Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
Vom Netzwerk:
Bewußtseinsinhalte ausmacht, mit der objektiven Verbindlichkeit dessen verwechselt, was die Befragten denken. So notwendig es ist, sich ein Bild darüber zu verschaffen, wie Studenten, Professoren und Fachleute die deutsche Universität heute sehen, so wenig sind ihre Ansichten, zum Guten oder Schlechten, unvermittelt Ausdruck dessen, was es mit den Universitäten nun wirklich auf sich hat. Das Bewußtsein all dieser Gruppen von sich selbst ebenso wie ihr Verständnis der äußerst komplexen Lage, in der die Universität durch den Widerstreit zwischen der traditionellen Bildungsidee, den praktischen Anforderungen des gegenwärtigen Berufslebens und einer erst sich bildenden Vorstellung von freien und bewußten Menschen sich befindet, ist begrenzt, ohne daß die Gruppen, oder einzelne ihrer Repräsentanten, Schuld daran trügen. Der Schleier, der etwa vielen Studenten verbirgt, daß ihre Zurichtung auf den Beruf auch eine Zurichtung ihrer Menschlichkeit ist, oder vielen Professoren, daß das Humboldtische Bildungsideal, das sie noch als selbstverständlich voraussetzen, unvereinbar wurde mit den realen Bedingungen des gegenwärtigen Lebens, oder manche Experten dazu verführt, die Idee der allgemeinen Bildung so zu wenden, als ob sie nichts anderes wäre als die Fähigkeit von Praktikern, als Agenten wirtschaftlicher Interessen mit ihren Kontrahenten auch über anderes sich zu unterhalten als über die geplanten Abschlüsse – all das ist selber von der Gesellschaft vorgezeichnet und nicht von der bloßen Psychologie derer, die dergleichen Vorstellungen hegen. Während das Fragwürdige der Meinung als bloßer Meinung in dem Bericht vielfach durchschimmert, geht es thematisch nicht darum, sondern es werden die Meinungen, ob auch gelegentlich kommentiert und durchwegs interpretativ verarbeitet, doch als das vorgelegt, als was sie sich geben. Um so dringender ist der Vorbehalt, sie nicht zum Kanon des Guten und Schlechten, des zu Tuenden und des zu Vermeidenden zu machen. Nur in Zusammenhang mit anderen, prinzipiell auf objektive Sachverhalte gerichteten Analysen des deutschen Hochschulwesens gewinnen die Befunde der Untersuchung ihren rechten Stellenwert. Umgekehrt bedürfen aber alle Aussagen über Hochschulkrise und Hochschulreform, wenn sie nicht an abstrakten Normen sich messen wollen, der Gegenüberstellung mit den Reaktionsweisen derer, die ihrer Interessenlage nach den Universitätsproblemen am nächsten sich befinden und die Symptome der Universitätskrise am eigenen Leibe spüren.
    Die Untersuchung als ganze hat sich mit einer gewissen Absichtslosigkeit aus bescheidenen Anfängen im Rahmen der Arbeit des Instituts für Sozialforschung an der Ausbildung junger Studenten entwickelt. Die
Studentenbefragung
ging hervor aus einem Praktikum des Instituts; in ihren früheren Phasen wurde sie von Hans Sittenfeld unter Assistenz von Helmut Wagner geleitet; später trug die Hauptlast der Auswertung und der Formulierung des Forschungsberichts Christoph Oehler, assistiert von Jutta Thomae. Die
Professorenbefragung
wurde von Anfang an in engstem Kontakt mit der Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt durchgeführt. Sie stellte insbesondere ihren Mitarbeiter Hans Anger zur Verfügung, der gemeinsam mit Hans Sittenfeld und Friedrich Tenbruck die Studie betreute. Als die Herren Anger und Tenbruck von dem Stuttgarter Institut für vergleichende Sozialwissenschaften übernommen wurden, regte einer von dessen Leitern, Professor Dr. Eduard Baumgarten, an, daß die beiden Herren ihre Frankfurter Aufgaben in Stuttgart zu Ende führen möchten; das Institut für Sozialforschung ist gern darauf eingegangen. Die
Expertenbefragung
endlich erhebt, im Gegensatz zu den beiden anderen Teilen der Untersuchung, keine Ansprüche auf repräsentative Gültigkeit. Sie war ursprünglich von Hans Sittenfeld und Friedrich Tenbruck in die Wege geleitet worden. Die Auswertung des Materials mußte warten, bis die der Studentenumfrage weit fortgeschritten war. Sie ist im wesentlichen das Werk von Ulrich Gembardt; ihn unterstützte Christian Kaiser.
    Die Gesamtplanung des Projekts lag beim Frankfurter Institut für Sozialforschung. Die Einleitung schrieb Jürgen Habermas.
    Dank für finanzielle Beiträge gebührt der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Amerikanischen Hochkommission für Deutschland und der Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt.
     
    1956
     
     
Fußnoten
    *
Vgl. Universität

Weitere Kostenlose Bücher