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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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hat sich bei uns nicht ereignet.«
    Der Alte stößt plötzlich einen langen Satz aus, auf den der Translator reagiert: »Sprache nicht codiert.«
    »Ich verstehe nicht«, sage ich.
    »Sie verstehen nicht. Und ich dachte, ich beherrsche die Sprache von Transmontanien recht gut.«
    »Ich bin nicht von dort«, entgegne ich. »Und bin nie dort gewesen.«
    »Woher sind Sie dann?«
    Ich fasse einen Entschluss.
    »Das ist jetzt nicht wichtig«, sage ich. »Sprechen wir nicht von uns. Bei uns ist alles in Ordnung. Wir brauchen keine Hilfe. Sprechen wir von Ihnen. Ich habe bisher wenig verstanden,
aber eins ist offensichtlich: Sie brauchen Hilfe. Was für welche? Was brauchen Sie am Nötigsten? Und: Was geht hier bei Ihnen vor? Darüber sollten wir jetzt sprechen. Und lassen Sie uns irgendwo hinsetzen, ich bin schon den ganzen Tag auf den Beinen. Gibt es hier einen Ort, wo wir uns in Ruhe unterhalten können?«
    Er schweigt eine Zeit lang und sieht mich aufmerksam an.
    »Sie wollen also nicht sagen, wo Sie herkommen«, sagt er schließlich. »Nun, das ist Ihr gutes Recht. Sie sind stärker. Aber es ist dumm. Ich weiß auch so, dass Sie vom Nördlichen Archipel kommen. Ihr seid nur deshalb verschont geblieben, weil sie euch nicht bemerkt haben. Euer Glück. Aber ich wüsste gern, wo ihr die letzten vierzig Jahre wart, während sie uns hier bei lebendigem Leibe verfaulen ließen? Habt euch ein schönes Leben gemacht. Verflucht sollt ihr sein!«
    »Ihr seid nicht die Einzigen, die ein Unglück erlebt haben«, entgegne ich ganz aufrichtig. »Jetzt wart ihr eben an der Reihe …«
    »Das freut uns«, sagt er. »Aber kommen Sie mit, wir setzen und unterhalten uns.«
    Wir betreten das Haus auf der gegenüberliegenden Seite, gehen nach oben in den ersten Stock und stehen in einem schmuddeligen Zimmer, in dem nichts steht als ein Tisch in der Mitte, ein riesiger Diwan an der Wand und zwei Schemel am Fenster. Die Fenster gehen auf den Platz hinaus, und das Zimmer ist von dem weißblauen Licht des Pavillons erhellt. Auf dem Diwan schläft jemand, bis zum Hals mit einem glänzenden Mantel zugedeckt. Auf dem Tisch stehen Konservendosen und eine große Flasche aus Metall.
    Kaum dass er im Zimmer ist, sorgt der Alte für Ordnung. Er scheucht den Schlafenden auf und jagt ihn aus dem Haus. Einer der finsteren jungen Männer erhält den Befehl, Posten zu beziehen, und setzt sich auf einen Schemel am Fenster, wo er die ganze Zeit über sitzen bleibt, ohne den Platz aus den
Augen zu lassen. Der zweite junge Mann macht sich geschickt ans Öffnen der Konservendosen. Danach geht er zur Tür und lehnt sich mit der Schulter an den Türrahmen.
    Man bietet mir einen Platz auf dem Diwan an, klemmt mich mit dem Tisch ein und umstellt mich mit Konservendosen. In der Metallflasche befindet sich gewöhnliches, recht sauberes Wasser, wenngleich mit einem Beigeschmack von Eisen. Wepl wird auch nicht vergessen. Der Soldat, den der Alte vom Diwan vertrieben hat, stellt eine offene Konservendose vor ihn auf den Fußboden. Wepl protestiert nicht, isst aber auch nichts davon, sondern geht zur Tür und setzt sich vorsorglich neben den Posten. Eifrig kratzt er sich, schnauft und leckt sich - er gibt sich alle Mühe, den gewöhnlichen Hund zu spielen.
    Unterdessen nimmt der Alte den zweiten Schemel, setzt sich mir gegenüber, und das Gespräch beginnt.
    Zuerst einmal stellt sich der Alte vor. Natürlich erweist er sich als Gatta’uch, und zwar nicht schlechthin als Gatta’uch, sondern als Gatta’uch-Okambomon, was mit »Regent des gesamten Territoriums und der angrenzenden Bezirke« zu übersetzen wäre. Ihm unterstehen die Stadt, der Hafen und ein Dutzend Stämme, die im Umkreis von fünfzig Kilometern leben. Über die Vorgänge jenseits dieser Grenze hat er keine klare Vorstellung, nimmt aber an, dass es dort ähnlich aussieht. Die Gesamtbevölkerung seines Gebiets beträgt gegenwärtig etwa fünftausend Menschen. Es gibt in seinem Gebiet weder Industrie noch eine planmäßige Landwirtschaft. In der Vorstadt allerdings befindet sich ein Laboratorium - seinerzeit eins der besten der Welt. Geleitet wird es bis zum heutigen Tage von Dra’udan persönlich (»Seltsam, dass Sie nie von ihm gehört haben. Er hat auch Glück gehabt - ist langlebig wie ich.«). Aber in den letzten vierzig Jahren ist es ihnen trotzdem nicht gelungen, etwas zu erreichen. Und sie werden es offensichtlich auch nicht mehr schaffen.

    »Und deshalb«, kommt der Alte zum Schluss, »wollen wir

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