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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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tiefstmögliche Punktur mit Durchdringung der Nervenganglien (Reaktion paradox, der Untersuchte schläft ein). B. Chemobehandlung der Nervenknoten mit Alkaloiden und Laugen (Reaktion analog). C. Lichtkammer (keine Reaktion, der Untersuchte zeigt Verwunderung). D. dampfthermische Kammer (Gewichtsverlust ohne unangenehme Empfindungen). Damit mussten wir die forcierten Methoden einstellen.« Brrr … Das ist ein Schrieb! Der Wanderer hat Recht: Er ist ein Mutant. Normale Menschen halten das nicht aus. Es soll ja positive Mutationen geben, wenn auch selten. Das wäre die Erklärung, nicht für die Hose, allerdings. Hosen mutieren ja nicht, soviel ich weiß.
    Er nahm das nächste Blatt. Es war uninteressant: die Aussage des Direktors vom Spezialstudio. Eine idiotische Einrichtung!
Zeichnen die Fantastereien aller möglichen Psychopathen auf, zum Spaß des hochverehrten Publikums. Ich weiß noch, Kalu der Spitzbube hatte sich das ausgedacht, aber der war selber ein bisschen … Dass dieses Studio überhaupt noch existiert. Den Spitzbuben gibt es längst nicht mehr, aber seine Wahnsinnsidee blüht weiter. Aus den Darlegungen des Direktors folgt, dass Sim ein Musterobjekt war und es äußerst wünschenswert wäre, ihn zurückzubekommen. Stop, stop, stop! Was ist das? »Gemäß Weisung Nummer soundso vom Soundsovielten dem Departement für Spezialuntersuchungen überstellt.« Und die Weisung ist von Fank unterzeichnet. Dem Staatsanwalt ging ein Licht auf. Fank, Wanderer, hier hast du, nein, ziehen wir keine voreiligen Schlüsse. Um sich zu beruhigen, zählte er bis dreißig und griff nach dem nächsten Bogen, besser gesagt, einem dicken Packen Papier. »Auszug aus dem Protokoll der ethnolinguistischen Spezialkommission zur Überprüfung der Theorie von der Gebirgsherkunft M. Sims.«
    Zerstreut begann er zu lesen, dachte dabei noch an Fank und den Wanderer, und dann, ganz unerwartet, begann ihn das Papier zu interessieren. Es war eine Studie, in der alle Hinweise, Aussagen und Augenzeugenberichte, die in dieser oder jener Hinsicht die Frage nach der Herkunft Mak Sims berührten, zusammengetragen und ausgewertet waren: anthropologische, ethnografische, linguistische Daten und ihre Analyse, Untersuchungsergebnisse von Fonogrammen, Mentogrammen und Zeichnungen des Gefangenen. Alles das las sich wie ein Roman, trotz der knappen, vorsichtig formulierten Schlüsse. Die Kommission zählte Mak Sim zu keiner der bisher bekannten ethnischen Gruppen, die den Kontinent bewohnten. (Gesondert wurde die Meinung des namhaften Paläanthropologen Schapschu angeführt, der im Schädelbau des Häftlings große Ähnlichkeit, jedoch keine Identität mit dem fossilen Schädel des sogenannten Altmenschen, der vor
mehr als hundertfünfzigtausend Jahren den Archipel bewohnte, entdeckt haben wollte.) Die Kommission betonte, der Untersuchungsgefangene sei zum gegebenen Zeitpunkt psychisch normal, räumte aber ein, er könne in jüngster Vergangenheit an einer Erscheinungsform von Amnesie in Verbindung mit intensiver Verdrängung des wirklichkeitsgetreuen Gedächtnisses durch Fantasmen gelitten haben. Sie unternahm eine linguistische Analyse der Fonogramme, die im Archiv des Spezialstudios aufbewahrt werden, und kam zu dem Schluss, dass die ursprüngliche Sprache des zu Beurteilenden keiner Gruppe der bekannten lebenden oder toten Sprachen zugeordnet werden könne. In diesem Zusammenhang hielt man es für möglich, dass sie ein Phantasieprodukt (eine sogenannte Fischsprache) gewesen sei. Dies umso mehr, als er sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wie er ausdrücklich behaupte, nicht mehr an sie erinnere. Die Kommission wagt keine eindeutige Einschätzung, neigt aber zu der Annahme, in der Person M. Sims mit einem Mutanten bisher unbekannten Typs zu tun zu haben. Kluge Köpfe haben die guten Einfälle gleichzeitig, dachte der Staatsanwalt neidisch und überflog schnell das »Votum separatum des Kommissionsmitglieds Professor Porromowarrui«. Der Professor, seiner Herkunft nach selbst Gebirgler, erinnerte an die Existenz des legendenumwobenen Landes Sartak im Innern der Berge, das vom Stamm der Vogelfänger bewohnt werde. Der Stamm sei bis zum heutigen Tag nicht ins Blickfeld der Ethnografie gerückt. Die zivilisierten Bergbewohner jedoch schrieben ihm magische Kräfte und die Fähigkeit zu, ohne Hilfe eines Apparates zu fliegen. Die Vogelfänger, so werde erzählt, seien von außerordentlich hohem Wuchs, verfügten über gewaltige physische Kraft und

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