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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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friedlich, die gesellschaftliche Moral wurde hoch geachtet wie nie zuvor. Alles schien wieder in Ordnung. Maxim war klar, dass die politischen Verhältnisse im Land weit entfernt waren vom Idealen und es sich im Grunde um eine Militärdiktatur handelte. Dennoch erfreuten sich die Unbekannten Väter offensichtlich großer Popularität - in allen Schichten der Gesellschaft. Was aber die Wirtschaft anbetraf, so entbehrte dieses Ansehen jeglicher Grundlage: Immerhin lag das halbe Land noch in Trümmern, die Militärausgaben waren gigantisch, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebte mehr als bescheiden. Das Ansehen gründete sich anscheinend darauf, dass die Militärjunta die Gier der Industriellen zügelte, was ihr die Sympathien der Arbeiter einbrachte. Andererseits hielt sie die Arbeiter nieder, was ihr die Wertschätzung der Industriellen sicherte. Freilich reimte sich Maxim das nur zusammen; Gai empfand schon die Fragestellung als seltsam. Ein Begriff wie »Klasse« existierte für ihn nicht, und Widersprüche zwischen einzelnen sozialen Gruppen schienen ihm undenkbar.
    Die außenpolitische Lage des Landes war weiterhin äußerst prekär. Im Norden grenzte es an zwei große Staaten - Honti und Pandea, ehemalige Provinzen oder Kolonien. Über die Staaten selbst war nichts bekannt, doch jeder wusste, dass sie die aggressivsten Absichten hatten, unaufhörlich Diversanten und Spione entsandten, Grenzzwischenfälle provozierten und den Krieg vorbereiteten. Dessen Ziel war Gai unklar; er hatte sich auch nie Gedanken darüber gemacht. Im Norden waren
Feinde, und gegen ihre Agenten kämpfte er auf Leben und Tod - das reichte.
    Hinter den Grenzwäldern im Süden lag, ausgebrannt von Kernexplosionen, eine Wüste. Sie erstreckte sich über die Fläche einer ganzen Reihe ehemaliger Staaten, die im Krieg eine zentrale Rolle gespielt hatten. Was auf diesen Millionen von Quadratkilometern vor sich ging, war unbekannt, und es interessierte auch niemanden. Denn man hatte ununterbrochen und alle Hände voll mit den Angriffen großer Horden halbwilder Missgeburten zu tun, von denen es in den Wäldern hinter dem Fluss Blaue Schlange nur so wimmelte. Insofern hielt man die Südgrenze für die problematischste. Das Leben dort war hart, und genau dort setzte man die Elite der Kämpfenden Garde ein. Gai hatte drei Jahre im Süden gedient und erzählte haarsträubende Geschichten darüber.
    Es war möglich, dass sich südlich der radioaktiv verseuchten Wüste - sozusagen am anderen Ende des einzigen Kontinents des Saraksch - weitere Staaten erhalten hatten, aber sie ließen nichts von sich hören. Dafür brachte sich das sogenannte Inselimperium immer wieder unangenehm in Erinnerung. Es erstreckte sich auf zwei große Archipele in der Antarktiszone, und der Weltozean gehörte ihm. Seine mächtige Flotte von Unterwasserschiffen kreuzte im radioaktiven Meer des Planeten - schneeweiß gestrichen und ausgerüstet mit modernster Vernichtungstechnik. An Bord waren Banden speziell abgerichteter Kopfjäger. Diese weißen Submarines, unheimlich wie Phantome, hielten die Uferbezirke in Atem. Sie schossen ohne jeden Anlass und setzten Landetrupps von Piraten ab. Auch dieser weißen Bedrohung bot die Garde kühn die Stirn.
    Das Bild von Chaos und Zerstörung erschütterte Maxim: Der Planet war ein Grab, in dem normales, sinnvolles Leben kaum noch möglich war und jeden Moment ganz versiegen konnte.

    Er hörte Radas grauenvolle und dennoch ruhig vorgetragene Schilderungen, zum Beispiel, wie ihre Mutter vom Tod des Vaters erfahren hatte: Als Arzt und Epidemiologe hatte er sich geweigert, ein von der Pest heimgesuchtes Gebiet zu verlassen. Der Staat aber verfügte damals weder über die Zeit noch über die Möglichkeiten, die Pest ordnungsgemäß zu bekämpfen, und so hatte man einfach eine Bombe auf den verseuchten Bezirk geworfen. Rada erzählte, wie vor etwa zehn Jahren Aufständische auf die Hauptstadt vorgerückt waren. Während der Evakuierung wurde ihre Großmutter väterlicherseits beim Ansturm auf einen Zug von der Menge totgetrampelt. Zehn Tage später starb ihr kleiner Bruder an der Ruhr. Um den kleinen Gai und den völlig hilflosen Onkel Kaan zu ernähren, hatte sie, Rada, nach dem Tod der Mutter achtzehn Stunden täglich als Geschirrwäscherin in einer Versandstation, später als Putzfrau in einem Luxuslokal für Spekulanten gearbeitet. Später nahm sie an »Frauenrennen mit Wettmöglichkeit« teil, saß kurze Zeit im Gefängnis,

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