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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Doch früher oder später kam der Moment, da sie ihn mit ebendiesem Blick betrachteten. Und jedes Mal aufs Neue fragte er sich, was er tun sollte, was sagen, wie sich verhalten. Und wie weiterleben. Er riskierte einen Einwurf: »Sicher hast du recht«, meinte er besorgt. »Allerdings muss das alles sorgfältig durchdacht werden.«
    Patrick senkte den Blick. »Tu das«, sagte er und lächelte unbeholfen. »Und vergiss bitte nicht, die Ulmotrone zu kontrollieren.«
    Der Bildschirm erlosch, und es wurde still. Robert saß da, in sich zusammengesunken, beide Hände um die kalten, unebenen Armlehnen gekrallt. Irgendwer hatte einmal gesagt, dass ein Dummkopf, der begriffen hat, dass er ein Dummkopf ist, schon allein deswegen kein Dummkopf ist. Möglicherweise mochte das irgendwann einmal gestimmt haben. Doch eine Dummheit, die ausgesprochen wurde, war und blieb eine Dummheit. Aber ich kann einfach nicht anders, dachte er. Ich bin schon ein interessanter Kerl: Alles, was ich sage, ist bekannt, alles, worüber ich nachdenke, banal; alles, was mir bisher gelungen ist zu tun, ist schon im vorvorigen Jahrhundert erprobt worden. Ich bin nicht nur ein Dummkopf, sondern ein ausgemachter Dummkopf, reif fürs Museum wie ein Hetmansstab. Robert erinnerte sich, wie ihm der alte Netschiporenko einst nachdenklich in die ergebenen Augen geblickt und gemurmelt hatte: »Mein lieber Skljarow, Sie haben die Gestalt eines antiken Gottes. Doch wie jeder Gott, bitte verzeihen Sie, sind Sie mit der Wissenschaft absolut nicht vereinbar …«
    Irgendetwas knackte. Robert hielt den Atem an und betrachtete verdutzt das abgebrochene Stück Armlehne, das er in seiner vor Anstrengung weißen Faust hielt.
    »Ja«, sagte er laut. »So etwas bringe ich fertig. Patrick kann das nicht. Netschiporenko auch nicht. Nur ich kann so etwas.«
    Er legte das Bruchstück auf den Tisch, stand auf und trat ans Fenster. Draußen war es dunkel und schwül. Vielleicht müsste er von sich aus gehen, bevor sie ihn von hier fortjagten? Aber wie sollte er bloß ohne die anderen auskommen? Und ohne das eigenartige Gefühl jeden Morgen, an diesem Tag könnte dieser unsichtbare und hartnäckige Knoten in seinem Kopf endlich platzen, weswegen er anders war als sie. Dann könnte auch er sie in ihren Andeutungen verstehen und in dem Durcheinander von mathematischen Symbolen etwas völlig Neues entdecken. Patrick würde ihm auf die Schulter klopfen und erfreut rufen: »Das ist ja eine tolle Sache! Wie bist du bloß darauf gekommen?«, und Maljajew würde sich widerwillig die Worte abringen: »Nicht schlecht, nicht schlecht … Das lag nicht auf der Hand …« Dann würde er sich endlich selbst achten können.
    »Kretin«, murmelte er.
    Ich muss mir die Ulmotrone ansehen. Soll Tanja ruhig hier sitzen und zuschauen, wie das gemacht wird. Nur gut, dass sie mein Gesicht nicht gesehen hat, als der Bildschirm erlosch.
    »Tanja«, rief er zum Fenster hinaus.
    »Ja?«
    »Tanja, weißt du übrigens, dass Roger mich im vorigen Jahr zum Modell nahm, als er die ›Jugend‹ meißelte?«
    Nach einer kurzen Pause sagte Tanja leise: »Warte, ich komm zu dir rauf.«
    Robert wusste, dass die Ulmotrone in Ordnung waren, er fühlte es. Dennoch beschloss er, alles zu kontrollieren, was unter Laborbedingungen möglich war. Erstens wollte er die trüben Gedanken verjagen, die das Gespräch mit Patrick in ihm geweckt hatte, und zweitens verstand und liebte er es, mit den Händen zu arbeiten. Das erfüllte ihn wenigstens vorübergehend mit dem freudigen Gefühl der eigenen Bedeutung und Nützlichkeit, ein Gefühl, ohne das man heutzutage einfach nicht mehr leben konnte.
    Anfangs saß Tanja, dieses liebe und feinfühlige Mädchen, noch schweigend und etwas entfernt da, machte sich dann aber ebenso schweigend daran, ihm zu helfen. Um drei Uhr nachts rief Patrick nochmals an, und Robert berichtete ihm, dass keinerlei undichte Stellen zu finden seien, also nichts hatte ausströmen können. Patrick schien besorgt. Er tat ein paar Seufzer vor dem Bildschirm und stellte auf einem Fetzen Papier Berechnungen an. Dann rollte er das Papier zu einem Röhrchen zusammen, und stellte wie gewöhnlich eine rhetorische Frage: »Und was müssen wir annehmen in diesem Fall, Robby?«
    Robert blickte verstohlen zu Tanja hinüber, die gerade vom Duschen zurückkam und sich nun leise neben das Videofon setzte. Dann antwortete er vorsichtig, dass er darin eigentlich kein besonderes Problem sehe. »Eine gewöhnliche Fontäne, wie

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