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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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Verdampfer wie kleine Stacheln herausragten. Und dieses Gärungsmittel spielte wieder einmal verrückt: Sein Geschmacksaroma war spontan in die Klasse Sigma abgefallen, und seine Bitterkeit hatte den letzten, gerade noch zulässigen Grad erreicht. Die Experten vertraten völlig unterschiedliche Meinungen: Der Meister verlangte, die Produktion der »Alapaitschiki«, die auf dem ganzen Planeten berühmt waren, einzustellen, bis die Sache geklärt sei. Bruno aber - ein ziemlich frecher Junge mit einer großen Klappe - widersprach: Warum das? Er, der es noch nie gewagt hatte, sich gegen den Meister zu stellen, führte heute plötzlich das Wort. Die normalen Kunden würden eine so feine Veränderung im Geschmack gar nicht bemerken. Und was die Kenner angehe, so sei er sicher, nein, ließe sich den Kopf abschlagen, wenn nicht mindestens jeder fünfte von dieser Geschmacksvariation begeistert wäre. Fragt sich zwar, wer seinen abgeschlagenen Kopf gebrauchen konnte, aber seine Meinung fand Zustimmung. Und jetzt war unklar, was werden sollte.
    Assja machte das Fenster weit auf und setzte sich aufs Fensterbrett. Sie blickte hinab in den zwei Kilometer tiefen blaugrünen Abgrund.
    »Ich fürchte, ich werde auf die Pandora fliegen müssen«, sagte sie.
    »Für lange?«, fragte Toivo.
    »Ich weiß nicht. Aber ja, vielleicht für lange.«

    »Und wozu?«, erkundigte sich Toivo vorsichtig.
    »Verstehst du, die Sache ist die … Der Meister meint, wir hätten hier auf der Erde schon alles, was infrage kommt, überprüft. Das heißt aber, dass etwas auf der Plantage nicht in Ordnung ist. Vielleicht hat sich dort ein neuer Stamm von Fermentkulturen entwickelt, oder beim Transport passiert etwas. Wir wissen es nicht.«
    »Du bist schon einmal auf die Pandora geflogen«, meinte Toivo missmutig. »Bist für eine Woche geflogen und drei Monate geblieben.«
    »Was soll ich denn tun?«
    Toivo kratzte sich an der Wange und räusperte sich. »Ich weiß nicht, was du tun sollst. Ich weiß nur, dass drei Monate ohne dich schrecklich sind.«
    »Und die zwei Jahre ohne mich? Als du dort auf diesem Planeten, wie heißt er doch gleich … gesessen hast.«
    »Das musste ja kommen! Wie lange das her ist! Ich war jung und noch ein Dummkopf. Ich war damals Progressor! Ein Mann wie aus Eisen - Muskeln, Maske, Kinn! Hör mal, warum lässt du nicht deine Sonja fliegen. Sie ist jung, hübsch, vielleicht heiratet sie dort?«
    »Sonja fliegt natürlich auch. Hast du sonst noch Vorschläge?«
    »Habe ich. Soll doch der Meister fliegen. Er hat euch diese Suppe eingebrockt, dann soll er nun auch fliegen.«
    Assja blickte ihn nur an.
    »Ich nehme das zurück«, sagte Toivo rasch. »Ein Irrtum. Denkfehler.«
    »Er darf nicht einmal Swerdlowsk verlassen! Er hat doch eine Allergie der Geschmacksnerven! Seit 25 Jahren ist er nicht mehr aus seinem Viertel herausgekommen!«
    »Ich werde es mir merken«, versprach Toivo. »Für immer. Kommt nicht wieder vor. Habe dummes Zeug geredet. Blödsinn von mir gegeben. Soll Bruno fliegen.«

    Assja sah ihn ein paar Sekunden lang voller Empörung an, wandte sich dann ab und schaute wieder aus dem Fenster. »Bruno wird nicht fliegen«, sagte sie ärgerlich. »Bruno wird sich jetzt mit diesem neuen Aroma beschäftigen. Er will es fixieren, standardisieren, aber das werden wir erst noch sehen …« Sie schielte zu Toivo hinüber und begann zu lachen. »Aha! Die Trübsal hat dich! ›Drei Monate … ohne dich …‹«
    Toivo stand auf und ging durchs Zimmer. Dann setzte er sich zu Assjas Füßen auf den Boden und lehnte seinen Kopf an ihre Knie.
    »Du brauchst sowieso Urlaub«, sagte Assja. »Du könntest dort auf die Jagd gehen, ist schließlich die Pandora! Du könntest in die Dünen fahren, dir unsere Plantage ansehen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was das ist - die Paschkowski-Plantage!«
    Toivo schwieg und drückte seine Wange noch stärker an ihre Knie. Da wurde auch sie still. Eine Zeit lang sprach niemand. Dann fragte Assja: »Ist bei dir etwas im Gange?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weiß nicht. Ich seh’s.«
    Toivo seufzte, stand vom Boden auf und setzte sich neben Assja auf das Fensterbrett.
    »Du siehst richtig«, erklärte er mürrisch. »Es ist was im Gange. Bei mir.«
    »Was denn?«
    Toivo kniff die Augen zusammen und betrachtete die schwarzen Wolkenbänder, die das kupferfarbene und purpurne Abendrot durchzogen. Die üppigen Wälder, die sich schwarzblau am Horizont abzeichneten. Die schmalen schwarzen

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