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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Boschku. »Schläfst ja ein, Bäcker.«
    »Verschon mich mit deinem Tee!«
    »Trink doch, wenigstens ein Tässchen. Ist doch nicht schwer.«
    Der Glotzäugige stand abrupt auf. »Ich gehe«, sagte er. »Das hier führt zu nichts! Sie bringen Mak um, und uns verschonen sie erst recht nicht. Wozu auch? So oder so ist’s bald aus mit uns. In meiner Gemeinschaft werden seit zwei Jahren keine Kinder mehr geboren. Bis ich sterbe, möchte ich in Ruhe leben, das genügt mir. Entscheidet, wie ihr denkt, mir ist alles gleich.«
    Gekrümmt und unbeholfen stolperte er hinaus und fiel fast über die Schwelle.
    »Ja, Mak.« Blutegel wiegte den Kopf. »Verzeih, aber wir glauben niemandem. Wie kann man den Barbaren trauen? Sie leben in der Wüste, kauen Sand, trinken Sand, grässliche Gestalten, wie aus Eisendraht geflochten, können weder lachen noch weinen. Was sind wir schon für sie? Moos unter den Füßen! Nehmen wir an, sie kommen und besiegen die Soldaten. Dann lassen sie sich hier nieder - und brennen uns den Wald ab. Denn was sollen sie damit? Sie lieben die Wüste. Jedenfalls wäre auch das für uns das Ende. Nein, ich traue dem nicht, ich glaub’s nicht, Mak. Dein Vorhaben bringt nichts.«
    »Stimmt«, pflichtete ihm der Bäcker bei. »Wir brauchen das nicht, Mak. Lass uns in Ruhe sterben, schone uns. Du hasst
die Soldaten, willst sie vernichten, aber was haben wir damit zu tun? Wir hassen niemanden. Hab Erbarmen. Mit uns hatte noch nie jemand Mitleid. Und obwohl du ein guter Mensch bist, hast du auch keins. Ich habe doch Recht, was, Mak?«
    Gai blickte wieder zu Maxim hinüber und wandte verwirrt die Augen ab.
    Denn Maxim wurde rot. Er wurde so rot, dass ihm die Tränen rollten, senkte den Kopf und bedeckte das Gesicht mit einer Hand.
    »Das stimmt nicht«, sagte er. »Ich bedaure euch. Aber eben nicht nur euch. Ich …«
    »Nein, Mak«, fiel ihm der Bäcker ins Wort. »Du sollst nur uns bemitleiden. Wir sind die allerunglücklichsten Menschen der Welt, und du weißt das. Vergiss deinen Hass. Habe Mitleid, sonst nichts.«
    »Wieso sollte er Mitleid haben«, ließ sich Haselnussstrauch vernehmen, der bis zu den Augen mit schmutzigen Binden umwickelt war. »Er ist doch selbst Soldat. Wann hätten denn je Soldaten mit uns gefühlt? Der Soldat ist noch nicht geboren, der sich erbarmen würde.«
    »Aber, aber, meine Lieben!«, unterbrach ihn streng der Herzogprinz. »Mak ist unser Freund. Er will uns Gutes, unsere Feinde vernichten.«
    »Doch heraus kommt dabei Folgendes«, meldete sich der kahlköpfige Fremde. »Sogar wenn wir annehmen, dass die Barbaren stärker sind als die Soldaten und diese schlagen, ihre verfluchten Türme zerstören und den gesamten Norden erobern. Sollen sie. Uns ist’s darum nicht leid. Sollen sie sich gegenseitig abschlachten. Aber: Was nützt uns das? Mit uns ist es dann endgültig vorbei, denn dann haben wir im Süden Barbaren und im Norden Barbaren, und über uns auch. Nur - sie brauchen uns nicht, und deshalb werden sie uns alle umbringen. Das ist die eine Variante. Jetzt nehmen wir an, die Soldaten wehren den Angriff der Barbaren ab und werfen sie
zurück. Dann rollt dieser ganze Krieg über uns hinweg nach Süden. Was dann? Ebenfalls Ende: im Norden Soldaten, im Süden Soldaten und über uns auch. Und die Soldaten kennen wir.«
    Die Versammelten lärmten und redeten durcheinander. Der Kahlkopf habe es richtig dargelegt, alles stimme … Er aber war noch nicht fertig.
    »Lasst mich doch ausreden!«, rief er aufgebracht. »Was macht ihr für einen Lärm? Das ist ja nicht alles! Es gibt noch die Möglichkeit, dass sich Soldaten und Barbaren gegenseitig abschlachten. Dann, scheint es, könnten wir leben. Doch nein, es klappt wieder nicht. Wegen der Vampire! Solange die Soldaten da sind, verstecken sie sich. Sie fürchten die Kugeln, denn die Soldaten haben Befehl, auf die Vampire zu schießen. Sind aber die Soldaten nicht mehr am Leben, besteht für uns keine Rettung. Die Vampire fressen uns mit Haut und Haaren auf.«
    Dieser Gedanke traf die Anwesenden wie ein Blitz.
    »Recht hat er«, tönten Stimmen. »Wie schlau sie aber auch sind, dort, in ihren Sümpfen … Ja, Brüder, die Vampire haben wir vergessen. Aber sie schlafen nicht, sie warten, bis ihre Zeit gekommen ist. Soll’s laufen, wie es läuft, Mak, wir brauchen das nicht. Zwanzig Jahre lang haben wir mehr schlecht als recht gelebt und werden noch zwanzig durchhalten, vielleicht länger.«
    »Auch die Aufklärer haltet von ihm fern!«,

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