Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
sie durchblätterten und auf das Bett warfen.
    »Pandi«, murmelte er dann, »kümmere dich um die Bilder. Mit dem da sei vorsichtig, beschädige es nicht, das behalte ich.« Er drehte sich wieder zu Maxim. »Wie findest du es?«, fragte er.

    Maxim blickte genauer hin: Dämmerung, erhabene, horizontlose Meeresweite, das Ufer und eine Frau, die aus dem Wasser steigt. Wind. Kühle. Die Frau friert.
    »Ein gutes Bild, Herr Rittmeister«, sagte er.
    »Erkennst du die Gegend?«
    »Nein. Dieses Meer habe ich nie gesehen.«
    »Und welches hast du gesehen?«
    »Ein ganz anderes, Herr Rittmeister. Doch es war Einbildung.«
    »Unsinn. Dieses war es. Nur hattest du nicht den Blick vom Ufer, sondern von der Kommandobrücke, unter dir war ein weißes Deck zu sehen und hinten, am Heck, noch eine Brücke, aber niedriger. Und am Ufer stand nicht dieses Weib, sondern ein Panzer, und du hast unter seinen Turm gezielt. Weißt du Grünschnabel, was es bedeutet, wenn eine Granate unter den Turm trifft? Massaraksch«, zischte er und zerdrückte den Stummel auf dem Tisch.
    »Ich verstehe nicht«, entgegnete Maxim kalt. »Nie im Leben habe ich auf etwas gezielt.«
    »Wie kannst du das wissen? Du erinnerst dich doch nicht, Anwärter Sim.«
    »Ich erinnere mich, nicht gezielt zu haben.«
    »Herr Rittmeister.«
    »Ich erinnere mich, nicht gezielt zu haben, Herr Rittmeister. Und ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
    Gai kam zurück, in Begleitung zweier Anwärter. Sie legten den Verhafteten die schweren Handschellen an.
    »Sind doch auch Menschen«, krächzte plötzlich der Rittmeister. »Haben Frauen und Kinder. Haben jemanden geliebt, jemand hat sie geliebt.«
    Augenscheinlich wollte er Maxim verhöhnen, der aber erwiderte offen: »Ja, Herr Rittmeister. Wie sich zeigt, sind es auch Menschen.«
    »Hast du das nicht erwartet?«

    »Nein, Herr Rittmeister.« Aus den Augenwinkeln sah er, dass Gai ihn erschrocken anschaute. Doch ihm war schon ganz schlecht vom Lügen, und er fuhr fort: »Ich dachte, es sind tatsächlich Missgeburten. Etwas wie nackte gefleckte … Tiere.«
    »Nackter gefleckter Dummkopf!«, schnauzte der Rittmeister in wichtigem Ton. »Hinterwäldler! Bist hier nicht im Busch. Hier sind sie wie Menschen. Liebe, gute Menschen, denen bei starker Erregung fürchterlich das Köpfchen schmerzt … Tut dir der Kopf weh, wenn du aufgeregt bist?«, fragte er unvermittelt.
    »Mir tut nie etwas weh, Herr Rittmeister«, antwortete Maxim. »Und Ihnen?«
    »Waas?«
    »Sie wirken so gereizt«, sagte Maxim, »dass ich dachte …«
    »Herr Rittmeister«, rief Gai mit schriller Stimme. »Gestatten zu melden. Die Gefangenen sind bei Bewusstsein.«
    Der Rittmeister warf ihm einen Blick zu und grinste. »Reg dich nicht auf, Korporal. Dein Freund hat sich heute als Gardist bewährt. Wäre er nicht, hätte Rittmeister Tschatschu jetzt eine Kugel in der Rübe.« Er griff sich ein drittes Stäbchen, hob die Augen zur Decke und stieß eine dicke Rauchfahne aus. »Hast einen guten Riecher, Korporal. Auf der Stelle könnte ich diesen Burschen zum Soldaten ernennen! Massaraksch, zum Offizier würde ich ihn befördern. Er hat Brigadegeneralsallüren, stellt Offizieren gern Fragen. Ich verstehe dich gut, Korporal; dein Bericht war begründet. So dass wir … mit der Beförderung zum Offizier warten.« Tschatschu stand auf, ging mit schweren Schritten um den Tisch herum und baute sich vor Maxim auf. »Nicht mal Soldat wird er vorerst. Er ist ein guter Kämpfer, doch ein Grünschnabel, ein Hinterwäldler. Erst mal erziehen wir ihn … Achtung!«, brüllte er plötzlich. »Korporal Gaal, die Verhafteten abführen! Soldat Pandi und Anwärter Sim nehmen mein Bild und alles Papierne und bringen es zu mir in den Wagen!«

    Er drehte sich um und verließ das Zimmer. Gai warf Maxim vorwurfsvolle Blicke zu, sagte aber nichts. Mit Fußtritten und Faustschlägen brachten die Gardisten die Festgenommenen auf die Beine und führten sie ab. Sie leisteten keinen Widerstand, schienen aus Watte; sie taumelten und ihre Knie knickten ein. Der massige Mann, der im Flur geschossen hatte, stöhnte laut und fluchte dann flüsternd. Die Frau bewegte still die Lippen. In ihren Augen lag ein seltsames Glitzern.
    »He, Mak«, sagte Pandi, »hol die Decke da vom Bett und wickle die Bücher rein. Sollte sie nicht reichen, nimmst du noch das Laken. Wenn alles zusammengepackt ist, bringst du es runter, ich trage das Bild. Und vergiss deine MP nicht, du Hohlkopf. Wunderst dich wohl,

Weitere Kostenlose Bücher