Gesammelte Werke 1
Vertikalen der tausendgeschossigen Wolkenkratzer, die sich zu Trauben ballenden Wohnblocks. Die kupfern schimmernde riesige Kuppel des »Forums« zur Linken und die unwahrscheinlich glatte Oberfläche des runden »Meeres« zur Rechten. Sah
die schwarzen Mauerschwalben, wie sie kreischend und wie Speere aus dem hängenden Garten des oberen Wohnblocks herabschossen, um im Laub des hängenden Gartens einen Wohnblock darunter wieder zu verschwinden.
»Was ist im Gange?«, fragte Assja.
»Du bist so schön«, sagte Toivo. »Du hast Zobelbrauen. Auch wenn ich nicht genau weiß, was das bedeutet: Ich meine damit etwas sehr Schönes. Dich. Du bist nicht nur schön, du bist wunderschön. Zauberhaft. Und deine Sorgen sind lieb. Und deine Welt ist lieb. Sogar dein Bruno ist lieb, wenn man es recht betrachtet. Und überhaupt ist die Welt schön, weißt du. ›Die Welt ist wie ein Blümlein fein, denn wir sind versorgt vom Glück, mit Herzen fünf und Lebern drei’n, und von Nieren gar neun Stück.‹ Ich weiß nicht, was das für Verse sind. Sie sind mir plötzlich in den Sinn gekommen, und ich hatte Lust, sie aufzusagen. Und eins will ich dir noch verraten, vergiss es nicht! Es kann durchaus passieren, dass ich sehr bald zu dir auf die Pandora fliege. Weil nicht viel fehlt, und er schickt mich in Urlaub. Oder überhaupt zum Teufel. Das sehe ich in seinen Augen. Deutlich wie auf einem Display. Aber jetzt lass uns Tee trinken.«
Assja blickte ihn durchdringend an. »Klappt es nicht?«, fragte sie.
Toivo wich ihrem Blick aus und zog die Schultern hoch.
»Weil du von Anfang an falsch an die Sache herangegangen bist«, sagte Assja entschieden. »Und weil die Aufgabe von Anfang an falsch gestellt war! Man darf eine Aufgabe nicht so stellen, dass man mit keinem Ergebnis zufrieden sein wird. Schon deine Hypothese war falsch - weißt du noch, was ich dir gesagt habe? Wenn jetzt die Wanderer tatsächlich zum Vorschein kämen, wärst du dann etwa froh? Aber nun beginnst du zu begreifen, dass sie nicht da sind, und wieder passt es dir nicht - du hast dich geirrt, hast eine falsche Hypothese geäußert, und jetzt sieht es so aus, als hättest du eine
Niederlage erlitten, obwohl du in Wirklichkeit gar nichts verloren hast.«
»Ich habe noch nie mit dir gestritten«, erwiderte Toivo ergeben. »Die Schuld liegt allein bei mir, das ist nun mal mein Schicksal …«
»Schau, auch er ist jetzt ernüchtert, weil aus eurer Idee nichts geworden ist. Aber er wird dich natürlich nicht hinauswerfen, was redest du für einen Unsinn. Er mag dich und schätzt dich, das wissen doch alle. Aber im Ernst: Man kann doch nicht Jahre verschwenden - und wofür eigentlich? Im Grunde habt ihr ja nichts als eine bloße Idee. Niemand bestreitet, dass diese Idee sehr interessant ist, ein Nervenkitzel für jeden von uns, aber doch nicht mehr! Im Grunde ist es ja nur eine Inversion der längst bekannten menschlichen Praxis, der Progressorentätigkeit, eben nur umgekehrt, sonst nichts. Wenn wir versuchen, die Geschichte von anderen geradezubiegen, warum sollten das andere nicht auch mit unserer tun? Warte, hör zu! Erstens vergesst ihr, dass nicht jede Inversion eine Entsprechung in der Realität hat. Die Grammatik ist eins, die Realität etwas anderes. Deshalb war eure Idee anfangs auch interessant, aber jetzt ist es nur noch, na ja, es gehört sich eben nicht. Weißt du, was mir gestern ein Kollege sagte? Er hat gesagt: ›Sehen Sie, wir sind nicht bei der KomKon, aber die kann man wirklich nur beneiden. Wenn die mal auf ein echtes Rätsel stoßen, schreiben sie es einfach den Wanderern zu und fertig!‹«
»Und wer hat das gesagt?«, fragte Toivo finster.
»Was macht das für einen Unterschied? Nimm an: Bei uns spielt das Gärungsmittel verrückt und wir sagten einfach: ›Wozu nach den Ursachen suchen? Es waren die Wanderer !‹ Die blutige Hand der Superzivilisation! Sei nicht böse, bitte. Sei nicht böse! Dir gefallen solche Witze nicht, aber du bekommst sie ja auch fast nie zu hören. Ich dagegen höre sie andauernd. Was mich allein das ›Sikorsky-Syndrom‹ kostet.
Und das ist schon kein Witz mehr. Das ist eine Verurteilung, mein Lieber! Das ist eine Diagnose!«
Toivo hatte sich schon wieder im Griff. »Und«, sagte er, »das mit dem Gärungsmittel ist eine gute Idee. Das ist ein BV! Ein BV! Warum habt ihr das nicht gemeldet?«, fragte er streng. »Kennt ihr keine Ordnung? Da werden wir euren Meister gleich - vor die Schranken!«
»Für dich ist das
Weitere Kostenlose Bücher