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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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wiederholte er die Frage. »Na ja … Er lässt uns jetzt ohnehin nicht mehr in Frieden. Wie schwer, sagst du, ist er?«
    »An die siebzig Tonnen«, antwortete Below zögernd.
    Kondratjew stieß einen Pfiff aus und wandte sich wieder seinem Pult zu.
    »An der Luft, meine ich«, fügte Below hastig hinzu. »Im Wasser …«
    »Trotzdem nicht weniger als zehn Tonnen«, meint Kondratjew. »Das schaffen wir nicht. Also dann Achtung, wir wenden.«
    Akiko ging eilig in die Hocke und starrte unverwandt ins Bullauge. Sie fürchtete, etwas Interessantes zu verpassen. Wären nicht die Praktikanten, dachte Kondratjew, ich hätte dieses Miststück längst zur Strecke gebracht und mich auf die Suche nach seinen lieben Verwandten gemacht. Er hegte keinen Zweifel daran, dass sich irgendwo auf dem Grund der Senke Kinder, Enkel und Urenkel des Ungeheuers verbargen – die potenziellen, wenn nicht schon aktiven Räuber auf den Wandertrassen der Wale.
    Die Submarine hatte nun wieder die horizontale Lage eingenommen.
    »Schwül ist das hier«, brummte Below.
    »Festhalten«, rief Kondratjew. »Seid ihr so weit? Es geht los!«
    Er drückte den Fahrthebel bis zum Anschlag durch und schoss im schnellsten Gang, mit dreißig Knoten, davon. Durchdringend jaulten die Turbinen auf. Kondratjew vernahm einen Aufprall hinter sich, dann ein unterdrücktes Stöhnen. Armer Below, dachte er. Dann drosselte er das Tempo und betätigte die Steuerung. Die Submarine kehrte in einem Halbkreis zum Kalmar zurück.
    »Nun schaut ihn euch an«, sagte Kondratjew.
    Das Tier schwebte etwa zwanzig Meter vom Bug des Bootes entfernt – sehr fahl, merkwürdig platt, mit schlaff herabhängenden, gekrümmten Fangarmen und ebenso schlaffem Leib. Es glich einer Spinne, die man mit einem Streichholz verbrannt hatte. Seine Augen waren seitlich nach unten gerichtet, man hätte meinen können, es denke angestrengt nach. Noch nie zuvor hatte Kondratjew einen lebenden Kalmar aus solcher Nähe gesehen und betrachtete ihn ebenso neugierig wie voll Widerwillen. Es war tatsächlich ein ungewöhnlich großes Exemplar. Vielleicht eines der größten. Im Augenblick freilich ließ nichts an ihm auf den mächtigen, furchterregenden Räuber schließen. Sein Anblick erinnerte Kondratjew unwillkürlich an einen Haufen Walinnereien, die zum Weichen in riesige Bottiche gelegt worden waren, so wie er das schon oft im Walverarbeitungskombinat von Petropawlowsk gesehen hatte.
    Es vergingen einige Minuten. Below lag bäuchlings auf Kondratjews Schultern und drückte auf den Auslöser der Kamera. Akiko sprach leise auf Tonband, offenbar auf Japanisch, und wandte keinen Blick von dem Tier. Kondratjew hatte schon einen ganz steifen Hals; er befürchtete, der Kalmar könne zu sich kommen und dann entwischen oder aber das Boot erneut attackieren, sodass sie das ganze Manöver wiederholen müssten.
    »Seid ihr denn nicht bald fertig?«, fragte er.
    »Sehr«, gab Below heiser und nicht gerade passend zur Antwort.
    Der Kalmar kam nun wieder zu sich. Durch seine Fangarme lief ein krampfartiges Zittern; die riesigen, fußballgroßen Augen begannen in ihren Höhlen zu rollen und starrten dann ins Scheinwerferlicht. Schon strafften sich die Arme, krümmten sich, und die schwach violette Haut nahm eine dunkle Färbung an. Noch war er vom kochenden Wasserstrahl halb betäubt, doch der Kalmar rüstete sich bereits zum neuen Sprung. Er wich nicht zurück und dachte gar nicht daran, das Weite zu suchen.
    »Na?«, drängte Kondratjew.
    »In Ordnung«, murmelte Below unzufrieden. »Fang an.«
    »Klettere erst mal von mir herunter«, forderte Kondratjew. Below gehorchte, nur das Kinn streckte er noch über Kondratjews rechte Schulter.
    Seine Tiefenkrankheit scheint er ganz vergessen zu haben, dachte der Kommandant. Er sah auf den Bildschirm, dann legte er den Finger an den Abzugshahn.
    »Wir sind allzu nah dran«, sagte er. »Aber das hilft nun nichts. Achtung, Feuer!«
    Die Submarine ruckte.
    »Feuer!«
    Die Submarine ruckte abermals. Als vor seinen Augen die beiden Pyroxilintorpedos explodierten, versuchte der Kalmar, die Fangarme zu öffnen. Zweimal wirbelte unter gewaltigem Grollen das trübe Wasser auf. Eine schwarze Wolke hüllte den Kalmar ein; die Submarine wurde von der Wucht der Detonationen aufs Heck geschleudert, kippte nach links und begann auf der Stelle zu tanzen.
    Als der Wellenschlag nachgelassen hatte, fiel das Licht der Scheinwerfer auf eine zappelnde, graubraune Masse, von der formlose Klumpen

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