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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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sollte man einebnen, der Mensch wieder in Einklang
mit der Natur leben (irgendein Romantiker aus dem Stab), und all dies könne man nur erreichen durch den unbedingten Gehorsam gegenüber den vorgesetzten Kommandeuren und möglichst wenig Gerede über abstraktes Zeug. Zweimal war Maxim mit ihm aneinandergeraten. Er konnte nicht begreifen, weshalb man einen Turm zerstören und dabei tapfere Kameraden, Zeit, Geld und Waffen verlieren sollte, wenn er ja doch zehn, zwanzig Tage später wieder aufgebaut und alles wie vorher sein würde - mit dem einzigen Unterschied, dass sich die Einwohner der umliegenden Dörfer nun mit eigenen Augen davon überzeugt hatten, dass die Entarteten miese, skrupellose Verbrecher waren. Trotz aller Mühe gelang es dem General nicht, Maxim vom Sinn dieser subversiven Angriffe zu überzeugen. Entweder verheimlichte er etwas, oder er verstand den Sinn selbst nicht. Jedenfalls wiederholte er ständig ein und dasselbe: Befehle werden nicht diskutiert; jeder Überfall auf einen Turm ist ein Schlag gegen den Feind; man soll die Leute nicht von den Angriffen zurückhalten, sonst gärt der Hass in ihnen, und es lohnt sich überhaupt nicht mehr für sie zu leben. »Man muss die Zentrale finden«, beharrte Maxim. »Da hinein muss man treffen, mit allen Kräften gleichzeitig! Was habt ihr im Stab für Leute, dass sie so elementare Dinge nicht verstehen!« - »Der Stab weiß, was er tut.« Der General reckte gewichtig das Kinn und zog die Brauen hoch. »In unserer Situation geht Disziplin über alles, lass den bäuerischen Eigensinn, Mak! Alles zu seiner Zeit, du wirst deine Zentrale kriegen, wenn du bis dahin noch lebst.« Im Allgemeinen aber schätzte der General Maxim sehr und nahm seine Dienste gern in Anspruch, wenn ihn die Strahlen im Keller des Försters quälten.
    »Ich bin trotzdem dagegen«, sagte Memo stur. »Wenn wir nun unter Beschuss geraten? Oder es in fünf Minuten nicht schaffen, sondern sechs brauchen? Ein wahnwitziger Plan, er war immer wahnwitzig.«
    »Wir verwenden zum ersten Mal gestreckte Ladungen.« Der General löste mühsam seinen Blick von Ordi. »Würden wir uns für die bisherige Durchbruchsstrategie entscheiden, wäre das Schicksal der Operation in drei, vier Minuten besiegelt. Überrumpeln wir aber die Wache, haben wir eine oder zwei Minuten mehr Reserve.«
    »Zwei Minuten sind viel«, sagte der Förster. »In zwei Minuten zerquetsche ich alle mit bloßen Händen. Ich muss nur an sie rankommen.«
    »Rankommen … Das wär was …« Der Grüne dehnte die Worte, in seiner Stimme lagen Drohung und Verträumtheit. »Hab ich Recht, Mak?«
    Nun drängte auch der General. »Willst du noch etwas sagen, Mak?«
    »Das habe ich bereits getan«, erwiderte Maxim. »Der neue Plan ist besser als der alte, aber trotzdem schlecht. Lasst mich alles allein machen. Versucht es.«
    »Fangen wir nicht wieder davon an.« Der General wurde ärgerlich. »Diese Sache ist ausdiskutiert. Hast du noch vernünftige Vorschläge?«
    »Nein.« Maxim bedauerte schon, sich überhaupt am Gespräch beteiligt zu haben.
    »Woher sind die neuen Tabletten?«, meldete sich plötzlich Memo.
    »Die Tabletten gab es schon vorher«, antwortete der General, »aber Mak hat es geschafft, sie ein wenig zu verbessern.«
    »Aha, Mak … War es also seine Idee?«
    Klaue sagte das in einem Ton, der alle peinlich berührte; denn man konnte ihn so verstehen: Ein Neuer, der noch nicht einmal richtig zu ihnen gehörte und von der gegnerischen Seite übergelaufen war - roch das nicht nach Hinterhalt? Solche Fälle gab’s …
    »Nein!«, entgegnete der General scharf. »Es ist eine Idee des Stabs. Und jetzt füge dich gefälligst, Klaue.«

    »Ich füge mich.« Memo zuckte mit den Schultern und schnitt eine Grimasse. »Ich bin dagegen, doch ich füge mich. Was bleibt mir auch anderes übrig.«
    Bekümmert blickte Maxim in die Runde. Da saßen sie vor ihm und waren so verschieden - nicht im Traum wären sie unter normalen Umständen zusammengekommen: der frühere Landwirt, der ehemalige Kriminelle, die ehemalige Lehrerin. Was sie vorhatten, war sinnlos. In wenigen Stunden würden einige von ihnen tot sein, und nichts würde sich verändert haben. Diejenigen, die überlebten, würden vielleicht eine Atempause gewinnen vor den nächsten Qualen; aber sie würden verwundet sein, von der Flucht entkräftet, sich in stickigen Löchern verstecken müssen, man würde sie mit Hunden jagen … Und danach würde alles wieder von vorn beginnen.

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