Gesammelte Werke 1
Maxim hoffte, wenigstens jetzt, unter dem Bogen, würde sich Rada beruhigen - aber da, plötzlich, tauchten aus dem Nichts vier weitere Männer auf und versperrten ihnen den Weg. Sie waren ebenso nass und bemitleidenswert, doch einer von ihnen hielt einen langen, dicken Spazierstock in der Hand, und Maxim erkannte ihn.
Unter dem alten Torbogen schaukelte eine Glühlampe im Wind, Schimmel bedeckte die rissigen Wände, der Zement unter den Füßen war geborsten und schmutzig geworden von Abertausenden Schuhen und Autoreifen. Nun hallten von hinten schwere Schritte. Maxim drehte sich um - die vier anderen kamen näher. Keuchend spuckten sie im Gehen ihre ekligen Stäbchen aus, nahmen nicht einmal die Hände aus den Taschen. Rada schrie gepresst auf, ließ Maxim los - und plötzlich wurde es eng. Er fand sich an die Wand gedrängt, dicht umschlossen von den Kerlen; sie hielten immer noch die Hände in den Taschen und berührten ihn nicht, sahen ihn auch nicht an, sondern standen nur da und ließen ihm keine Möglichkeit sich zu bewegen. Über sie hinweg sah er, dass
zwei von ihnen Rada gepackt hatten, der Schnauzbärtige schlenderte auf sie zu, wechselte gemächlich den Stock in die linke Hand und schlug mit der rechten - ebenso gemächlich - dem Mädchen ins Gesicht.
Das war so schockierend, so brutal, dass Maxim sein Gefühl für die Realität verlor. Etwas in seiner Wahrnehmung verschob sich. Die Männer verschwanden, und nur zwei Menschen blieben: er und Rada.
Anstelle der anderen Männer sah Maxim unheimliche, gefährliche Tiere durch den Schlamm stampfen, plump und furchterregend. Die Stadt existierte nicht mehr, ebenso wenig das Tor oder die Glühbirne. Maxim sah sich am Rande unzugänglicher Berge, im Land Oz-auf-Pandora, und da war eine Höhle - eine gemeine Falle nackter, gefleckter Affen. In die Höhle schien gleichgültig ein blasser gelber Mond, und es hieß kämpfen, kämpfen, um zu überleben … Und Maxim kämpfte, wie seinerzeit auf der Pandora.
Gehorsam bremste die Zeit ihren Lauf. Die Sekunden dehnten sich endlos, und in jeder einzelnen konnte Maxim gleichzeitig Schläge austeilen, sich bewegen und alle Gegner im Blick behalten. Sie waren schwerfällig, diese Affen, an Wild gewöhnt. Bestimmt merkten sie noch nicht, dass sie sich den Falschen ausgesucht hatten, dass es für sie jetzt am besten wäre davonzulaufen. Stattdessen versuchten sie zu kämpfen …
Maxim ergriff eins der Tiere am Unterkiefer, bog mit einem Ruck den gefügigen Kopf nach hinten und schlug seine Handkante gegen den blassen, pulsierenden Hals, wandte sich gleich darauf dem nächsten Tier zu, packte es, bog den Kopf nach hinten und schlug zu, und wieder: packte, bog, schlug - in einer Wolke stinkenden Raubtieratems, in der widerhallenden Stille der Höhle, dem gelben Halbdunkel, in dem ihm die Augen tränten. Und die schmutzigen gebogenen Krallen rissen an seinem Nacken und glitten ab, gelbe Hauer hieben ihm
tief in die Schulter, aber vergebens. Neben ihm war niemand mehr, doch zum Höhlenausgang rannte das Leittier mit seinem Knüppel, denn wie alle Leittiere verfügte es über das schnellste Reaktionsvermögen und begriff als Erstes, was vor sich ging. Maxim bedauerte das Leittier flüchtig - wegen der Langsamkeit seiner Reaktion. Denn während sich für ihn die Sekunden streckten, setzte der Leitaffe kaum seine Füße. Der Mensch jedoch schlüpfte zwischen den Sekunden hindurch, holte ihn ein und streckte ihn im Laufen nieder. Dann blieb er stehen, und die Zeit floss wieder normal. Die Höhle wurde zum Torbogen, der Mond zur Glühbirne, und Oz-auf-Pandora wurde zu einer seltsamen Stadt auf einem seltsamen Planeten, seltsamer noch als die Pandora.
Maxim senkte die zittrigen Arme und schöpfte Atem. Eine seiner Schultern blutete. Rada nahm seine Hand und fuhr damit schluchzend über ihr feuchtes Gesicht. Er blickte um sich: Ihm zu Füßen regte sich der schnauzbärtige Anführer mühsam. Die übrigen Männer lagen wie Säcke auf dem schmutzigen Zement. Mechanisch zählte er sie - sechs, einschließlich des Schnauzbarts - und überlegte kurz, dass es zweien geglückt war zu entwischen. Radas Berührung tat ihm unsagbar wohl. Und er wusste, er hatte gehandelt, wie er hatte handeln müssen, getan, was er hatte tun müssen - kein bisschen mehr, kein bisschen weniger. Die Entkommenen ließ er ziehen, obwohl er sie hätte einholen können - noch jetzt hörte er ihre panischen Schritte am Ende des Tunnels. Von denen, die am Boden
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