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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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ja schwarz wie der Teufel, wo treibst du dich bloß rum.«
    Maxim stand auf und fing an sich auszuziehen. Er warf das nasse schmutzige Hemd auf den Boden (Gai sah die Narben von den Schüssen und schluckte) und streifte angewidert die unvorstellbar schlammigen Stiefel und Hosen ab. Alle Sachen waren voller schwarzer Flecken, und sie nicht mehr am Körper tragen zu müssen, war eine Erleichterung.
    »Jetzt geht es mir besser«, sagte er und setzte sich wieder. »Danke, Gai. Ich bleibe nicht lange, nur bis zum Morgen, dann verschwinde ich.«

    »Hat der Hausmeister dich gesehen?«, fragte Gai düster.
    »Er hat geschlafen.«
    »Geschlafen«, wiederholte Gai zweifelnd. »Weißt du, er … Aber vielleicht hat er wirklich geschlafen. Irgendwann muss er ja mal …«
    »Warum bist du zu Hause?«, erkundigte sich Maxim.
    »Beurlaubt.«
    »Wieso gibt es jetzt Urlaub? Die ganze Garde ist doch sicher im Wald.«
    »Ich bin kein Gardist mehr.« Gai lächelte schief. »Sie haben mich gefeuert, Mak. Haben mich zum einfachen Armeekorporal gemacht, der den Dorftrotteln beibringt, welches das rechte und welches das linke Bein ist. Und haben sie’s endlich begriffen - dann ab an die hontianische Grenze, in die Schützengräben. So steht’s bei mir, Mak.«
    »Meinetwegen?«, fragte Maxim leise.
    »Wie soll ich sagen. Im Prinzip, ja.«
    Ihre Blicke trafen sich, und Gai wandte die Augen ab. Maxim fiel plötzlich ein, dass Gai, wenn er ihn jetzt verriete, wahrscheinlich in die Garde zurückkönnte und auch sein Offiziers-Fernstudium wieder aufnehmen dürfte. Und weiter dachte er, dass ihm noch vor zwei Monaten ein solcher Gedanke nicht gekommen wäre. Ihm wurde unbehaglich. Am liebsten wäre er gegangen, sofort, auf der Stelle, doch da erschien Rada und rief ihn ins Badezimmer. Während er sich wusch, bereitete sie ihm etwas zu essen und wärmte den Tee. Gai saß immer noch auf seinem Platz, den Kopf in die Hände gestützt, auf seinem Gesicht lag Schwermut. Er stellte keine Fragen. Sicher fürchtete er, entsetzliche Antworten zu hören, die seine letzte Abwehrkraft zerstören, den letzten Faden zerreißen könnten, der ihn noch mit Maxim verband. Auch Rada fragte nichts - ihr war nicht danach zumute. Sie ließ kein Auge von ihm, hielt fest seine Hand und schluchzte ab und zu vor Angst, der geliebte Mensch könnte wieder verschwinden.
Verschwinden und nie mehr zurückkommen. Da schob Maxim, weil wenig Zeit blieb, die nur halb ausgetrunkene Tasse Tee beiseite und fing an zu erzählen.
    Davon, wie ihm die Mutter der Terroristin half, wie er mit den Entarteten zusammentraf, wer sie wirklich waren, warum sie Entartete hießen und was die Türme darstellten - diese abscheuliche, teuflische Erfindung. Davon, was in der Nacht geschehen war, wie die Menschen in das Maschinengewehrfeuer gelaufen und einer nach dem anderen umgekommen war, wie dieser scheußliche Haufen feuchten Eisens zusammenstürzte und wie er, Maxim, die tote Frau wegtrug, der man das Kind genommen und den Mann gemordet hatte.
    Rada hörte aufmerksam zu. Auch Gai zeigte schließlich Interesse und stellte sogar Fragen. Aber sie waren boshaft, dumm und grausam. Und Maxim wurde klar, dass Gai ihm kein Wort glaubte, dass Gais Bewusstsein das alles von sich stieß wie Fett das Wasser. Dass es ihm unangenehm war, diese Dinge zu hören und er sich nur mit Mühe zurückhielt, Maxim über den Mund zu fahren. Und als Maxim geendet hatte, lächelte er verkrampft.
    »Da haben sie dich schön um den Finger gewickelt!«
    Maxim sah Rada an, doch sie blickte beiseite, kaute an ihrer Lippe und flüsterte unschlüssig: »Ich weiß nicht. Vielleicht gab es einen solchen Turm, aber verstehst du, Mak, was du erzählst, kann einfach nicht sein. Das sind doch Raketenabwehrtürme.«
    Sie sagte es stockend, offensichtlich bemüht, ihm nicht wehzutun, sah ihn jetzt an und streichelte seine Schulter. Gai aber geriet plötzlich in Wut. Er rief, das alles sei doch Unsinn, Maxim könne sich gar nicht vorstellen, wie viele solcher Türme im Land stünden, wie viele jährlich, ja täglich hinzukämen - würde man etwa in diesem armen Land Milliarden und Abermilliarden einzig dafür ausgeben, um zweimal am Tag ein klägliches Häufchen von Entarteten zu ärgern?!

    »Was allein die Sicherungsmaßnahmen kosten«, ergänzte er nach einer Pause.
    »Darüber habe ich auch nachgedacht«, pflichtete ihm Maxim bei. »Vermutlich ist das alles wirklich nicht so einfach. Doch das Geld der Hontianer hat nichts damit zu

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