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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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das ist fast schlimmer, als wenn wir gar nichts wüssten. Ein ungutes Gefühl, nicht wahr? Nein, ich kann nichts Schlechtes über diese Menten sagen. Aber es ist auch noch nichts Gutes über sie bekannt!
    Pause.
    KAMMERER: Sie wissen alles über uns, wir über sie aber nichts. Das ist demütigend. Jeder von uns, der mit dieser Situation in Berührung kommt, wird ein Gefühl der Demütigung empfinden. Jetzt steht uns bevor, zwei Mitglieder des Weltrates einer Tiefenmentoskopie zu unterziehen - und das nur, um zu rekonstruieren, wovon während der historischen Besprechung im »Leonidsheim« die Rede war. Und beachte, weder die Mitglieder des Weltrats noch wir wollen diese Mentoskopie. Sie ist eine Demütigung für uns alle, aber es bleibt uns keine Wahl - obwohl die Erfolgschancen, wie dir klar ist, mehr als fraglich sind.
    GLUMOW: Aber Sie haben doch Agenten unter ihnen!

    KAMMERER: Nicht »unter ihnen«, sondern nur in der Nähe. »Unter ihnen« - davon können wir nur träumen. Und dabei, fürchte ich, wird es auch bleiben. Wer von ihnen würde uns helfen wollen? Und warum sollte er? Was kümmern wir sie? Hm? Toivo!
    Lange Pause.
    GLUMOW: Nein, Maxim. Ich will nicht. Ich verstehe alles, aber ich will nicht !
    KAMMERER: Hast du Angst davor?
    GLUMOW: Ich weiß nicht. Nein, ich will einfach nicht. Ich bin ein Mensch, und ich will nichts anderes sein. Ich will nicht auf euch herabsehen. Ich will nicht, dass mir die Menschen, die ich achte und liebe, wie Kinder erscheinen. Ich verstehe Sie, Maxim: Sie hoffen, dass das Menschliche in mir erhalten bleibt. Vielleicht haben Sie sogar Grund zu dieser Hoffnung. Aber ich will es nicht riskieren. Ich will nicht!
    Pause.
    KAMMERER: Na ja. Letzten Endes ist das sogar lobenswert.

    Ich war mir des Erfolges sicher gewesen. Aber ich hatte mich getäuscht.
    Ich habe dich nicht so gut gekannt, wie ich dachte, Toivo Glumow, mein Junge. Du warst mir härter erschienen und besser gewappnet, vielleicht auch fanatischer.
    Nun aber, endlich, ein paar Worte über das wahre Ziel meiner Memoiren.
    Jene meiner Leser, die das Buch »Die fünf Biografien des Jahrhunderts« kennen, haben sicher erraten, dass es mir darum ging, die sensationelle Hypothese von P. Soroka und E. Braun zu widerlegen, dass Toivo Glumow schon als Progressor in Arkanar ins Blickfeld der Menten geraten und von
ihnen als einer der Ihren erkannt worden sei. Dass er gleich damals von ihnen umgewandelt, auf das entsprechende Niveau gehoben und zu mir in die KomKon 2 geschickt worden sei, nicht so sehr als Spion, sondern als Desinformator und Fehlinterpretator. Dass er sich fünf Jahre lang mit nichts anderem befasst habe, als in der KomKon die Jagd auf die Wanderer anzuheizen, indem er jeden falschen Schritt und jede Unachtsamkeit der Menten als Manifestation des Wirkens der verhassten Superzivilisation auslegte. Fünf Jahre lang habe er die gesamte Leitung der KomKon 2 an der Nase herumgeführt, und vor allem natürlich seinen Chef und Mentor Maxim Kammerer. Als es schließlich trotzdem gelungen sei, die Menten zu entlarven, habe er vor dem arglosen Big Bug seine letzte herzbewegende Komödie gespielt und sei dann aus dem Spiel ausgestiegen.
    Ich nehme an, dass jeder Leser, dem die Thesen von Soroka und Braun bisher nicht vertraut waren, an dieser Stelle überrascht einwendet: »Was für ein Unsinn, was haben Soroka und Braun für sonderbare Ideen? Was sie schreiben, widerspricht doch allem, was ich soeben gelesen habe.« Dem Leser hingegen, der Toivo Glumow schon vorher, d. h. aus den »Fünf Biografien« kannte, möchte ich raten: Versuchen Sie, das Ihnen hier vorgelegte Material neutral zu betrachten; es wäre nicht gut, die Diskussion um das Menten-Problem erneut anzuheizen, nachdem sie sich derzeit beruhigt hat.
    Zugegeben, die Geschichte der Großen Offenbarung enthält viele »weiße Flecken«, aber ich kann versichern, und bin mir meiner Verantwortung dabei bewusst, dass diese weißen Flecken mit Toivo Glumow nichts zu tun haben. Und ich bin mir auch meiner Verantwortung bewusst, wenn ich erkläre, dass die spitzfindigen Thesen von P. Soroka und E. Braun nichts weiter sind als leichtfertige Phrasen und großer Unfug.

    Was nun »die letzte herzbewegende Komödie« angeht, so bedaure ich nur eins und mache mir deswegen bis heute Vorwürfe: Ich altes, dickfelliges Nashorn habe damals nicht begriffen, habe nicht vorausgeahnt, dass ich Toivo Glumow zum letzten Mal sah.

Dokument 21
    An M. Kammerer
»Pappel« 11, Wohnung

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