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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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nicht, sondern saß direkt hinter dem Draht auf der Erde, hielt den Kopf in den Händen und schwankte mit dem Oberkörper hin und her. Maxim stürzte zu ihm, zerrte ihm die Hände vom Gesicht,
sah hervorgequollene Augen und Speichel auf den Lippen. Und noch immer keine Schüsse. Eine Ewigkeit war vergangen, aber der Bunker schwieg.
    Und dann, plötzlich, grölten die Stimmen los, und Maxim hörte das bekannte Marschlied der Soldaten …
    Maxim warf den Grünen über die Schulter und kramte mit der freien Hand in seiner Tasche. Er war froh, dass der General Vorsicht genug besessen hatte, auch ihm, Maxim, für alle Fälle ein paar Schmerztabletten zuzustecken. Er drückte die verkrampften Kiefer des Grünen auseinander und schob ihm die Pillen tief in den röchelnden Rachen. Dann griff er die Maschinenpistole und drehte sich zum Bunker, um festzustellen, woher das Licht kam, warum es so hell war; denn so hell durfte es gar nicht sein. Noch immer schoss niemand, die Menschen rannten weiter, einer war schon fast am Bunker, ein anderer etwas weiter zurück, und der dritte, weiter rechts, stolperte plötzlich in vollem Lauf und fiel kopfüber hin. »Oh, wie heult der Feind …«, grölten sie im Bunker. Das Licht strahlte von oben, aus etwa zehn Metern Höhe - wahrscheinlich vom Turm, den man jetzt nicht sehen konnte. Fünf oder sechs grelle, weißblaue Scheiben waren dort oben; Maxim riss die Maschinenpistole hoch, drückte auf den Abzug, und die selbst gebaute Waffe - klein, unbequem und ungewohnt in seinen Händen - ratterte los. Wie als Antwort flammten rote Blitze aus der Schießscharte des Bunkers. Doch dann, er hatte noch keine der leuchtenden Scheiben getroffen, wurde ihm plötzlich die Maschinenpistole aus der Hand entrissen; der Grüne stürmte mit ihr davon, fiel jedoch gleich wieder hin - auf ebener Fläche.
    Maxim ließ sich zu Boden fallen und robbte zurück zu seinem Sack. Hinter ihm knatterten die Maschinenpistolen, dröhnte laut und furchterregend ein Maschinengewehr, schlug - endlich! - eine Granate ein, eine weitere, dann zwei auf einmal. Das Maschinengewehr verstummte, nur die Maschinenpistolen
belferten weiter; gleich darauf wieder Explosionen, jemand heulte unmenschlich auf - und Stille. Maxim packte den Sack und lief los.
    Über dem Bunker stieg eine Rauchsäule auf, der Geruch von Brand und Pulver breitete sich aus. Ringsum war es hell und leer, einsam schleppte sich eine rußschwarze Gestalt, gekrümmt und an die Wand gestützt, dicht am Bunker entlang, erreichte mit Mühe die Schießscharte, schleuderte etwas hinein und sank nieder. Rotes Feuer flammte auf, ein Knall - und wieder wurde es still.
    Maxim stieß gegen eine Unebenheit und wäre fast gefallen. Nach einigen Schritten stolperte er wieder; erst jetzt merkte er, dass im Gras versteckt kurze dicke Pflöcke aus dem Boden ragten. So war das also … So also war das hier. Hätte der General ihn allein gehen lassen, hätte er sich schnell beide Beine zerschmettert und läge jetzt tot auf diesen hinterhältigen Stutzen. Ein Angeber war er, ein Ignorant. Der Turm war schon ganz nah. Er lief auf ihn zu und blickte dabei immer vor seine Füße. Er war allein. An die anderen wollte er nicht denken.
    Er rannte bis zu einem der mächtigen Eisenpfeiler und warf den Sack ab. Am liebsten hätte er die schwere raue Scheibe gleich an das feuchte Metall geheftet, aber da war ja noch der Schutzbunker. Dessen eiserne Tür stand halb offen, träge züngelten die Flammen heraus, auf den Stufen lag ein Gardist, tot - hier war alles vorbei. Maxim ging um den Bunker herum und stieß auf den General. Er saß an die Betonwand gelehnt, starrte irr vor sich hin, und Maxim begriff, dass die Wirkungsdauer der Tabletten überschritten war. Er blickte sich um, hob den General auf die Schulter und trug ihn vom Turm fort. Etwa zwanzig Schritte entfernt lag Ordi im Gras, eine Granate in der Hand. Ihr Gesicht wies nach unten, aber Maxim wusste, dass sie tot war. Er suchte weiter und fand den Förster, ebenfalls tot. Auch den Grünen hatten
sie erschossen - es gab also keinen, zu dem man den noch lebenden General hätte legen können.
    Maxim ging über das Feld, folgte seinem vielfachen schwarzen Schatten, und war wie betäubt von all dem Tod, obwohl er noch vor einer Minute gemeint hatte, auf ihn vorbereitet zu sein. Er konnte es nicht erwarten, zurückzukehren und den Turm zu sprengen, das zu vollenden, was die anderen begonnen hatten. Doch vorher musste er wissen, was mit

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