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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Seite geneigt auf einer Wanderdüne haltgemacht … Wir sahen die Leute hastig aus dem Panzer springen. Im gleichen Augenblick schon hatten wir die Staubwolken hinter uns gelassen. Willi Armier klammerte sich an meine Schulter, neigte sich nach vorn und brüllte mir etwas ins Ohr. Da entdeckte auch ich die Egel – Hunderte von Egeln, die sich in der salzbödigen Senke zwischen zwei Wanderdünen tummelten. Ich begann zu schießen, und die anderen schossen ebenfalls. Nur Armier machte sich an seinem selbstgebastelten Raketenwerfer zu schaffen, ohne ihn allerdings zum Funktionieren zu bringen. Alle brüllten auf ihn ein, fluchten und drohten ihm sogar Prügel an, aber das war freilich nur leeres Gerede. Alle waren viel zu beschäftigt und konnten nicht einen Moment mit dem Schießen aufhören. Der Ring um die Tiere wurde immer enger; wir vermochten bereits die Schussflammen der uns entgegenkommenden Crawler auszumachen, als Armier plötzlich das rostige Rohr seiner Kanone zwischen mir und dem Fahrzeugführer durchsteckte und abdrückte. Ein schreck liches Krachen und Donnern wurde laut, eine andauernde Detonation, die mich nahezu taub und blind auf den Boden des Fahrzeugs warf. Über dem Salzboden stieg dichter schwarzer Rauch auf, sodass alle Fahrzeuge stehen blieben und die Männer beim Schießen innehielten. Sie schrien nur noch wild durcheinander und fuchtelten mit ihren Karabinern. Im Laufe von fünf Minuten hatte Armier seine gesamte Munition verschossen, und als sich der Rauch verzog, begannen wir, allem, was am Leben geblieben war, den Garaus zu machen. Die Egel hetzten inmitten der Fahrzeuge hin und her, wurden zum Teil auch von den Raupenketten zermahlen, und ich schoss immerzu, schoss und schoss … Ich war noch jung damals und schoss für mein Leben gern. Leider war ich von jeher ein guter Schütze, der sein Ziel niemals verfehlte. Und ich habe nicht nur auf dem Mars geschossen, nicht nur auf gefährliche Raubtiere. Hätte ich doch niemals in meinem Leben einen Karabiner zu Gesicht bekommen …
    Der Jäger erhob sich, schritt um den Balg des Flugegels herum und ging dann über die Galerie weiter. Er sah wohl ein wenig angegriffen aus, denn viele Besucher blieben stehen und schauten ihm beunruhigt hinterher. Schließlich trat ein junges Mädchen auf ihn zu und erkundigte sich schüchtern, ob es ihm irgendwie behilflich sein könne.
    »Aber nicht doch, meine Kleine!«, wehrte der Jäger ab. Er bemühte sich zu lächeln und befühlte sogleich die Brusttasche seiner Jacke, aus der er eine sehr exotisch wirkende Muschel vom Planeten Jajla herausfischte. »Die ist für dich«, sagte er. »Ich habe sie von weither mitgebracht.«
    Das Mädchen dankte mit einem leichten Lächeln und nahm die Muschel an sich.
    »Sie sehen sehr mitgenommen aus, wissen Sie …«, sagte es ein bisschen unsicher.
    »Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste, Kindchen«, erwiderte der Jäger. »Wir Alten sehen nur noch selten gut aus. Uns lastet zu viel auf der Seele.«
    Wahrscheinlich hatte das Mädchen nicht begriffen, was er meinte, aber das war ihm nur recht. Er strich ihr übers Haar und ging weiter – hochaufgerichtet, sodass sich nun niemand mehr nach ihm umdrehte.
    Das fehlte noch, dass mich kleine Mädchen bemitleiden, dachte er. Anscheinend bin ich nicht mehr in Form. In Zukunft sollte ich vielleicht nicht mehr auf die Erde zurückkehren, sondern für immer auf der Jajla bleiben, mich am Rand der Grauen Sümpfe niederlassen und die Netze nach Rubin-Aalen auslegen. Niemand kennt die Grauen Sümpfe besser als ich, und ich wäre dort bestens aufgehoben. Vor allem, weil es für einen Jäger, der nicht mehr schießen will, doch noch allerhand zu tun gibt.
    Er blieb erneut stehen. Hier, an dieser Stelle, machte er immer halt. In einem länglichen Glaskasten, auf Bruchstücken grauen Sandsteins, stand, die drei Paare krummer Beinchen weit gespreizt, eine ausgestopfte, runzlige und unansehnliche Eidechse von schmutzig grauer Farbe. Die uneingeweihten Besucher zeigten sich von dem grauen verschrumpelten Sechsfüßer nicht sonderlich beeindruckt, denn nur wenige kannten seine wundersame Geschichte. Der Jäger aber wusste über sie Bescheid, und jedes Mal wenn er bei dem Tier stehen blieb, überkam ihn ein Gefühl fast abergläubischer Bewunderung vor der allmächtigen Kraft des Lebens. Die Eidechse war etwa zehn Parsec vom Sonnensystem entfernt erbeutet worden. Man hatte ihren toten Körper präpariert, und der ausgestopfte Balg stand

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