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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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ist Lebenswasser, oben LPG-Kuhstall.« Die Senioren schrien vor Vergnügen.
    |145|
    Czeschski Wander-Eisenplatte – pfuschski!
    Aber nicht nur unser Fährmann war eine Sensation, sondern auch die Natur. Der Fluss schlängelte sich durch eine grüne, felsige Märchenlandschaft. Immer wieder sahen wir neue und überraschende Felsformationen: Das war er also, der böhmische Amazonas. Großartig. Als wir am Ende der Bootsstrecke anlegten, half uns der schwejkische Fährmann galant aus dem Boot und wünschte allen eine schöne Wanderung. Die sächsische Wandergruppe ließ sich schon nach wenigen Metern zur Vesper im Restaurant der Edmundsklamm nieder, wir aber gingen weiter.
     
    Der Weg führte nun zwei Meter über dem Fluss an den Felsen entlang. Unter unseren Füßen lagen Metallplatten, die den Sicherheitsstandards des real existierenden Sozialismus entsprachen. Sie waren schlecht verschraubt und wackelten bei jedem Schritt, in manchen gähnten medizinballgroße Löcher. Ständig hatte ich Angst, an irgendeiner Stelle durchzubrechen. Mit EU-Tourismus-Fördergeldern wäre hier einiges zu machen. |146| Abwechselnd balancierten wir über die rostigen Metallplatten oder tasteten uns vorsichtig durch unbeleuchtete Felsentunnel.
     
    Einen Kilometer später erreichten wir den Abschnitt der Wilden Klamm. Der Wanderweg endete abrupt, und ein Schild verkündete: »Bitte den Fährmann anrufen!« – Bitte den Fährmann anrufen? Das dazugehörige Telefon war sichtlich seit langer Zeit nicht mehr in Betrieb.
    So warteten wir eine Viertelstunde, bis der Wilde-Klamm-Fährmann mit dem Boot kam. Der Wilde-Klamm-Fährmann konnte den Edmundsklamm-Fährmann nicht mehr toppen. Lahm erzählte er über Flora und Fauna und die Geschichte der Wilden Klamm. Wenn der andere ein Fähr-Komiker gewesen war, so war dieser hier eher ein Fähr-Beamter. Die Wilde Klamm war 490 Meter lang, und schon bald erreichten wir die Fortsetzung des Wanderwegs.
     
    Für einen Wochentag war ganz schön was los, immer wieder kamen uns kleinere und größere Wandergruppen entgegen. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen deutschen und tschechischen Wanderern war ungefähr 70 zu 30. Wir gaben uns als Tschechen aus, in dem wir alle Entgegenkommenden mit »Dobry´ Den«, dem tschechischen »Guten Tag«, begrüßten.
    Die deutschen Wanderer mussten irgendetwas zum Gruß zurückmurmeln, beschämt, der Landessprache nicht wirklich mächtig zu sein.
     
    Wir waren bisher der Kamenice gefolgt. Um nach Mezni Louka, zu Deutsch Rainwiese, zu gelangen, ging es an |147| einem kleinen Bach bergan. Schon nach 40 Minuten erreichten wir das Bergplateau, auf dem der Ort liegt. Im Hotel »Mezni Louka« machten wir auf der riesigen Terrasse Mittagspause.
    Enge Klamm und dunkler Tunnel
    Es war kaum etwas los, aber aus einem mir unerfindlichen Grund ignorierten uns die beiden Kellner. Waren wir zu spät gekommen? Hatten wir uns an einen falschen Tisch gesetzt, oder war an unserem Outfit etwas nicht in Ordnung?
    Wie durch ein Wunder konnten wir dann doch noch unsere Bestellung loswerden: zwei Bier, ein »Konrad« für Victor und ein »Budweiser« für mich, dazu Schweinebraten mit Sauerkraut und Knedelen sowie Rindergulasch mit Knedelen. Tschechische Knedelen sind einfach wunderbar. Nicht zu vergleichen mit unseren Kartoffelklößen. Sie erinnern eher an Brotscheiben und werden mit sehr viel Soße serviert.
     
    |148| Nach der fast einstündigen Pause und nachdem wir insgesamt gerade einmal 11 Euro gezahlt hatten, verließen wir die Terrasse und machten uns auf Richtung Prebischtor. Der Weg führte durch einen Hohlweg, den Schiller (»Durch diese hohle Gasse muss er kommen«) nicht schöner hätte vorfinden können. Wir fragten uns, ob ein Hohlweg durch Naturkräfte, durch Menschenhand oder langjährige Abnutzung entsteht. Aber man kann nicht alles wissen.
    Wir hatten uns mittlerweile auf einen Höhenweg vorgearbeitet. Während sich linker Hand der Böhmerwald erstreckte, türmten sich rechter Hand mächtige Felsen. In gelöster, post-verdaulicher Stimmung schritten wir den Weg entlang und sangen die Hippie-Hits und Sakro-Popsongs unserer Jugendzeit: »If I had a hammer«, »Laudato si, o mi signore«, »Let it be«, »Puff the magic dragon« und als Zugabe »Angie«.
    Nach sechs Kilometern kamen wir am Prebischtor an. Das Prebischtor ist das größte natürliche Felsentor Europas. 26 Meter breit und 16 Meter hoch, ist es seit den Zeiten des alten Edmund eine

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