Gesammelte Werke
selber sich ausspricht. Die affektive Bindung vieler Arbeiter an die Technik wird man dabei nicht übersehen können. Sie als ›fetischistisch‹ zu kritisieren, ist leicht, aber in ihr verbirgt sich, bis hinab in die Bastelei, der Traum von einem Zustand der Menschheit, der des Bösen nicht mehr bedarf, weil kein Mangel mehr sein muß.
1955
Fußnoten
*
Vgl. Betriebsklima. Eine industriesoziologische Untersuchung aus dem Ruhrgebiet. Frankfurt a.M. 1955. – Der Text wurde als Nachwort zu der Untersuchung geschrieben, blieb aber unveröffentlicht.
Vorwort zum Forschungsbericht über »Universität und Gesellschaft« *
Die Tatsache der Hochschulkrise und der Gedanke an eine deutsche Hochschulreform, der bereits vor dem ersten Weltkrieg sich aufdrängte, ohne daß er bis heute realisiert worden wäre, schließen eine Herausforderung an die empirische Sozialforschung ein: Beobachtungen und theoretische Erwägungen über den gesamten Fragenkomplex zu ergänzen durch verbindliche Aussagen darüber, wie sich das Problem der deutschen Hochschule in der gegenwärtigen Gesellschaft denen darstellt, die es am unmittelbarsten berührt. Das sind die Studierenden, die akademischen Lehrer und die Kreise von Wirtschaft und Verwaltung, welche die Absolventen der deutschen Hochschulen in sich aufnehmen, ökonomisch gesprochen also: deren ›Abnehmer‹, jene, die mit den Menschen zu rechnen haben, welche die Universitäten als Graduierte entlassen. Die Diskussion über die Universitätskrise betrifft zentrale Bereiche des akademischen Wesens: das Verhältnis der Fachausbildung zur Bildungsidee und damit die Vorschläge zum studium generale; das personelle und sachliche Verhältnis von Lehrenden und Lernenden, und im Zusammenhang damit den Mangel an Dozentennachwuchs und die wirtschaftliche Lage der Dozenten; Wert und Unwert des Werkstudententums, schließlich die Formen studentischen Gemeinschaftslebens – alles Gegenstände, bei denen die Ansicht derer in die Waagschale fällt, die von ihnen in lebendiger Erfahrung etwas wissen. Dies Wissen war bisher, in wissenschaftlich einigermaßen verbindlicher Form, der Diskussion nicht zugänglich. Ihr möchte die Erhebung des Instituts für Sozialforschung an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität Materialien, wenn auch nicht mehr als Materialien, beistellen: die Nächstbetroffenen, Studenten, Professoren und Praktiker aus Verwaltung und Wirtschaft, Experten also, die mit dem akademischen Nachwuchs vertraut sind, sollen zu den wichtigsten Themen zu Wort kommen und ihre Ansicht soll derart verarbeitet werden, daß sie sowohl der quantitativen Verteilung der vorkommenden Motive nach sich wägen wie qualitativ sich übersehen läßt. Die Untersuchung, über die hier ein erster und in vieler Hinsicht noch vorläufiger Forschungsbericht vorgelegt wird, ist
perspektivisch
konzipiert. Die Fragen, um die es geht, werden von den unter sich wesentlich verschiedenen, ja zuweilen einander widersprechenden Ansichten jener drei Gruppen her behandelt. Der Vergleich von Meinungen aber, deren typische Differenzen durch die der Ausgangssituationen der Befragten vorgezeichnet sind, soll helfen, das objektive Urteil zu erleichtern, dessen dann Vorschläge zur praktischen Reform sich bedienen mögen.
Weit entfernt sind wir dabei jedoch von der Illusion, daß etwa die Synthese der Ansichten der drei befragten Gruppen ohne weiteres einen objektiven Befund über die Sache ergäbe. Was erforscht wurde, sind – das kann kaum nachdrücklich genug betont werden – eben nicht die Sachverhalte selbst, sondern Meinungen über die Sachverhalte. Die subjektive Grenze der bloßen Meinung wird keineswegs automatisch dadurch aufgehoben, daß man Meinungen divergenter Gruppen miteinander vergleicht und etwas wie das arithmetische Mittel zwischen ihnen errechnet. Bei aller Kritik des traditionellen Bildungswesens, das in der gegenwärtigen Gesellschaft überaus fragwürdig wurde und zur bloßen Ideologie herabsank, sind wir soweit jedenfalls Platoniker geblieben, daß wir subjektive Meinung und objektive Wahrheit voneinander unterscheiden und uns nicht einbilden, der Durchschnitt der subjektiven Meinungen sei die Wahrheit selber. Dies Mißverständnis verleiht dem Wort Meinungsforschung seinen fatalen Klang, und ihm vermag sie nur dann zu entgehen, wenn sie nicht die empirische Zuverlässigkeit ihrer Verallgemeinerungen, also die Verbindlichkeit dessen, was sie über die subjektiven
Weitere Kostenlose Bücher