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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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abgewehrt, einer der Täter wurde während des Schusswechsels schwer verwundet und starb, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Die Leiche wurde nicht identifiziert, die Untersuchung eingestellt.«
    »Wer steckt dahinter?«
    »Das konnte nicht geklärt werden. Der offizielle Untergrund hat mit der Sache nichts zu tun.«
    »Vermutungen?«
    »Möglicherweise waren es Terroristen, die versuchten, den Verurteilten Dek Pottu, genannt ›General‹, zu befreien; er ist bekannt für seine engen Kontakte zum linken Flügel.«
    Der Staatsanwalt warf den Hörer auf. Es konnte natürlich so sein. Oder aber ganz anders. Blättern wir noch einmal durch. Die Südgrenze, dieser Schwachkopf von einem Rittmeister, die Hose, läuft mit einem Mann auf den Schultern, der radioaktive Fisch, siebenundsiebzig Einheiten, Reaktion auf die A-Strahlung, Chemobeeinflussung der Nervenganglien, stopp! Die Reaktion auf die A-Strahlung: »Die Reaktion auf die A-Strahlung: null in beiderlei Hinsicht.« Null. In beiderlei Hinsicht. Der Staatsanwalt presste sich die Faust auf das wild klopfende Herz. Ich Idiot! Null in beiderlei Hinsicht!
    Er griff noch einmal zum Telefon: »Koh! Bereiten Sie sofort alles für einen Sonderkurier mit Eskorte vor. Einen Sonderwaggon, Richtung Süden. Oder nein! Meine Elektrodraisine. Massaraksch!« Er fasste in das Geheimfach und schaltete die Aufzeichnungsapparaturen aus. »Handeln Sie!«
    Die linke Hand noch immer auf der Brust, zog er einen seiner Briefbögen aus der Schreibmappe und fing an, schnell, und doch gut leserlich zu schreiben. »Staatsangelegenheit. Streng geheim. An den Generalkommandeur des Sonderbezirks
Süd. Unter spezielle persönliche Verantwortung zum dringenden strikten Vollzug. Der Strafgefangene Mak Sim, Nummer 6983, ist dem Überbringer dieses Schreibens unverzüglich zu übergeben. Vom Moment der Übergabe an ist der Zögling Mak Sim als vermisst zu betrachten, worüber entsprechende Dokumente in die Archive zu geben sind. Der Generalstaatsanwalt.«
    Er nahm einen zweiten Bogen. »Anweisung. Hiermit befehle ich allen Dienstgraden der militärischen, zivilen und Eisenbahnverwaltung, dem Inhaber dieses Schreibens, einem Sonderkurier der Generalstaatsanwaltschaft und seinem Geleitschutz, Unterstützung der Kategorie EXTRA zu gewähren. Der Generalstaatsanwalt.«
    Er trank sein Glas aus, schenkte nach und begann, langsam und jedes Wort bedenkend, auf einem dritten Blatt: »Lieber Wanderer! Eine dumme Geschichte! Wie ich soeben erfahren habe, ist das dich interessierende Material verschollen, wie das ja oft passiert im südlichen Dschungel.«

VIERTER TEIL
    Sträfling

13
    Vom ersten Schuss barst eine der Ketten, und zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren geriet der eiserne Drache aus seiner eingefahrenen Spur. Er durchpflügte den Beton, brach in das Dickicht ein und drehte sich langsam auf der Stelle, schob die zitternden Bäume beiseite und stemmte die breite Front gegen das knickende Buschwerk. Und als der Drache ihnen sein mächtiges Heck mit dem Eisenblech und den rostigen Nieten zuwandte, jagte ihm Sef eine Sprengladung in den Motor, sehr sorgfältig und genau, um nur, Gott behüte, den Reaktor nicht zu treffen. Der Drache ächzte eisern, stieß glühende Rauchschwaden aus der Kupplung und blieb stehen - für immer. Etwas aber schien in seinem gepanzerten Inneren noch zu leben: Alarmsysteme schalteten sich ein und wieder aus, fauchten und spien Schaum. Er bebte schwach, scharrte mühsam mit der einen verbliebenen Kette, hob und senkte furchtbar, wenn auch vergebens, wie das Hinterteil einer zerquetschten Wespe, das lädierte Gitterrohr der Raketenstartrampe. Einige Sekunden verfolgte Sef diese Agonie, dann machte er kehrt und ging in den Wald. Den Granatwerfer schleifte er am Riemen hinter sich her. Maxim und Wildschwein folgten ihm und gelangten auf eine stille Wiese, die Sef sich wohl schon auf dem Herweg gemerkt hatte. Sie
ließen sich ins Gras fallen, und Sef sagte: »Rauchen wir eine.«
    Er drehte dem Einarmigen eine Zigarette, gab ihm Feuer und steckte auch sich eine an. Maxim lag auf dem Bauch, das Kinn in die Hände gestützt, und beobachtete noch immer, wie hinter den vereinzelt stehenden Bäumen der Eisendrache starb, die letzten Zahnräder kläglich kreischten und den zerfetzten Eingeweiden pfeifend radioaktiver Dampf entströmte.
    »So macht man das, nur so«, dozierte Sef. »Versuchst du’s anders, reiß ich dir die Ohren ab.«
    »Warum?«, fragte Maxim. »Ich wollte

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