Gesammelte Werke 1
Zeit, sich umzudrehen. Mit voller Kraft sprang er von der Seite her auf den Mann zu, doch der schaffte es trotzdem, einmal abzudrücken. Maxim sengte es das Gesicht, Pulvergeruch drang ihm in den Mund; dann aber krallten sich seine Finger um die fremden Handgelenke, und die Pistolen polterten zu Boden. Der Mann sank in die Knie, ließ den Kopf herabhängen und fiel, als Maxim seine Hände losließ, weich auf das Gesicht.
»Na, na, na«, murmelte Tschatschu mit einem seltsamen Ausdruck in der Stimme. »Legt ihn hierher!«, sagte er zu Pandi. »Und du« - das galt dem bleichen, schweißnassen Soisa - »lauf runter und teil den Gruppenführern mit, wo ich bin. Sie sollen melden, wie es bei ihnen steht.« Soisa schlug die Hacken zusammen und rannte zur Tür. »Ja. Schick mir Gaal«, fuhr der Rittmeister fort. »Brüll nicht, Mistkerl!«, schrie er den stöhnenden Mann an und stieß ihn mit der Stiefelspitze ein wenig in die Seite. »Ach, zwecklos. Plärrender Dreck … Abschaum. Durchsuchen!«, befahl er Pandi. »Legt sie alle in eine Reihe. Gleich hier, auf dem Fußboden. Das Weibsstück auch, fläzt im einzigen Sessel …«
Maxim ging zu der Frau, hob sie vorsichtig hoch und trug sie auf das Bett. Er war verwirrt. So etwas hatte er hier nicht erwartet. Aber was hatte er erwartet? Er wusste es nicht mehr - etwa gelbe, vor Hass gefletschte Zähne, ein bösartiges Gejaule, ein Kampf auf Leben und Tod? Er konnte seine Empfindungen mit nichts vergleichen, erinnerte sich dann aber, wie er einmal einen Tachorg erschossen hatte: Da lag dieses
riesige, angsteinflößende und, wie es hieß, erbarmungslose Tier mit zerschmettertem Rückgrat in einer tiefen Grube und weinte kläglich, gab etwas von sich in seiner Todespein, was sich beinahe anhörte wie einzelne Worte …
»Anwärter Sim!«, schrie der Rittmeister. »Ich habe befohlen: auf den Fußboden!«
Tschatschus unheimliche, durchsichtige Augen musterten Maxim. In seinen verkrampften Lippen zuckte es, und Maxim begriff, dass nicht er hier über Recht und Unrecht entscheiden konnte; er war noch ein Fremder, kannte weder ihren Hass noch ihre Liebe. Er nahm die Frau wieder auf und legte sie neben den massigen Mann, der beim Hereinkommen im Flur geschossen hatte. Pandi und ein zweiter Gardist kontrollierten indessen sehr sorgfältig die Taschen der Festgenommenen. Alle fünf Personen waren ohne Bewusstsein.
Der Rittmeister setzte sich in den Sessel, warf sein Barett auf den Tisch, steckte sich ein Stäbchen an und winkte Maxim mit dem Finger zu sich. Der trat näher, nahm Haltung an.
»Warum hast du die MP weggeworfen?«, fragte Tschatschu leise.
»Sie hatten befohlen, nicht zu schießen.«
»Herr Rittmeister.«
»Jawohl. Sie hatten befohlen, nicht zu schießen, Herr Rittmeister.«
Tschatschu kniff die Augen zusammen und blies den Rauch zur Decke hoch.
»Das heißt, wenn ich befohlen hätte, nicht zu sprechen, hättest du dir die Zunge abgebissen?«
Maxim schwieg. Das Gespräch gefiel ihm nicht, doch er entsann sich noch gut an Gais Instruktionen.
»Was ist dein Vater?«, fragte der Rittmeister weiter.
»Kernphysiker, Herr Rittmeister.«
»Lebt er noch?«
»Jawohl, Herr Rittmeister.«
Tschatschu nahm das Stäbchen aus dem Mund und starrte Maxim an.
»Wo ist er?«
Maxim wurde klar, dass er sich verplappert hatte. Er musste das wieder geradebiegen.
»Ich weiß nicht, Herr Rittmeister. Genauer gesagt, ich erinnere mich nicht.«
»Aber daran, dass er Kernphysiker ist, erinnerst du dich … Woran noch?«
»Ich weiß nicht, Herr Rittmeister. Ich erinnere mich an vieles, doch Korporal Gaal meint, es sei nur Einbildung.«
Im Flur hallten eilige Schritte. Gai kam herein und stand vor dem Rittmeister stramm.
»Kümmere dich um diese Halbtoten, Korporal«, sagte Tschatschu. »Reichen die Handschellen?«
Gai blickte über die Schulter zu den Verhafteten.
»Wenn Sie gestatten, Herr Rittmeister, holen wir noch ein Paar von der zweiten Gruppe.«
»Ausführung.«
Gai lief hinaus. Durch den Flur stampften wieder Stiefel; die Gruppenführer erschienen und meldeten, die Operation verlaufe erfolgreich, zwei Verdächtige seien bereits festgenommen und die Einwohner leisteten, wie immer, aktive Hilfe. Der Rittmeister ordnete an, schnellstmöglich zum Ende zu kommen und das Losungswort »Prellstein« an den Stab zu geben. Nachdem die Gruppenführer gegangen waren, rauchte er ein neues Stäbchen und sah schweigend zu, wie die Gardisten die Bücher aus den Regalen nahmen,
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