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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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eingefallen, dass das Strahlenfeld des letzten Turms hier irgendwo enden musste, sie es wahrscheinlich schon hinter sich gelassen hatten. Der letzte Sicherungsposten lag bestimmt am Rand des äußersten Feldes. Sollte sich Gai ruhig aussprechen, Worte zählten nicht auf der bewohnten Insel. Schimpfe nur, schimpf, ich hol dich raus, hast da nichts mehr zu suchen. Mit einem muss man ja anfangen, und du wirst der Erste sein. Ich will nicht, dass du eine Marionette bleibst, selbst wenn dir das gefällt.
    Nachdem Gai ihn ausreichend beschimpft hatte, sprang er in die Kabine und hantierte dort herum. Offenbar hatte er vor, das Fahrzeug zum Stehen zu bringen, aber es gelang ihm nicht. Dann kam er wieder zum Vorschein, nunmehr im Helm, schweigsam und sehr geschäftig. Er wollte abspringen und zu Fuß zurückgehen. Er war furchtbar zornig. Doch nun hielt Maxim ihn an den Hosen fest, zog ihn neben sich und begann, ihm ihre Situation zu erläutern.
    Er redete mehr als eine Stunde auf ihn ein, unterbrach sich nur manchmal, damit er den Panzer in den Kurven neu ausrichten konnte. Maxim redete, und Gai hörte zu. Anfangs hatte er noch versucht, sich davonzustehlen, die Erzählung zu unterbrechen oder sich die Ohren zuzuhalten, aber Maxim hatte geredet und geredet, wieder und wieder dasselbe gesagt, erläutert, kommentiert. Und jetzt endlich hörte Gai ihm zu, wurde nachdenklich, ließ den Kopf hängen, fuhr sich mit beiden Händen unter den Helm und wühlte in seinen Haaren. Dann aber ging er plötzlich in die Offensive und fragte Maxim, woher er das alles wisse, wer es beweisen könne, und wie man so etwas überhaupt glauben könne, wo es ganz offensichtlich frei erfunden sei. Aber Maxim schlug ihn mit
Fakten, und als diese nicht reichten, schwor er, die Wahrheit zu sagen, und als auch das nicht half, bezeichnete er Gai als Ignoranten, als Marionette und Roboter. Der Panzer indes fuhr immer weiter nach Süden, drang tiefer und tiefer in das Land der Mutanten.
    »Na schön«, schloss Maxim wütend. »Gleich überprüfen wir das. Nach meiner Rechnung haben wir längst das Strahlenfeld verlassen, und es ist jetzt etwa zehn vor zehn. Was tut ihr alle um zehn?«
    »Punkt zehn Uhr nehmen wir Aufstellung«, sagte Gai finster.
    »Genau. Ihr stellt euch in Reih und Glied und geratet vor Begeisterung geradezu außer euch. Du entsinnst dich?«
    »Diese Begeisterung tragen wir im Herzen«, erklärte Gai.
    »Nein, sie trichtern sie euch in eure leeren Schädel ein«, widersprach Maxim. »Aber lassen wir das, wir werden sehen, was für Begeisterung du im Herzen trägst. Wie spät ist es?«
    »Sieben vor«, antwortete Gai, noch immer finster.
    Einige Zeit fuhren sie schweigend.
    »Na?«, meldete sich Maxim.
    Gai blickte auf seine Uhr und stimmte unsicher an: »Gardisten, voran, alle Feinde bezwungen …«
    Maxim musterte ihn belustigt. Gai kam aus dem Takt und verwechselte die Wörter.
    »Hör auf, mich anzustarren«, knurrte er ärgerlich. »Das stört. Und überhaupt, wie soll man singen - außerhalb des Glieds?«
    »Keine Ausflüchte!«, sagte Maxim. »Du hast außerhalb des Glieds mitunter genauso gegrölt wie im Glied. Angst konnte man kriegen vor dir und Onkel Kaan. Einer schreit ›Gardisten, voran …‹, der andere leiert ›Ruhm den Vätern …‹. Und das vor Rada. Na, wo bleibt deine Begeisterung, wo deine Liebe zu den Vätern?«

    »Untersteh dich!«, brauste Gai auf. »Wage nicht, so über die Unbekannten Väter zu reden. Selbst wenn deine Geschichten wahr sein sollten, können sie nur bedeuten, dass man die Väter hintergangen hat.«
    »Wer hat sie denn hintergangen?«
    »Na … Da könnten viele …«
    »Also sind die Väter gar nicht allmächtig? Sie wissen gar nicht alles?«
    »Über dieses Thema will ich nicht sprechen«, erklärte Gai.
    Dann ließ er den Kopf hängen und krümmte sich zusammen. Sein Gesicht war noch mehr eingefallen, der Blick getrübt, seine Unterlippe hing herab. Maxim erinnerte sich plötzlich an Zwiebel-Fischta und den Schönen Ketri aus dem Gefangenenwaggon - sie waren rauschgiftsüchtig gewesen, unglückselige Menschen, gewöhnt an die stärksten Drogen. Ohne ihren »Stoff« litten sie furchtbar, konnten weder essen noch trinken und hockten tagelang genau so herum, wie jetzt Gai: mit glanzlosen Augen und hängender Lippe.
    »Tut dir etwas weh?«, fragte er.
    »Nein.« Gais Stimme klang matt.
    »Weshalb guckst du dann so düster?«
    »Bloß so, irgendwie …« Gai lockerte seinen Kragen und drehte den

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