Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
Vom Netzwerk:
erwiderte Robert. Er trank den Kaffee, der inzwischen abgekühlt war, in einem Zug aus. »Aber wenn du’s nicht verraten willst, sage ich dir wenigstens, warum ich dich liebe. Ich bin ein Egoist. Vielleicht bin ich der größte Egoist auf Erden. Ich liebe dich, weil du der einzige Mensch bist, der mir gute Laune macht.«
    »Das ist meine Spezialität«, antwortete Tanja.
    »Wunderbare Spezialität. Schlecht daran ist nur, dass durch dich jeder, egal ob jung oder alt, gute Laune bekommt. Vor allem jung. Alle möglichen x-beliebigen Leute. Mit normalen Beinen.«
    »Danke, Robby.«
    »Als ich neulich bei euch im Kinderdorf war, ist mir ein Bengel aufgefallen. Er hieß Walja … oder Warja … Blond, mit Sommersprossen und grünen Augen.«
    »Nicht Bengel, sondern Junge. Er heißt Warja«, antwortete Tanja.
    »Nun leg nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Ich erhebe nämlich Anklage. Dieser Warja mit seinen grünen Augen hat es gewagt, dich so anzustarren, dass es mir in den Händen gejuckt hat.«
    »Die Eifersucht eines maßlosen Egoisten.«
    »Natürlich, Eifersucht.«
    »Nun stell dir aber mal vor, wie eifersüchtig der Junge sein muss«, gab Tanja zu bedenken.
    »Wieso?«
    »Na, stell dir vor, mit welchen Gefühlen er dich angesehen haben muss: die zwei Meter große ›Jugend‹, den Athleten, den schönen Mann, den Nullphysiker, der die Erzieherin auf den Armen trägt. Und die Erzieherin schmilzt vor Liebe dahin …«
    Robert lachte glücklich auf. »Tanja, wie soll er denn das bemerkt haben? Wir waren doch allein damals!«
    »Bei uns in der Kinderstadt ist man nie allein.«
    »Das stimmt …«, sagte Robert langsam. »Wenn ich mich an meine eigene Schulzeit erinnere: hübsche Erzieherinnen und fünfzehnjährige Tölpel … Ich ging sogar so weit, Blumen ans Fenster zu werfen … Sag mal, Tanja, passiert so etwas oft?«
    »Sehr oft«, antwortete Tanja nachdenklich. »Vor allem bei den Mädchen. Sie entwickeln sich schneller, und einige unserer männlichen Erzieher sind Kosmonauten, richtige Helden …«
    »Tanja«, begann Robert unvermittelt. »Was ist ein Dummkopf?«
    »Ein Schimpfwort«, erklärte Tanja.
    »Und außerdem?«
    »Ein eingebildeter Kranker, dem keine Medikamente helfen.«
    »Das ist kein Dummkopf«, entgegnete Robert, »sondern ein Simulant.«
    »Meinetwegen ein Simulant. Ich habe bloß an ein japanisches Sprichwort gedacht: Es gibt keine Medizin, die einen Dummkopf heilt.«
    »Aha«, meinte Robert. »Also ist ein Verliebter ebenfalls ein Dummkopf.Ein Verliebter ist unheilbar krank. Du hast mich getröstet.«
    »Bist du denn verliebt?«
    »Ja, unheilbar.«
    Die Wolken hatten sich verzogen und gaben den Sternenhimmel frei. Der Morgen rückte näher.
    »Schau mal, da ist die Sonne«, sagte Tanja.
    »Wo?«, fragte Robert nicht sehr begeistert.
    Tanja knipste das Licht aus, setzte sich ihm auf den Schoß und zeigte sie ihm. »Siehst du die vier glitzernden Sterne da drüben? Das ist der Zopf der Schönen. Ganz oben links ist ein winziger, schwach leuchtender Punkt. Dort, sage ich immer zu meinen Mädchen, sind wir alle geboren. Ich früher, ihr später. Das ist unsere Sonne. Oljenka allerdings ist hier zur Welt gekommen, auf dem Regenbogen, aber ihre Mutter und ihr Vater stammen auch von diesem Stern. Und nächstes Jahr in den Sommerferien fahren wir mit der ganzen Gruppe dorthin.«
    »Wirklich, Tatjana Alexandrowna?«, äffte er den Ton der Kinder nach. »Wir fahren wirklich dorthin?« Er küsste sie auf die Wange. »Wie fein! Wir wollen alle zusammen fliegen! In der ›Tariel‹! Alle zusammen. Und ich möchte meine Puppe mitnehmen!« Er gab ihr noch einen Kuss.
    Sie umarmte ihn.
    »Meine Mädchen spielen nicht mit Puppen.«
    Robert nahm sie auf die Arme, stand auf, ging vorsichtig um das Tischchen herum und erblickte erst dann im grünlichen Dämmerlicht der Apparaturen eine hochaufgeschossene Gestalt, die im Sessel vor dem Schreibtisch saß. Er zuckte zusammen.
    »Ich denke, jetzt können wir Licht machen«, schlug der Mann im Sessel vor, und Robert wurde sofort klar, wen er vor sich hatte.
    »Ah, ein Dritter ist aufgetaucht«, sagte Tanja. »Lass mich mal runter, Robby.«
    Sie glitt von seinen Armen und suchte nach ihrem Schuh.
    »Wissen Sie was, Kamillo«, begann Robert gereizt.
    »Ich weiß«, sagte Kamillo.
    »Ein Wunder«, versetzte Tanja und zog sich den Schuh an. »Man kann kaum glauben, dass hier auf eine halbe Million Quadratkilometer nur ein Mensch kommt. Möchten Sie Kaffee?«
    »Nein,

Weitere Kostenlose Bücher