Gesammelte Werke 1
Waffen gibt es hier ja
genug - für hundert Armeen würden sie reichen. Haben in den zwanzig Jahren mächtig gelitten und sind zudem automatisch, aber ich werde sie schon herrichten. Traut mir Wildschwein wirklich nicht?, dachte er fast verzweifelt, griff dann nach dem Kochgeschirr und lief zurück zum Feuer.
Sef und Wildschwein schliefen nicht, sie lagen Kopf an Kopf und stritten leise, aber heftig. Als Sef Maxim erblickte, sagte er schnell: »Schluss jetzt!«, und erhob sich. Den gewaltigen roten Bart vorgereckt und die Augen aufgerissen, brüllte er los: »Wo treibst du dich rum, Massaraksch? Wer hat dir erlaubt, wegzurennen? Arbeiten müssen wir, sonst geben sie uns nichts zu fressen, dreiunddreißigmal Massaraksch!«
Und da geriet Maxim in Wut. Bestimmt zum ersten Mal im Leben fuhr er einen Menschen an, so laut er konnte: »Hol Sie der Teufel, Sef! Können Sie an nichts anderes denken als ans Essen? Den ganzen Tag hör ich von Ihnen: fressen, fressen, fressen! Ich gebe Ihnen meine Konserven, wenn es Sie so quält!«
Er warf das Kochgeschirr ins Gras, nahm seinen Rucksack und setzte ihn auf. Sef war von seinem Wutausbruch wie vor den Kopf geschlagen, setzte sich hin und blickte ihn verdutzt an. Dann gluckste er, schniefte und - brach in Gelächter aus. Der Einarmige stimmte ein, doch war das nur zu sehen, nicht zu hören. Zuletzt lachte auch Maxim, wenn auch ein wenig verlegen.
»Massaraksch!«, röchelte Sef schließlich. »Der hat ein Organ. Nein, Freundchen«, wandte er sich an Wildschwein, »denk an meine Worte. Aber eigentlich hatte ich gesagt: Schluss jetzt. Aufstehn!«, schrie er auf einmal los, »vorwärts, wenn ihr heute abend, ähm, fressen wollt …«
Und damit hatte es sich. Sie grölten noch ein wenig und lachten; dann wurden sie ernst und gingen weiter. Verbissen entschärfte Maxim Minen, brach Zwillings-MGs aus ihren Nestern, schraubte Sprengköpfe von Fliegerabwehrraketen,
die aus offenen Luken ragten, und wieder gab es ringsum Feuer, zischte Tränengas, rochen sie den furchtbaren Kadavergestank umherliegender Tiere, die von den Automaten erschossen worden waren. Sie wurden noch schmutziger, noch zerlumpter, noch grimmiger, und Sef trieb Maxim heiser an: »Vorwärts, vorwärts! Willst du fressen, dann vorwärts!«. Und Wildschwein war nun ganz und gar erschöpft und schleppte sich weit hinter ihnen voran, auf seinen Minensucher gestützt wie auf einen Krückstock.
Nach diesen Stunden hatte Maxim endgültig genug von Sef, und er freute sich geradezu, als der Rotbart plötzlich aufheulte und mit Getöse in die Erde einbrach. Er wischte sich mit einem schmutzigen Ärmel den Schweiß von der schmutzigen Stirn, trat näher und stand am Rand einer im Gras verborgenen Spalte. Sie war sehr tief und stockfinster, nichts war zu erkennen. Es drang nur ein Geruch von Kälte und Feuchtigkeit herauf, und man hörte Knirschen, Klirren und unverständliches Schimpfen. Hinkend kam Wildschwein dazu, blickte ebenfalls in die Tiefe und fragte: »Ist er dort? Was macht er da?«
»Sef!« Maxim bückte sich. »Wo sind Sie, Sef?«
Aus der Spalte klang es dumpf: »Kommt runter! Springt, es ist ganz weich.«
Maxim sah den Einarmigen an. Der schüttelte den Kopf.
»Das ist nichts für mich. Springen Sie, ich lasse Ihnen nachher ein Seil runter.«
»Wer da?«, schrie Sef auf einmal. »Ich schieße, Massaraksch!«
Maxim schob die Beine in die Spalte, stieß sich ab und sprang. Fast im selben Augenblick versank er bis zu den Knien in einer mürben Masse und fiel auf sein Hinterteil. Sef war irgendwo in der Nähe. Maxim schloss die Augen und blieb einige Sekunden sitzen, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
»Komm her, Mak, hier ist jemand«, dröhnte Sef. »Wildschwein! Spring!«
Wildschwein entgegnete, er sei müde wie ein Hund und würde sich oben gerne ein wenig ausruhen.
»Wie du willst«, sagte Sef. »Aber wenn du mich fragst, ist das die Festung. Wirst es bereuen.«
Die Antwort des Einarmigen klang undeutlich, seine Stimme schwach - sicher war ihm wieder übel und ganz und gar nicht nach der Festung zumute. Maxim öffnete die Augen und blickte sich um. Er saß auf einem Erdhaufen inmitten eines langen Gangs mit unebenen Zementwänden. Das Loch in der Decke diente entweder der Ventilation, oder es stammte von einem Einschuss. Etwa zwanzig Schritte entfernt stand Sef. Auch er sah sich um, wobei er mit der Taschenlampe in alle Richtungen leuchtete.
»Was ist das hier?«, fragte Maxim.
»Weiß
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