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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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muss sein. Ich kann nicht anders. Wir werden uns wie immer in Pavillon zehn treffen.«
    Er steckte die Pfeife, die er gar nicht erst angezündet hatte, zurück in die Tasche und ging hinaus. Ja, es muss sein, Lin, dachte er bei sich. Du kannst natürlich nicht wissen, wie wichtig das für mich ist … Er ging in den Park und schlug den Weg zu den Pavillons ein. Wie immer herrschte im »Museum« reger Betrieb. Die Leute spazierten durch die Alleen, die von orangefarbenen Venuspalmen bestanden waren, drängten sich um die Terrarien und Bassins mit dem glasklaren Wasser. Im hohen Gras zwischen den Bäumen tollten Kinder umher – sie spielten »Verstecken auf marsianisch«. Der Jäger blieb stehen, um ihnen zuzuschauen. Es war ein sehr vergnügliches Spiel. Vor langer Zeit waren vom Mars sogenannte Mimikrodone auf die Erde gebracht worden, große, melancholisch wirkende Echsen, die sehr gut an extreme Veränderungen ihrer Lebensbedingungen angepasst waren. Sie verfügten über eine hochgradig entwickelte Fähigkeit zur Mimikry. Im Museumspark genossen sie völlige Freiheit. Den Kindern bereitete es höllischen Spaß, die Tiere aufzuspüren, was Scharfblick und Geschick erforderte, sie von einem Fleck zum anderen zu schleppen und zu beobachten, wie sie immer neue Färbungen annahmen. Die Echsen waren groß und schwer, und die Kinder packten sie an der Genickfalte, um sie hinter sich herzuschleifen. Die Tiere setzten dem keinerlei Widerstand entgegen; es schien, als gefiele es ihnen sogar.
    Der Jäger passierte die mächtige, durchsichtige Kuppel, unter der das Terrarium »Waldwiese des Planeten Ru ž ena« untergebracht war. Dort sprangen und rauften im blassblauen Gras drollige Remben – gigantische Insekten von erstaunlicher Färbung, die Ähnlichkeit mit den irdischen Grillen besaßen. Der Jäger erinnerte sich noch genau, wie er vor zwanzig Jahren zum ersten Mal auf der Ru ž ena zur Jagd gegangen war. Drei Tage hatte er auf der Lauer gelegen, während die regenbogenfarbigen Remben um ihn herumhüpften und sich gar auf seinem Gewehrlauf niederließen. An der »Wiese« herrschte stets großer Andrang, denn die Remben waren possierlich und ausgesprochen hübsch.
    Unweit des Eingangs zum Zentralen Pavillon machte der Jäger an einem tiefen, runden Brunnenbassin halt, das von einer Balustrade umgeben war. Das Wasser wurde von fliederfarbenem Licht angestrahlt; darin drehte ohne Unterlass ein langes, behaartes Tier seine Runden – ein Ichthyomammal, der einzige Warmblüter, der mit Kiemen atmete. Der Ichthyomammal war ununterbrochen in Bewegung; vor einem Jahr schon, vor fünf und sogar vor vierzig Jahren, als ihn der Jäger zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte, war er so im Kreis geschwommen. Salier, ein berühmter Zoologe, hatte ihn einst unter großen Mühen gefangen. Nun war Salier schon lange tot und schlief in den Dschungeln der Pandora den ewigen Schlaf, während sein Ichthyomammal im fliederfarbenen Wasser des Bassins immerfort weiterkreiste.
    Im Vestibül des Pavillons machte der Jäger abermals halt und setzte sich in einen leichten Sessel, der in der Ecke stand. Die Mitte des hellen Saals nahm der ausgestopfte Balg eines Flugegels ein, eines »Sora-tobu Hiru« (Tierwelt des Mars, Solarsystem, Kohlenstoffzyklus, Stamm Polychordata, Klasse Hautatmer, Familie, Gattung, Art: »Sora-tobu Hiru«). Der Balg war eines der ersten Exponate im Capetowner Museum für Kosmozoologie gewesen. Hundertfünfzig Jahre sperrte das scheußliche Ungeheuer nun schon seinen Rachen, der an einen vielreihigen Greifer erinnerte, gegen jeden auf, der den Pavillon betrat. Ein Ungetüm von neun Metern Länge, bedeckt von einem harten, glänzenden Fell, ohne Augen, ohne Beine … einstiger Herr des Mars.
    Tatsächlich gab es auf dem Mars Dinge, die man nicht so schnell vergaß. Vor etwa fünfzig Jahren hatten sich die Ungeheuer – zu dem Zeitpunkt nahezu ausgestorben – urplötzlich wieder vermehrt und, wie ehedem, an den Verbindungsstraßen zwischen den Marsstützpunkten zu räubern begonnen. Damals war auch die später legendär gewordene Globaltreibjagd veranstaltet worden.
    Der Jäger erinnerte sich noch genau: Er war in seinem Crawler durchgeschüttelt worden und hatte vor lauter Sand- und Staubwolken, die durch die Raupenketten aufgewirbelt wurden, kaum etwas sehen können. Rechts und links von mir, dachte er, waren die gelben Wüstenpanzer vorbeigesaust, voller Freiwilliger, und plötzlich hatte eins der Fahrzeuge stark zur

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