Gesammelte Werke 1
hier kann man kaum etwas Nennenswertes steuern. Erstens ist alles viel zu primitiv - wie in einer Beobachtungsstation oder einem Kontrollpunkt, so behelfsmäßig. Auch der Rechner ist schwach, würde für keine zehn Panzer reichen. Und dann ist alles verfallen, nicht mal anrühren darf man es. Strom fließt zwar, aber die
Spannung liegt unterhalb der Norm. Wahrscheinlich ist der Reaktor hinüber. Nein, Sef, das ist alles nicht so einfach, wie Sie meinen.«
Plötzlich sah Maxim die langen Röhren, die aus der Wand hervorstanden und in einer Augenmuschel aus Gummi zusammenliefen, anscheinend ein Okular. Er zog einen Aluminiumstuhl heran, setzte sich und führte sein Gesicht zur Muschel. Zu seinem Erstaunen war die Optik in einem hervorragendem Zustand. Noch mehr aber wunderte ihn, was er zu sehen bekam. Er hatte eine ihm gänzlich unbekannte Landschaft im Blickfeld: weißlich-gelbe Wüste, Sanddünen, das Skelett einer metallenen Anlage. Starker Wind wehte, der Sand trieb in Schwaden über die Dünen, der unklare Horizont wölbte sich zu einer Schale.
»Schauen Sie mal«, sagte er zu Sef. »Wo ist das?«
Sef lehnte den Granatwerfer ans Pult, trat heran und sah durch das Okular.
»Merkwürdig«, sagte er nach kurzem Schweigen. »Das ist die Wüste. Die ist vierhundert Kilometer entfernt, mein Freund.« Er rückte vom Okular ab und sah Maxim an. »Wie viel Mühe sie in das alles investiert haben. Diese Lumpen! Und was kam dabei heraus? Der Wind streicht über den Sand. Und was war das für eine schöne Gegend! Als Junge war ich einmal dort, zur Erholung. Vor dem Krieg.« Er stand auf. »Fort von hier, zum Teufel«, sagte er bitter und griff nach der Lampe. »Wir zwei kapieren hier sowieso nichts. Müssen wir halt warten, bis sie den Schmied schnappen und einbuchten. Aber wahrscheinlich werden sie ihn nicht einbuchten, sondern erschießen. Was ist, gehen wir?«
»Ja.« Maxim musterte noch einmal die seltsamen Abdrücke auf dem Boden. »Das hier interessiert mich entschieden mehr«, bekannte er.
»Völlig umsonst«, winkte Sef ab. »Wahrscheinlich laufen hier alle möglichen Viecher rum.«
Er lud den Granatwerfer auf seinen Rücken und wandte sich zum Ausgang. Maxim folgte ihm, drehte sich aber mehrmals nach den Spuren um.
»Ich habe Hunger«, knurrte Sef.
Sie tappten den Gang entlang. Maxim schlug vor, eine der Türen aufzubrechen, aber Sef hielt das für zwecklos.
»Mit dieser Sache muss man sich ernsthaft befassen«, sagte er. »Was sollen wir Zeit vertrödeln, wir haben die Norm noch nicht geschafft. Hierher muss man jemanden bringen, der was davon versteht.«
»An Ihrer Stelle würde ich nicht zu sehr auf diese ›Festung‹ zählen«, wandte Maxim ein. »Erstens ist alles verrottet, und zweitens ist sie schon besetzt.«
»Von wem? Ach, du meinst die Hunde? Bist auch so einer. Andere faseln von Vampiren, und du …«
Sef verstummte. Durch den Gang gellte ein kehliger Schrei, der dann als vielfaches Echo von den Wänden zurückhallte und wieder verklang. Sofort antwortete aus der Ferne eine gleiche Stimme. Die Töne waren vertraut, doch Maxim konnte sich nicht entsinnen, wo er sie schon gehört hatte.
»Sie also schreien nachts so!«, staunte Sef. »Und wir dachten, es sind Vögel.«
»Klingt merkwürdig«, sagte Maxim.
»Merkwürdig? Ich weiß nicht«, widersprach Sef. »Eher schaurig. Wenn dieses Gebrüll in der Nacht durch den Wald schallt, rutscht einem das Herz in die Hose. Und was für Märchen darüber erzählt werden. Es gab einen Kriminellen, der sich brüstete, ihre Sprache zu verstehen. Er hat sie übersetzt.«
»Und was hat er übersetzt?«, fragte Maxim.
»Ach, dummes Zeug. Was ist das schon für eine Sprache.«
»Wo ist der Kriminelle?«
»Den haben sie aufgegessen«, sagte Sef. »Er war bei den Bauleuten. Sein Trupp hat sich im Wald verirrt, dann bekamen die Jungs Hunger, und da, na ja …«
Sie bogen nach links ein. Weit vor ihnen schimmerte der blasse Lichtfleck. Sef schaltete die Lampe aus und steckte sie in die Tasche. Er schritt jetzt voran, und als er unverhofft stehen blieb, wäre Maxim fast gegen ihn gestoßen.
»Massaraksch!«, knurrte Sef.
Mitten im Gang lag ein menschliches Skelett. Sef nahm den Granatwerfer von der Schulter und blickte sich um.
»Das war vorhin noch nicht hier«, brummte er.
»Ja«, stimmte Maxim zu. »Man hat es gerade erst hierhergelegt.«
Aus dem tiefen unterirdischen Gewölbe hinter ihnen erschallte plötzlich ein ganzer Chor von langgezogenen
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