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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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langsam und akzentuiert eine Frage. Im nächsten Augenblick aber zückte er aus seinem Stock ein langes blitzendes Messer mit schmaler Klinge. Maxim war sprachlos und wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. So nahm er nur die Gabel vom Tisch und drehte sie hin und her. Die Wirkung auf den Angreifer war verblüffend: Ohne aufzustehen, wich der Mann zurück, warf dabei seinen Stuhl um und fiel mit vorgestreckter Waffe zu Boden, dabei sträubte sich sein Bart ein wenig und entblößte die großen gelben Zähne. Die Frau hinter der Theke kreischte ohrenbetäubend. Maxim fuhr hoch. Der Schnauzbart stand auf einmal dicht neben ihm, und im selben Augenblick erschien Rada. Sie
stellte sich zwischen die beiden Männer und schrie laut und hell zuerst den Bärtigen an, dann Maxim. Der aber begriff nun gar nichts mehr. Der Schnauzbart dagegen grinste widerwärtig, nahm seinen Stock, steckte das Messer hinein und ging zum Ausgang. In der Tür wandte er sich um, zischte noch ein paar Worte und verschwand.
    Blass, mit bebenden Lippen, hob Rada den Stuhl auf. Sie tupfte mit einer Serviette die vergossene braune Flüssigkeit vom Tisch, räumte das schmutzige Geschirr ab, brachte es weg, kehrte zurück und sagte etwas. Maxim antwortete »ja«, doch es nützte nichts. Rada wiederholte ihren Satz, mit Verärgerung in der Stimme, aber Maxim spürte, dass sie weniger verärgert als vielmehr erschrocken war. »Nein«, entgegnete er nun. Da begann die Frau hinter der Theke ein fürchterliches Gezeter, ihre Wangen zitterten, so dass er schließlich bekannte: »Ich verstehe nicht.«
    Unablässig keifend, rannte die Frau hinterm Schanktisch hervor, stürzte zu Maxim, baute sich vor ihm auf, stemmte die Arme in die Hüften und schrie ihn an; dann zerrte sie an seinen Sachen und durchwühlte seine Taschen. Maxim war so überrascht, dass er sich nicht einmal wehrte. Er bekräftigte nur immer wieder »nicht nötig« und sah ratlos zu Rada. Die alte Frau stieß ihn vor die Brust und hastete, als habe sie gerade eine endgültige, schreckliche Entscheidung getroffen, erneut hinter den Tresen und griff nach dem Telefonhörer.
    »Fank!«, rief Maxim eindringlich. »Fank schlecht. Gehen. Schlecht.«
    Daraufhin entspannte sich die Situation unverhofft. Rada sagte etwas zu der Frau, die warf den Hörer auf, murmelte noch etwas vor sich hin und beruhigte sich. Rada führte Maxim an seinen Platz zurück, brachte ihm ein neues Glas Bier und setzte sich zu seiner großen Freude neben ihn. Einige Zeit schien alles gut - Maxim war erleichtert, Rada stellte Fragen, Maxim antwortete, zufrieden strahlend, »ich
verstehe nicht«, und die alte Frau brummte in einiger Entfernung vor sich hin. Maxim kratzte all seine Sprachkenntnisse zusammen und bildete noch einen Satz: »Regen geht massaraksch Nebel schlecht.« Rada schüttelte sich vor Lachen. Dann aber kam ein junges, recht hübsches Mädchen herein, begrüßte die Anwesenden und ging kurz mit Rada hinaus. Als Rada wenig später wieder hereinkam, hatte sie ihre Schürze abgelegt und einen glänzenden roten Mantel mit Kapuze übergezogen; in der Hand trug sie eine große karierte Tasche.
    »Gehen wir«, sagte sie, und Maxim sprang auf.
    Doch so schnell ließ man sie hier nicht weg. Die Frau fing erneut an zu zetern. Wieder missfiel ihr das eine, und verlangte sie das andere. Jetzt fuchtelte sie mit einem Stift und einem Blatt Papier herum. Einige Zeit stritt Rada mit ihr, dann aber trat das andere Mädchen hinzu und gab der Frau Recht. Anscheinend handelte es sich um eine Selbstverständlichkeit, denn Rada gab schließlich nach. Dann wandten sich alle drei an Maxim; erst der Reihe nach, dann im Chor stellten sie ihm ein und dieselbe Frage. Maxim verstand kein Wort und breitete hilflos die Arme aus. Da hieß Rada die anderen still sein, tippte ihm leicht gegen die Brust und fragte: »Mak Sim?«
    »Maxim«, berichtigte er.
    »Mak? Sim?«
    »Maxim. Mak - nicht nötig. Sim - nicht nötig. Maxim.«
    Das Mädchen führte den Zeigefinger an ihre Nase und erläuterte: »Rada Gaal. Maxim …«
    Endlich begriff er. Sie wollten seinen Familiennamen wissen. Das war merkwürdig, weit mehr jedoch wunderte ihn etwas anderes.
    »Gaal?«, fragte er. »Gai Gaal?«
    Stille. Die drei schienen höchst erstaunt. »Gai Gaal«, wiederholte Maxim erfreut. »Gai guter Mensch.«

    Es wurde laut. Alle redeten gleichzeitig. Rada zupfte Maxim am Anzug und wollte etwas wissen. Offenbar interessierte sie, woher er Gai kannte. »Gai«,

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