Gesammelte Werke 1
Ausdauer, und ihr Teint schimmere goldbraun. Alles das stimme auffällig mit den physischen Besonderheiten M. Sims überein. Der Staatsanwalt fuhr mit seinem Bleistift über die Ausführungen des Professor Poor … und so weiter, legte ihn
dann aus der Hand und sagte laut: »In dieses Bild könnte auch die Hose passen … die nicht brennbare Hose.«
Er aß noch eine Beere und griff nach dem nächsten Bogen. »Auszug aus dem Stenogramm des Gerichtsprozesses«. Hm, wozu denn das? » Staatsanwalt: Sie leugnen nicht, ein gebildeter Mensch zu sein? Angeklagter: Ich habe Bildung, doch von Geschichte, Soziologie und Ökonomie verstehe ich sehr wenig. Staatsanwalt: Keine falsche Bescheidenheit! Kennen Sie dieses Buch? Angeklagter: Ja. Staatsanwalt: Haben Sie es gelesen? Angeklagter: Selbstverständlich. Staatsanwalt: Zu welchem Zweck haben Sie sich in Untersuchungshaft mit der Lektüre der Monografie ›Tensorrechnung und moderne Physik‹ befasst? Angeklagter: Ich verstehe nicht ganz … zum Vergnügen, zum Zweck der Unterhaltung, wenn’s recht ist. Es gibt dort sehr lustige Passagen. Staatsanwalt: Ich denke, dem Gericht ist klar, dass nur ein überaus gebildeter Mensch eine so spezielle Abhandlung zum Vergnügen und zur Unterhaltung liest.« Was ist das für ein Unsinn? Warum ist es bei den Unterlagen? Und weiter? Massaraksch, immer noch der Prozess. » Verteidiger: Ist Ihnen bekannt, welche Mittel die Unbekannten Väter zur Überwindung der Kinderkriminalität aufwenden? Angeklagter: Ich verstehe nicht ganz. Was ist ›Kinderkriminalität‹? Verbrechen an Kindern? Verteidiger: Nein. Verbrechen, die von Kindern verübt werden. Angeklagter: Das verstehe ich nicht. Kinder können doch keine Verbrechen verüben.« Hm, komisch. Und was steht da zum Schluss? » Verteidiger: Ich hoffe, es ist mir gelungen, dem Gericht die Naivität meines Mandanten zu beweisen, die hinsichtlich alltäglicher Lebensfragen bis zum Idiotismus reicht. Mein Mandant ist gegen den Staat vorgegangen, ohne von ihm die geringste Vorstellung zu haben. Begriffe wie Kinderkriminalität, Wohltätigkeit, Sozialbeihilfe sind ihm fremd.« Der Generalstaatsanwalt lächelte und legte das Blatt beiseite. Alles klar. Wirklich, ein merkwürdiges Zusammentreffen: Mathematik und
Physik zum Vergnügen, aber elementare Dinge nicht wissen. Wie ein verschrobener Professor aus einem schlechten Roman.
Er sah noch einige Seiten durch. Ich begreife nicht, Mak, weshalb du dich so an dieses Weibchen klammerst, wie heißt sie doch? Rada Gaal. Euch verbindet keine Liebesbeziehung, du bist ihr zu nichts verpflichtet, und ihr beide habt keine Gemeinsamkeiten: Dieser Dummkopf von einem Staatsanwalt versucht ganz vergeblich, ihr Verbindungen zum Untergrund zu unterstellen. Aber ich habe den Eindruck, wenn es um sie geht, kann man dich zu allem bringen. Eine sehr nützliche Eigenschaft - für uns. Für dich hingegen ist das ziemlich unbequem. Jedenfalls laufen alle Aussagen darauf hinaus, dass du, Bruderherz, ein Sklave deines Wortes bist, überhaupt alles andere als flexibel. Ein Politiker würde nie aus dir. Muss auch nicht. Hm, Fotos. So also siehst du aus. Ein angenehmes Gesicht, wirklich, sehr angenehm. Etwas merkwürdige Augen. Wo hat man dich fotografiert? Auf der Anklagebank. Sieh mal an, frisch, munter, die Augen klar, ungezwungene Pose. Wo hat man dir nur beigebracht, so zwanglos zu sitzen, überhaupt, dich so zu halten; die Anklagebank ist wie mein Sessel, da sitzt man nicht ungezwungen. Interessanter Bursche. Übrigens ist das alles dummes Zeug, weil’s nicht darum geht.
Der Staatsanwalt stand vom Schreibtisch auf und ging im Zimmer auf und ab. Ihm war, als kitzle ihn etwas in seinem Gehirn, etwas erregte ihn, stachelte ihn an … Aber was war es? Ich habe etwas in dieser Mappe gefunden, etwas Wichtiges, etwas sehr Wichtiges. Fank? Ja, das ist von Bedeutung, weil der Wanderer Fank nur bei den allerwichtigsten Fällen einsetzt. Aber Fank ist nur die Bestätigung für etwas anderes. Aber wofür, die Hose? Unsinn … Ah! Das ist es. Ja, ja, das fehlt in der Mappe. Er nahm den Hörer.
»Koh! Wie war das mit dem Überfall auf den Geleitzug?«
»Er ereignete sich vor vierzehn Tagen«, sprudelte der Referent sofort heraus, als lese er einen vorbereiteten Text.
»Achtzehn Uhr dreiunddreißig erfolgte auf die Polizeifahrzeuge, die die Verurteilten der Vorgänge 6981 bis 6984 vom Gericht zum Stadtgefängnis überführten, ein bewaffneter Überfall. Der Angriff wurde
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