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Gesammelte Werke

Titel: Gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Theodor Adorno
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diskursiven Methode möglich sein, sondern sich dem Rekurs auf einzelne rechtsausweisende Erlebnisse entziehen soll, wird auch die Tatsache der Konstitution des Organismus als eine unbewußte Tatsache in Anspruch genommen. Es ist dagegen die Frage zu stellen, ob nicht das Verhältnis von Teilen und Ganzen und die Nichtzurückführbarkeit des Ganzen auf die Summe seiner Teile eine andere, mit den Befunden der Bewußtseinsanalyse übereinstimmende Deutung zulasse und ob man über jene Deutung hinaus überhaupt noch eines Teleologiebegriffs bedarf. In den vitalistischen Philosophien ist zugeordnet dem Teleologiebegriff der Begriff der
Intuition
als derjenigen Erkenntnisweise, die uns unter Verzicht auf diskursive Erkenntnis oder, wie sich die vitalistische Kunstsprache ausdrückt, »ohne Symbole« der Gegenstände versichert, die der begrifflichen Erkenntnis verschlossen sein sollen; eine Weise
unbewußter
Erkenntnis also, die ihren vorgeblich unbewußt konstituierten Gegenständen angemessen sein soll. Wir werden sowohl die »unbewußte« Konstitution der Organismen wie die Möglichkeit einer unbewußten Erkenntnis von Organischem zu prüfen haben, beide mit der transzendentalen Methode konfrontieren; und wir sind uns von Anbeginn darüber klar, daß die ontologische Entgegensetzung der Konstitution eines Gegenstandes und der Weise seiner Erkenntnis, die der Vitalismus vollzieht und die bereits in Kants Lehre von der teleologischen Urteilskraft angelegt ist, mit der transzendentalen Position sich nicht vereinen läßt, da die transzendentale Einsicht in die Konstitution eines Gegenstandes gleichbedeutend mit seiner Erkenntnis ist und es nicht angeht, transzendentalphilosophisch sinnvoll ein Ding an sich von seinem transzendentalen Rechtsausweis, nämlich der Erkenntnis des Dinges als eines Zusammenhanges seiner Phänomene, zu scheiden.
    Es sind damit im Umriß die drei wesentlichen Problemkomplexe des Kantischen Systems bezeichnet, die das Aufkommen von Philosophien des Unbewußten bedingen oder wenigstens doch begünstigen. Es sind nicht die einzigen, die zur Bildung jener Philosophien beitragen; so ist es insbesondere das Problem der historischen Individualität, die der allgemeingesetzlichen Erfassung unzugänglich sein soll, das als Einwand gegen Kants Erkenntnislehre formuliert und im Sinne der Philosophien des Unbewußten gelöst worden ist; so zumal in der vitalistisch gerichteten Erkenntnislehre Simmels, aber auch etwa bei Troeltsch, Max Weber und in gewissem Umfange selbst der südwestdeutschen Schule. Indessen ist es keine Bruchstelle des Kantischen Systems, die jene Fragestellungen inauguriert, die Erkenntnis des historisch Einmaligen läßt sich mit der Kantischen Erkenntnislehre sehr wohl vereinbaren, und wesentlich die naturalistische Mißdeutung Kants im neunzehnten Jahrhundert war es, die den Begriff der historischen Individualität dem Begriff des Unbewußten zuordnete. Damit wäre allerdings jener Begriff nicht von der Behandlung ausgeschlossen. Allein es war uns ja darum zu tun, die Ansätze des Widerspruchs zwischen den herrschenden Lehren vom Unbewußten in den Problemen Kants aufzuweisen, um damit den Ausgangsgrund zu gewinnen für die Auseinandersetzung der Transzendentalphilosophie mit dem Begriff des Unbewußten und zunächst für die immanente Analyse gerade derjenigen Thesen der Philosophien des Unbewußten, die der Transzendentalphilosophie widerstreiten und die sich am klarsten ergeben aus einer Betrachtung eben der systematischen Ansatzpunkte jenes Widerstreites in der Transzendentalphilosophie selbst. Und für diese Aufgabe ist das Problem der historischen Individualität irrelevant.
    Die Vorerwägung der Problemkomplexe der Transzendentalphilosophie, die Philosophien des Unbewußten möglich machten, gestattet uns eine genauere Formulierung unserer Methode und unseres Problems. Sie gestattet uns nämlich, den Raum der Auseinandersetzung von Transzendentalphilosophie und Philosophie des Unbewußten abzustecken. Es wird sich darum handeln, zu zeigen, ob jene Theorien, in denen der ontologisch-theologische Wille die Brüche des Kantischen Systems nutzte, um sich aufs neue durchzusetzen, in sich widerspruchslos sind oder nicht; weiter ob sie tatsächlich ihrem sachlichen Inhalt nach von den Aussagen der Transzendentalphilosophie unabhängig sind, wie sie es behaupten, oder nicht; endlich um die Beantwortung der Frage, ob jene Brüche der Kantischen Lehre und ob die Vernachlässigung der

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