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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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dass ich sie sehr gut kenne, weil ich hier schon zehn Jahre einen erfahrenen, bewährten Residenten sitzen habe. Und plötzlich stelle ich fest, dass ich rein gar nichts weiß. Jedem einheimischen Knirps ist bekannt, wer die Fischer sind. Ich weiß es nicht! Ich weiß nur, dass die Organisation ›KWS‹, die in etwa dasselbe getrieben hat wie die Fischer heute, vor drei Jahren aufgelöst und verboten wurde. Ich weiß das aus den Meldungen meines Residenten. Und die hiesige Polizei teilt mir mit, dass vor zwei Jahren die Gesellschaft ›DOZ‹ entstanden ist, und das habe ich aus den Meldungen meines Residenten nicht erfahren. Ein simples Beispiel – letztlich sind mir die Fischer gleichgültig, aber das wird allmählich zum Arbeitsstil! Die Meldungen verzögern sich, desinformieren oder sind gelogen. Schließlich werden Meldungen einfach erfunden! Der eine gibt seine Arbeit für den Rat eigenmächtig auf und hält es nicht einmal für nötig, seinem Chef das mitzuteilen … Er hatte es, sehen Sie, satt, er hatte es ja immer mitteilen wollen, aber irgendwie nicht die Zeit gefunden. Der andere wird drogenabhängig, anstatt die Drogen zu bekämpfen! Und der dritte philosophiert!«
    Er nickte mir traurig zu. »Verstehen Sie mich richtig, Iwan«, fuhr er fort. »Ich habe nichts gegen das Philosophieren. Doch die Philosophie ist eins und unsere Arbeit etwas anderes. Bitte urteilen Sie selbst, Iwan: Wenn es kein geheimes Zentrum gibt und es sich um spontane, zufällige Eigeninitiativen handelt – warum dann diese Geheimhaltung? Diese Konspiration? Warum ist der Sleg so geheimnisumwittert? Ich räume ein, dass Riemaier schweigt, weil ihn Gewissensbisse plagen, insbesondere Ihretwegen. Aber die anderen? Der Sleg ist nicht gesetzlich verboten, über den Sleg wissen alle Bescheid, aber alle machen ein Geheimnis daraus. Oscar zum Beispiel philosophiert nicht, er nimmt an, dass die Bürger regelrecht eingeschüchtert sind. Das verstehe ich. Was meinen Sie, Iwan?«
    »In Ihrer Tasche«, sagte ich, »liegt ein Sleg. Gehen Sie ins Badezimmer. ›Dewon‹ finden Sie auf der Konsole – eine Tablette in den Mund, vier ins Wasser. Wodka steht im Schränkchen. Oscar und ich warten hier. Nachher schildern Sie uns, Ihren Arbeitskollegen und Unterstellten, laut und deutlich Ihre Empfindungen und Erlebnisse! Und wir, genauer gesagt Oscar, wird Ihnen zuhören. Ich gehe, schlage ich vor, in der Zwischenzeit nach draußen.«
    Maria setzte sich die Brille auf und sah mich unverwandt an. »Glauben Sie, ich werde nichts erzählen? Glauben Sie, ich werde ebenfalls meine dienstliche Pflicht missachten?«
    »Das, was Sie erfahren werden, wird keinerlei Beziehung zu Ihrer dienstlichen Pflicht haben. Die dienstliche Pflicht werden Sie vielleicht später verletzen. Wie Riemaier. Das ist der Sleg, Kollegen – ein Mechanismus, der die Fantasie weckt und dorthin lenkt, wohin Sie sie selbst unbewusst – ich betone: unbewusst – lenken möchten. Je weiter Sie vom Tier entfernt sind, desto harmloser ist der Sleg, je näher Sie dem Tier sind, desto mehr möchten Sie die Konspiration wahren. Die Tiere selbst ziehen es ja überhaupt vor zu schweigen. Sie drücken bloß still vergnügt den Hebel.«
    »Was für einen Hebel?«
    Ich berichtete ihnen von den Ratten.
    »Haben Sie es selbst auch probiert?«, wollte Maria wissen.
    »Ja.«
    »Und?«
    »Ich schweige, wie Sie sehen«, sagte ich.
    Eine Weile atmete Maria laut. Dann sagte er: »Nun, ich stehe dem Tier nicht näher als Sie. Wie steckt man das Ding hinein?«
    Ich setzte den Sleg ein und reichte ihm den Empfänger. Oscar beobachtete uns interessiert.
    »Mit Gott«, sagte Maria. »Wo ist das Badezimmer? Nach der Reise muss ich mich ohnehin waschen.«
    Er schloss sich im Badezimmer ein, und man hörte, wie er dort alles fallenließ.
    »Merkwürdige Sache«, meinte Oscar.
    »Das ist keine Sache«, entgegnete ich. »Das ist ein Stück Geschichte. Und Sie wollen es in eine Aktenmappe stecken! Hier geht es nicht um Gangster, das ist sogar einem Igel klar, wie Jurkowski zu sagen pflegte.«
    »Wer?«
    »Wladimir Sergejewitsch Jurkowski, ein bekannter Planetologe, mit dem ich mal zusammengearbeitet habe.«
    »Verstehe«, sagte Oscar. »Übrigens steht auf dem Platz gegenüber dem ›Olympic‹ ein Denkmal für einen Jurkowski.«
    »Das ist derselbe.«
    »Tatsächlich?«, fragte Oscar. »Ah ja, das ist durchaus möglich … Nur, das Denkmal hat man ihm nicht errichtet, weil er ein bekannter Planetologe gewesen

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