, kam die Lage von Frankfurt zustatten.« Dieses Zitat stammt aus »Dichtung und Wahrheit«. Sein etwas wirres Alterswerk nannte Goethe »Wilhelm Meisters Wanderjahre«. In Fortführung von »Wilhelm Meisters Lehrjahren«, die sich im Theaterumfeld vollziehen, gerät der junge Wilhelm Meister unter den Einfluss einer Art »Wanderer-Sekte«: »Sonderbare Pflichten des Wanderers habe ich auszuüben und ganz eigene Prüfungen zu bestehen. Wie lächle ich manchmal, wenn ich die Bedingungen durchlese, die mir der Verein, die ich mir selbst vorschrieb: Nicht über drei Tage soll ich unter einem Dache bleiben.«
    Das ist eine sehr, sehr große Wanderhütte
    |114| Der wandernde Sturm-und-Drang-Goethe, den es vor allem dichtend in die Natur drängte, war der Godfather der romantischen Wanderbewegung. Es gibt kaum einen Dichter der Romantik, der sich nicht in der Nachfolge Goethes und Rousseaus über die Herrlichkeit der Natur ergeht.
    Die Natur

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