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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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Augenlidern.
    »Warum sagst du denn nichts, mein kleines Hündchen? Hast in einer Tour geklingelt, mich von wichtigen Dingen weggeholt, und jetzt bringst du kein Wort heraus!«
    Endlich machte Patrick den Mund auf. »Bei dir ist wohl … Du …« Er klopfte sich mit der Faust gegen die Stirn und blickte ihn fragend an. »He?«
    »Und wie!«, rief Robert. »Einsamkeit!Schwermut! Vorahnungen! Und dann noch zu allem Überfluss Halluzinationen. Die hätte ich beinahe vergessen.«
    »Du machst Witze, oder?«, fragte Patrick ernst.
    »Witze? Das fehlte noch! Im Dienst macht man keine Witze. Also schieß los.«
    Patrick klappte verdattert die Augen auf und zu. »Verstehe ich nicht«, gab er zu.
    »Wie solltest du auch«, meinte Robert schadenfroh. »Das sind Gefühle, Patrick, weißt du … Wie könnte ich es dir bloß ein bisschen einfacher erklären, verständlicher … Vielleicht so: nicht ganz in Algorithmen zu fassende Empfindungen in den übergeordneten logischen Bereichen. Klar?«
    »Aha«, antwortete Patrick. Er kraulte sich den Bart und konzentrierte sich. »Warum ich dich also gerufen habe, Robby. Folgendes: Es strömt wieder irgendetwas aus. Genau weiß ich es aber nicht. Kontrollier doch sicherheitshalber mal die Ulmotrone. Da ist so eine seltsame Welle …«
    Robert schaute verstört zum offenen Fenster hinaus. Die Eruption hatte er total vergessen. Dabei saß er ja ihretwegen hier. Nicht wegen Tanja, sondern wegen irgendeiner undefinierbaren Welle.
    »Warum schweigst du?«, fragte Patrick geduldig.
    »Ich halte nach der Welle Ausschau«, sagte Robert ärgerlich.
    Patrick riss die Augen auf. »Du siehst die Welle?«
    »Ich? Wie kommst du denn darauf?«
    »Na, du hast doch eben gesagt, dass du Ausschau hältst.«
    »Ja, tue ich auch.«
    »Und?«
    »Und Schluss. Was willst du eigentlich von mir?«
    Patricks Augen wurden wieder schläfrig. »Ich habe dich nicht verstanden«, sagte er. »Wovon hatten wir doch gleich gesprochen? Ach ja. Also sieh dir bitte sofort die Ulmotrone an.«
    »Weißt du überhaupt, was du da redest? Wie soll ich mir denn die Ulmotrone ansehen?«
    »Na, irgendwie …«, erwiderte Patrick. »Wenigstens die Verbindungselemente … Wir sind hier nämlich ganz durcheinander. Ich will es dir erklären: Wir haben heute im Institut ein Stück Masse zur Erde geschickt. Aber das weißt du ja alles.« Patrick fuhr sich mit gespreizten Fingern über das Gesicht. »Wir haben eine Welle von großer Kraft erwartet, registriert wurde aber nur eine schwache Fontäne … ein Fontänchen …« Er rückte nah ans Videofon heran, sodass auf dem Bildschirm nur noch ein riesiges, vor Schlaflosigkeit trübes Auge zu sehen war. Das Auge zwinkerte heftig.
    »Hast du begriffen?«, dröhnte es ohrenbetäubend aus dem Lautsprecher. »Unsere Apparate registrieren ein Quasi-Nullfeld. Unser Minirechner gibt ein Minimum an … Das könnte man ja noch außer Acht lassen … Die Kraftfelder der Ulmotrone überschneiden sich aber so, dass die Resonanzoberfläche in der fokalen Hyperdistanz liegt … Kommst du mit? Das Quasi-Nullfeld ist zwölfphasig, der Empfänger jedoch engt es auf je sechs Zweierkomponenten ein …«
    Roberts Gedanken schweiften zu Tanja ab, die geduldig dort unten saß und wartete. Indessen fuhr Patrick in seinem Redefluss fort. Sein Gesicht auf dem Bildschirm wurde abwechselnd groß und klein, und seine Stimme hallte laut auf oder lispelte bis zur Unkenntlichkeit. Robert hatte wie üblich schon sehr bald den Faden verloren. Er nickte ab und zu, legte die Stirn in Falten, zog die Brauen zusammen, doch in Wirklichkeit verstand er nichts. Voller Qual dachte er an Tanja, die dort unten saß, das Kinn auf die Knie gestützt, und wartete, bis sein wichtiges und für Nichteingeweihte unverständliches Gespräch mit den führenden Nullphysikern des Planeten beendet wäre. Er würde ihnen dann seinen überaus originellen Standpunkt zu der Frage darlegen, derentwegen man ihn so spätnachts beunruhigt hatte. Und die führenden Nullphysiker würden erstaunt mit den Köpfen schütteln und diesen seinen Standpunkt in ihre Notizblöcke eintragen.
    Da verstummte Patrick und schaute Robert mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. Den Ausdruck kannte er nur zu gut, er war sein Leben lang davon verfolgt worden. Die verschiedensten Leute – sowohl Männer als auch Frauen – bedachten ihn mit solchen Blicken. Anfangs sahen sie ihn gleichgültig an oder auch zärtlich, dann erwartungsvoll und schließlich voller Neugier.

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