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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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vielen Dank«, antwortete Kamillo.
    Robert machte Licht. Kamillo saß wie üblich in einer unbequemen Haltung da, die einen unangenehm berührte. Wie stets trug er einen weißen Plasthelm, der Stirn und Ohren bedeckte. Sein Gesicht hatte den gewohnten herablassenden, gelangweilten Ausdruck, und in seinen runden, unbeweglichen Augen war weder Neugier noch Verlegenheit zu sehen. Robert blinzelte ins Licht und fragte: »Sie sind hoffentlich noch nicht lange hier?«
    »Nein. Und ich habe euch weder beobachtet noch gehört, was ihr gesprochen habt.«
    »Danke, Kamillo«, sagte Tanja forsch und kämmte sich die Haare. »Sie sind sehr taktvoll.«
    »Taktlos sind nur Nichtstuer«, antwortete Kamillo.
    Robert wurde wütend. »Was haben Sie überhaupt hier zu suchen, Kamillo? Und was ist das für eine schlechte Angewohnheit, überall wie ein Gespenst zu erscheinen?«
    »Ich antworte der Reihe nach«, begann Kamillo ruhig. Das war auch so eine Angewohnheit von ihm, immer »der Reihe nach« zu antworten. »Ich bin hierhergekommen, weil die Eruption beginnt. Robby, Sie wissen genau«, vor Überdruss schloss er sogar die Augen, »dass ich jedes Mal hier aufkreuze, wenn sich an Ihrem Vorposten eine Eruption ankündigt. Außerdem …«
    Er öffnete die Augen wieder und schaute einige Zeit schweigend auf die Instrumente.
    »Außerdem sind Sie mir sympathisch.«
    Robert schielte zu Tanja hinüber. Sie lauschte aufmerksam und hielt den Kamm wie erstarrt in der erhobenen Hand.
    »Und was meine Manieren angeht«, fuhr Kamillo eintönig fort, »so sind sie merkwürdig, ja. Die Manieren jedes Menschen sind merkwürdig, er kann sein, wie er will. Nur einem selbst kommen sie ganz normal vor.«
    »Kamillo«, fragte Tanja unvermittelt, »wie viel ist eigentlich sechshundertfünfundachtzig mal drei Millionen achthunderttausenddreiundfünfzig?«
    Zu seiner großen Verwunderung bemerkte Robert, dass auf Kamillos Gesicht so etwas wie ein Lächeln erschien. Ein gruseliger Anblick. So hätte auch der Minicomputer lächeln können.
    »Viel«, antwortete Kamillo. »An die drei Milliarden.«
    »Eigenartig«, meinte Tanja nachdenklich.
    »Was ist eigenartig?«, fragte Robert.
    »Ziemlich genau getroffen«, erklärte Tanja. »Sagen Sie, Kamillo, warum wollen Sie denn kein Tässchen Kaffee haben?«
    »Vielen Dank, aber ich mache mir nichts aus Kaffee.«
    »Also dann, auf Wiedersehen. Bis zum Kinderdorf fliege ich vier Stunden. Robby, bringst du mich hinunter?«
    Robert nickte und blickte Kamillo verdrossen an. Der betrachtete seinerseits den Minicomputer. Es sah aus, als beobachtete er sich im Spiegel.
    Wie gewöhnlich ging die Sonne auf dem Regenbogenplaneten an einem völlig klaren Himmel auf. Es war eine kleine weiße Sonne, von einem dreifachen Hof umgeben. Der Nachtwind hatte sich gelegt, und es war noch schwüler geworden. Die gelblich braune Steppe mit ihren kahlen, salzbödigen Flecken schien wie tot. Dort, wo der Boden nackt war, hingen flirrende Dunstschleier – die Dämpfe der flüchtigen Salze.
    Robert schloss das Fenster und schaltete die Klimaanlage ein, dann reparierte er genüsslich und ohne Eile die Armlehne. Kamillo ging währenddessen langsam und lautlos im Labor umher, schaute hin und wieder aus dem Fenster, das nach Norden hinausging. Ihm war offensichtlich nicht im Geringsten heiß, während Robert schon allein Kamillos Anblick ins Schwitzen brachte: die dicke weiße Jacke, die langen weißen Hosen, der runde, blitzende Helm. Solche Helme stülpten sich zuweilen die Nullphysiker bei ihren Experimenten über, weil sie vor Strahleneinwirkung schützten.
    Robert hatte einen ganzen Tag Wachdienst vor sich, zwölf Stunden sengende Sonne über dem Dach, ehe sich die Eruptionsgase verflüchtigt hatten und die Folgen des gestrigen Experiments beseitigt waren. Er zog sich Jacke und Hose aus und behielt nur die Shorts an. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, mehr ließ sich nicht aus ihr herausholen.
    Jetzt flüssige Luft auf den Fußboden spritzen, dachte er, wäre das herrlich! Zwar hatten sie flüssige Luft, aber nur sehr wenig, und die wurde für den Generator benötigt. Es würde ihm also nichts übrigbleiben, als geduldig auszuharren. Er setzte sich abermals an die Instrumente. Gott sei Dank war es wenigstens im Sessel kühl, und der Bezug klebte nicht am Körper fest.
    Letztlich, so heißt es, kommt es doch vor allem darauf an, dass man am rechten Platz ist, dachte Robert. Und mein Platz ist hier. Ich erfülle meine kleinen Pflichten

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