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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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in die Wüste abgedrängt sein und dort, ohne Wasser und etwas zu essen, sterben. Man erzählt, dass dort auch Menschen leben. Ich glaube nicht daran, doch viele der verehrten Ältesten glauben es und versichern, die Wüstenbewohner seien genauso grausam und blutrünstig wie die Soldaten. Wir hingegen lieben den Frieden und können nicht kämpfen. Viele von uns werden sterben und den endgültigen Untergang
wohl nicht mehr erleben. Aber jetzt führen wir das Volk und sind verpflichtet, nicht nur an uns, sondern auch an unsere Kinder zu denken. Boschku«, unterbrach er sich, »bitte reiche dem verehrten Bäcker etwas Tee. Mir scheint, er ist eingeschlafen.«
    Man weckte den Bäcker, drückte ihm eine heiße Tasse in die fleckige Hand. Er verbrühte sich, schimpfte, und der Herzogprinz fuhr fort: »Unser Freund Mak zeigt einen Ausweg. Er kam von der Seite der Soldaten. Er hasst sie und sagt, dass wir von ihnen keine Gnade erwarten dürfen; sie alle wurden von ihren Tyrannen verdummt und sind besessen von dem Wunsch, uns zu vernichten. Anfangs wollte Mak uns bewaffnen und in den Kampf führen, doch er musste sich überzeugen, dass wir zu schwach dafür sind. Nun hat er beschlossen, zu den Wüstenbewohnern vorzudringen - auch er glaubt an sie - und sie dafür zu gewinnen, mit ihm gegen die Soldaten ins Feld zu ziehen. Was wird nun von uns verlangt? Wir sollen das Vorhaben billigen, die Wüstenbewohner durch unser Gebiet passieren lassen und sie, solange der Krieg andauert, mit Lebensmitteln versorgen. Zudem bittet unser Freund Mak, ihm zu erlauben, alle unsere Aufklärer, sofern sie dies wünschen, zu versammeln, damit er sie kämpfen lehrt und hinter die Blaue Schlange bringt, um dort den Aufstand zu beginnen. So steht es, kurz gesagt. Wir müssen uns jetzt entscheiden, und ich bitte um Wortmeldungen.«
    Gai sah Maxim von der Seite an. Maxim saß mit untergeschlagenen Beinen da - groß, braungebrannt und unverrückbar wie ein Fels. Fast wirke er wie ein riesiger Akkumulator, der sich jeden Moment entladen konnte. Er starrte in den hintersten Winkel, zu Hexenmeister, spürte aber sofort Gais Blick und wandte ihm das Gesicht zu. Und auf einmal wurde Gai bewusst, dass Maxim nicht mehr derselbe war wie früher. Lange schon vermisste er das vertraute, strahlende Lächeln
von früher, er sang keine Gebirgslieder mehr, und seine Augen, die einst zärtlich oder auf gutmütige Weise spöttisch gestrahlt hatten, waren hart geworden - und so starr, als gehörten sie nicht Maxim, sondern Rittmeister Tschatschu. Ebenso hatte Mak aufgehört, wie ein lustiger neugieriger Hund in allen Ecken herumzuschnüffeln. Er war zurückhaltend geworden, streng, beharrlich, sehr erwachsen und konzentriert, als ziele er auf einen ihm allein sichtbaren Punkt. Er hatte sich sehr verändert, seit man ihm ein ganzes Magazin aus einer schweren Armeepistole verpasst hatte. Früher empfand er Mitleid mit allen und jedem, jetzt aber dauerte ihn niemand. Vielleicht musste es so sein. Und trotzdem, eine fürchterliche Sache hatte er sich da ausgedacht! Ein Gemetzel würde das werden, ein unvorstellbares Blutbad.
    »Irgendwie habe ich’s nicht verstanden«, meldete sich eine kahlköpfige Missgeburt, der Kleidung nach kein Hiesiger. »Was will er eigentlich? Dass die Barbaren aus der Wüste zu uns kommen? Die werden uns doch alle ermorden, ich kenne sie! Sie werden alle erschlagen, keinen einzigen am Leben lassen!«
    »Sie kommen entweder in friedlicher Absicht«, erläuterte Mak, »oder überhaupt nicht.«
    »Lieber überhaupt nicht«, erwiderte der Glatzkopf. »Mit den Barbaren sollte man sich nicht einlassen. Da wäre es besser, gleich in die Maschinengewehre der Soldaten zu laufen. Man würde wenigstens wie von eigener Hand sterben; mein Vater war Soldat.«
    »Das stimmt natürlich«, begann Boschku nachdenklich. »Aber andererseits wäre es ja auch möglich, dass die Barbaren die Soldaten vertreiben und uns nicht anrühren. Dann ginge es uns allen besser.«
    »Warum sollen sie uns nicht anrühren?«, widersprach der Glotzäugige. »Seit jeher rühren alle uns an, und jetzt plötzlich nicht?«

    »Er wird es doch mit ihnen besprechen«, erklärte Boschku. »So in etwa: Rührt die Waldbewohner nicht an oder bleibt, wo ihr seid.«
    »Wer? Wer wird das besprechen?« Der Bäcker drehte sich um.
    »Na, Mak. Mak wird eine Absprache mit ihnen treffen.«
    »Ach, Mak. Nun, wenn Mak es tut, lassen sie uns vielleicht in Frieden.«
    »Möchtest du Tee?«, fragte

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