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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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an die Oberfläche, äußern sich als leeres Geschwätz und sinnloses Herumfuchteln mit den Armen. Bei solchen Menschen wie Kamillo aber musste es sich um außerordentlich starke Regungen handeln, sonst würden sie nicht nach außen gelangen. Wenn ich doch nur einmal einen winzigen Blick in sein Inneres werfen könnte, dachte Robert. Und er stellte sich einen gähnenden Abgrund vor, in dessen Tiefen formlose, phosphoreszierende Schatten dahinhuschten.
    Kamillo war nicht beliebt. Zwar kannten ihn alle – es gab auf dem Regenbogen keinen Menschen, der seinen Namen noch nicht gehört hatte –, doch leiden mochte ihn niemand. In einer solchen Vereinsamung hätte er, Robert, den Verstand verloren. Kamillo jedoch störte es offensichtlich überhaupt nicht. Er war immer allein. Niemand wusste, wo er wohnte. Er tauchte ebenso plötzlich auf, wie er verschwand. Seinen weißen Helm sah man einmal in der Hauptstadt, einmal auf offener See, und es gab Leute, die behaupteten, er sei an beiden Orten zugleich gesehen worden. Das war natürlich pure Fantasie, doch hatte alles, was man sich über Kamillo erzählte, Anekdotencharakter und klang wie eine Legende. Er hatte eine seltsame Art, zwischen »ich« und »ihr« zu trennen. Nie hatte jemand gesehen, wie er arbeitete, doch von Zeit zu Zeit erschien er im Wissenschaftlichen Rat und redete dort von Dingen, die den anderen unverständlich waren. Gelang es ihnen aber, Kamillo zu verstehen, gab es gegen das, was er sagte, nie etwas einzuwenden. Lamondois soll einmal gesagt haben, dass er sich neben Kamillo fühle wie der dumme Enkel neben dem klugen Großvater. Überhaupt schienen sich in solchen Augenblicken alle Physiker des Planeten – von Etienne Lamondois bis Robert Skljarow – auf einem Niveau zu bewegen.
    Robert spürte, dass er bald im eigenen Schweiß schmoren würde. Er stand auf und ging unter die Dusche. Erst als er vor Kälte Gänsehaut bekam und sein Wunsch verflogen war, in den Kühlschrank zu kriechen und einzuschlafen, stellte er den eisig kalten Strahl ab.
    Als er ins Labor zurückkam, unterhielt sich Kamillo gerade mit Patrick. Der zog die Stirn in Falten, bewegte hilflos seine Lippen hin und her und schaute seinen Gesprächspartner unterwürfig an.
    Kamillo sagte ebenso gelangweilt wie geduldig: »Versuchen Sie, alle drei Faktoren in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig. Hier braucht man keine Theorie, nur ein bisschen räumliche Vorstellungskraft. Nulleffekt, Unterfrequenzbereich und beide Zeitkoordinaten. Können Sie das nicht?«
    Patrick schüttelte langsam den Kopf. Er bot einen jämmerlichen Anblick. Kamillo wartete eine Minute, dann zuckte er mit den Achseln und schaltete das Videofon aus. Robert rieb sich mit einem groben Handtuch ab und sagte entschieden: »Warum denn das, Kamillo? Das ist doch unhöflich. So etwas ist beleidigend.«
    Kamillo zuckte abermals mit den Achseln. Das sah aus, als würde sein Kopf, niedergedrückt vom Helm, in den Brustkorb rutschen und gleich darauf wieder hervorspringen.
    »Beleidigend?«, fragte er. »Warum auch nicht?«
    Was sollte Robert darauf antworten? Er spürte instinktiv, dass ein Streit mit Kamillo über moralische Themen völlig zwecklos war. Dieser Mann würde nicht begreifen, worum es ging.
    Robert hängte das Handtuch auf und begann Frühstück zu machen. Sie aßen schweigend. Kamillo begnügte sich mit etwas Brot und Marmelade und einem Glas Milch. Kamillo aß immer wenig. Dann sagte er: »Robby, wissen Sie, ob der ›Pfeil‹ schon gestartet ist?«
    »Ja, vorgestern«, antwortete Robert.
    »Vorgestern, das ist schlecht.«
    »Wozu brauchen Sie denn den ›Pfeil‹, Kamillo?«
    Gleichgültig gab er zurück: » Ich brauche den ›Pfeil‹ nicht.«

2
    Als sie das Randgebiet der Hauptstadt erreicht hatten, bat Gorbowski anzuhalten. Er stieg aus dem Wagen und sagte: »Ein kleiner Spaziergang wäre nicht schlecht.«
    »Einverstanden«, antwortete Mark Walkenstein und stieg ebenfalls aus.
    Die schnurgerade, glitzernde Chaussee lag wie ausgestorben da, ringsum streckte sich gelblich grün die Steppe, und weiter vorn schauten, farbigen Tupfen gleich, die ersten Häuser durch das Grün der üppigen Vegetation.
    »Hier ist es aber ziemlich heiß«, gab Percy Dickson zu bedenken. »Das belastet das Herz.«
    Gorbowski pflückte eine Blume aus dem Straßengraben und schnupperte daran.
    »Wärme macht gar nichts«, behauptete er. »Ich mag sie sogar gern. Kommen Sie mit, Percy, ein kleiner Spaziergang wird Ihnen guttun, Sie

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