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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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einer der Gründe, warum ich so gerne in deutschen Mittelgebirgen wandere, dass es sie nur in Deutschland gibt. Die Alpen – |155| da geht es mir zu hoch hinaus, das ist eher die Sache der Österreicher und vor allem der Schweizer. An der Nord- und Ostsee ist es auch wunderbar, aber im Wettbewerb um die landschaftliche Schönheit ist die Konkurrenz in Europa, vor allem am Mittelmeer, sehr groß.
    Aber der Harz, die Eifel, der Spessart und der Hunsrück, diese Landschaften sind in der internationalen Mittelgebirgskonkurrenz ganz ganz weit vorne.
     
    Was ist Heimat, wo ist Heimat, oder was löst Heimatgefühle aus? Kurt Tucholsky, jeder Deutschtümelei unverdächtig, hat Heimat einmal so definiert:
    »Es besteht kein Grund, vor jedem Fleck Deutschlands in die Knie zu sinken und zu lügen: wie schön! Aber es ist da etwas allen Gegenden Gemeinsames – und für jeden von uns ist es anders. Dem einen geht das Herz auf in den Bergen, am Rand der Gebirgsseen, wo es nach Wasser und Holz und Felsen riecht und wo man einsam sein kann; wenn da einer seine Heimat hat, dann hört er dort ihr Herz klopfen. Das ist in schlechten Büchern, in noch dümmeren Versen und in Filmen schon so oft verfälscht, daß man sich beinah schämt zu sagen: man liebe seine Heimat. Wer aber weiß, was die Musik der Berge ist, wer den Rhythmus einer Landschaft spürt, wer gar nicht andres spürt, als daß er zu Hause ist; daß das da sein Land ist, sein Berg, sein See, auch wenn er nicht einen Fuß des Bodens besitzt. Und so widerwärtig mir jene sind, die – umgekehrte Nationalisten – nun überhaupt nichts mehr Gutes an diesem Lande lassen, kein gutes Haar, keinen Wald, keinen Himmel, keine Welle – so scharf verwahren wir uns dagegen, nun etwa ins Vaterländische umzufallen.«
    |156| Am schönsten ist meine Heimat, der Hunsrück, im nördlichen Teil. In den Tälern des Baybachs und des Ehrbachs, die zur Mosel fließen, kann man wunderbar wandern.
    Da gerade Osterferien waren, plante ich mit meinen Kindern, Lena (12) und Myriam (10), eine zweitägige Wanderung in diesen zwei Hunsrücktälern. Am ersten Tag wollten wir von Emmelshausen zu einem Hotel im Baybachtal 20 Kilometer gehen.
     
    Bekannte mit Kindern können häufig nicht verstehen, wie ich meine Kinder dazu bringe, freiwillig mit mir wandern zu gehen. Am Anfang – wie meistens in der Erziehung – war der Zwang, jetzt gehen sie gerne mit, zumindest bilde ich mir das ein.
    Als Myriam und Lena fünf und sieben Jahre alt waren, habe ich mit ihnen die erste größere Wanderung über 12 Kilometer unternommen. Um den Jammer- und Quengelfaktor unterwegs niedrig zu halten, gab ich meinen Kindern einige Verhaltensregeln an die Hand. Verboten war es, folgende Dinge zu sagen:
Ich kann nicht mehr. (Das bildest du dir nur ein.)
Ich habe Durst. (Wir machen genügend Pausen, wo es was zu trinken gibt, für Notfälle habe ich auch was im Rucksack.)
Ich habe Hunger. (Siehe unter 2.)
Wann sind wir da? (Wenn ihr die Mühle rauschen hört.)
Ist nach der nächsten Wegbiegung die Mühle? (Nein.)
|157| Meine Beine tun weh. (Meine auch. Das gehört zum Wandern dazu. Ihr seid kräftige Kinder. Also ertragt es einfach, ohne zu maulen.)
    Nachdem wir dieses Verhaltensprogramm Tage vor der Wanderung eingepaukt hatten, war alles bis auf einen kleinen Heul-Erschöpfungsanfall prima. Beim Abendbrot in der Mühle waren die Kinder zu Recht stolz wie Bolle auf ihre 12-Kilometer-Tagesleistung. Trotzdem wurden sie nicht wie im Hochgebirge überfordert.
    Für ganz kleine Kinder, also solche, die noch geschoben werden müssen (Buggy, Babyjogger, Kinderwagen), ist keine Strecke in diesem Buch geeignet, da praktisch jeder Weg längere felsige und schmale Passagen hat.
     
    Wir starteten vom Bahnhof Emmelshausen unseren Weg ins Baybachtal.
    Nach fünf Minuten erreichten wir im Stadtpark Emmelshausen den ersten Kinderspielplatz. Myriam und Lena forderten gemeinsam die erste Pause. Da die beiden Mädchen nur anderthalb Jahre auseinander sind, bilden sie meistens eine geschlossene Geschwisterfront, gegen die ich oft nichts ausrichten kann oder möchte. Es ist viel zu anstrengend zu versuchen, sich gegen beide durchzusetzen. Myriam und Lena verloren sehr schnell die Lust an dem Spielplatz, da es dort nur Spielgeräte für Kleinkinder gab.
    Trotzdem war der Spielplatz psychologisch wichtig, er hob gleich zu Beginn die Stimmung für die kommende Wanderung. Wanderspielplätze sind jedoch dünn gesät. Auf dem Rothaarsteig bin ich

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