Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
Vom Netzwerk:
Klaue war. Er fand ihn direkt neben dem Drahtwall. Memo war verwundet, sicher hatte er versucht, davonzukriechen, und war bis zum Zaun gekommen, als er bewusstlos zusammenbrach. Maxim legte den General neben ihn auf den Boden und wandte sich wieder zum Turm. Es berührte ihn merkwürdig, diese unglückseligen zweihundert Meter jetzt ruhig, ohne etwas befürchten zu müssen, zurücklegen zu können.
    Er machte sich daran, die Minen an den Stützpfeilern zu befestigen, sicherheitshalber jeweils zwei. Zeit hatte er, doch er beeilte sich trotzdem: Der General war am Verbluten, und auch Memo blutete stark, und irgendwo rasten schon Lastwagen mit Gardisten die Chaussee entlang. Gai war alarmiert worden und wurde jetzt neben Pandi über das Kopfsteinpflaster geschüttelt. Auch in den umliegenden Dörfern waren die Leute erwacht: Männer griffen nach Äxten und Flinten, Kinder weinten, und Frauen verfluchten die blutrünstigen Spione, deretwegen man weder Schlaf noch Ruhe fand. Maxim konnte geradezu spüren, wie die schwarze, verregnete Nacht um ihn herum langsam zum Leben erwachte, sich regte, wie sie bedrohlich wurde und gefährlich.
    Die Zeitzünder waren auf fünf Minuten eingestellt, er schaltete sie der Reihe nach ein und wollte zum General und Memo laufen. Aber etwas hielt ihn zurück, er blieb stehen, blickte umher und begriff: Ordi. Im Laufschritt rannte er zu ihr, aufmerksam auf den Weg schauend, um nicht zu stolpern, warf sich ihren leichten Körper über die Schulter und kehrte,
wieder im Laufschritt und mit zu Boden gerichtetem Blick zurück zum Drahtwall, zum nördlichen Durchgang, wo der General und Memo lagen. Nun brauchten sie nicht mehr lange zu leiden. Maxim blieb neben ihnen stehen und drehte sich um.
    Und da erfüllte sich der sinnlose Traum der Untergrundkämpfer. In schneller Folge krepierten die Minen, der Fuß des Turms wurde vom Rauch verhüllt. Dann erloschen die grellen Lichter, undurchdringliche Dunkelheit breitete sich aus, es knirschte, donnerte, die Erde bebte, wurde mit Getöse emporgeschleudert, dann bebte sie wieder.
    Maxim schaute auf die Uhr. Siebzehn Minuten nach zehn. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, er konnte wieder den zerrissenen Draht erkennen, und er sah auch den Turm. Mit gespreizten, von den Explosionen verunstalteten Stützen lag er nun seitlich des Bunkers, wo es immer noch brannte.
    »Wer ist da?«, röchelte der General und begann sich zu regen.
    »Ich«, sagte Maxim. Er beugte sich hinab. »Wir müssen weg. Wo hat es Sie erwischt? Können Sie gehen?«
    »Warte«, erwiderte der General. »Was ist mit dem Turm?«
    »Der ist erledigt«, sagte Maxim. Ordi lag noch immer über seiner Schulter, und er wusste nicht, wie er es ihm beibringen sollte.
    »Nicht möglich.« Der General erhob sich leicht. »Massaraksch! Tatsächlich?« Er lachte und legte sich wieder hin. »Hör mal, Mak, ich kapiere überhaupt nichts … Wie spät ist es?«
    »Zwanzig nach zehn.«
    »Also stimmt es. Wir haben ihn gesprengt. Bist ein toller Kerl, Mak. Warte mal, wer ist neben mir?«
    »Klaue«, antwortete Maxim.
    »Er atmet«, stellte der General fest. »Warte mal, und wer ist noch am Leben? Wen hast du da?«

    »Ordi«, sagte Maxim mühsam.
    Einige Sekunden schwieg der General.
    »Ordi«, wiederholte er unsicher und stand schwankend auf. »Ordi«, sagte er noch einmal und legte die Hand an ihre Wange.
    Eine Zeit lang schwiegen sie. Dann fragte Memo heiser: »Wie spät ist es?«
    »Zweiundzwanzig nach«, antwortete Maxim.
    »Wo sind wir?«
    »Wir müssen weg«, drängte Maxim.
    Der General drehte sich um und stieg durch das Loch im Draht. Er wankte stark. Maxim bückte sich, lud sich den schweren Memo auf die andere Schulter und ging hinterher. Er holte den General ein. Der blieb stehen.
    »Nur die Verwundeten«, sagte er.
    »Ich schaffe das«, entgegnete Maxim.
    »Befolge den Befehl! Nur Verwundete!«
    Der General streckte die Hände aus und hob, stöhnend vor Schmerz, Ordis Körper von Maxims Schulter. Er konnte ihn nicht halten und legte ihn sofort wieder auf die Erde.
    »Nur Verwundete«, flüsterte er mit merkwürdiger Stimme. »Im Laufschritt - Marsch!«
    »Wo sind wir?«, fragte Memo. »Wer ist alles hier? Wo sind wir?«
    »Halten Sie sich an meinem Gürtel fest«, sagte Maxim zum General und lief los.
    Memo schrie kurz auf, dann wurde sein Körper schlaff. Sein Kopf baumelte, die Arme baumelten, und die Beine schlugen Maxim beim Laufen in den Rücken. Der General folgte ihnen

Weitere Kostenlose Bücher