Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
sind ja ganz schlapp.«
Aber Percy ließ sich nicht überreden. Er schlug die Wagentür zu und brummte: »Machen Sie, was Sie wollen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nach zwanzig Jahren sowieso genug von Ihnen beiden. Ich bin ein alter Mann und möchte mich von Ihren Widersprüchlichkeiten etwas erholen. Seien Sie bitte so nett und lassen mich heute in Ruhe.«
»Percy«, begann Gorbowski, »fahren Sie lieber ins Kinderdorf. Ich weiß zwar nicht genau, wo das liegt, aber es ist sicher das Richtige für Sie: überall liebe Kinderchen, unbekümmertes Lachen, unkomplizierte Gemüter … ›Onkel‹, werden die Kleinen rufen. ›Komm, wir spielen Blindekuh!‹«
»Aber passen Sie auf Ihren Bart auf«, frotzelte Mark und grinste über das ganze Gesicht. »Sie werden sich daran festhalten wollen.«
Percy murrte etwas Unverständliches und gab Gas. Mark und Gorbowski gingen zum Trampelpfad hinüber, der an der Chaussee entlangführte, und setzten sich gemächlich in Marsch. »Er wird alt, der Gute«, meinte Mark. »Selbst wir sind ihm schon zu viel.«
»Ach, das dürfen Sie nicht so ernst nehmen«, erwiderte Gorbowski und holte sein kleines Radio aus der Tasche. »Satt hat er uns nicht im Geringsten. Er ist einfach müde. Und obendrein enttäuscht. Dass er zwanzig Jahre für uns gegeben hat, sagt er nur so. In Wahrheit ärgert er sich, weil er nie herausgefunden hat, wie der Kosmos auf uns wirkt. Und das kann er auch nicht herausbekommen, denn der Kosmos wirkt ja überhaupt nicht auf uns …« Er unterbrach sich und sagte dann ärgerlich: »Wo steckt denn bloß der Afrika-Sender? Ich möchte mal wissen, warum meine Skala nie stimmt …«
Er schlenderte, eine Blume zwischen den Zähnen, auf dem Pfad hinter Mark her, drehte am Radio und stolperte alle Augenblicke. Endlich hatte er sein geliebtes Afrika gefunden, und die Steppe hallte von den Klängen der Trommel wider. Mark blickte ihn über die Schulter hinweg an.
»Bitte spucken Sie das ekelhafte Zeug aus«, bat er.
»Was heißt hier ›ekelhaftes Zeug‹? Das ist eine hübsche Blume.«
Die Trommel dröhnte.
»Stellen Sie wenigstens das Radio leiser«, krächzte Mark. Gorbowski drehte die Lautstärke zurück.
»Noch leiser, bitte.«
Gorbowski tat so, als stelle er die Musik noch leiser.
»Geht es so?«, fragte er.
»Ich möchte wissen, warum ich das Ding nicht schon längst beseitigt habe«, brummte Mark.
Hastig stellte Gorbowski das Radio ganz leise und steckte es in die Brusttasche.
Sie gingen an bunt gestrichenen Bungalows vorüber, die von Fliederhecken umgeben waren und auf deren Dächern sich überall die gleichen Kegelantennen für den Energieempfang drehten. Eine rotbraune Katze schlich über den Pfad. Mit einem »Miez, Miez, Miez« versuchte Gorbowski, sie anzulocken. Doch das Tier verschwand Hals über Kopf im dichten Gras, aus dem es dann mit bösen Augen hervorlugte. In der sengenden Luft hing träges Bienengesumm. Aus einem Fenster drang ein kräftiges, beinahe drohendes Schnarchen.
»Und das nennt sich nun Hauptstadt«, knurrte Mark. »Ein Dorf ist das. Bis um neun schlafen sie hier!«
»Warum denn so aufgebracht, Mark?«, fragte Gorbowski. »Mir beispielsweise gefällt es hier sehr gut. Die Bienen, die Katze … Was verlangen Sie mehr im Augenblick? Soll ich vielleicht wieder lauter stellen?«
»Bloß nicht«, protestierte Mark. »Mir sind solche verschlafenen Nester einfach zuwider. In faulen Dörfern leben auch faule Leute.«
»Na, mittlerweile kenne ich Sie ja«, sagte Gorbowski versöhnlich. »Wenn es nach Ihnen ginge, müsste es überall Kämpfe geben, Dispute, bei denen die Ideen nur so sprühen. Auch eine kleine Rauferei wäre nicht übel, stimmt’s? Na, das wird wohl ein Wunschtraum bleiben … Halt! Halt, bleiben Sie stehen! Dort gibt es Brennnesseln. Sie sind schön, schmerzen aber furchtbar!«
Vor einem üppigen Strauch mit großen, schwarz gestreiften Blättern hockte er sich hin. Mark meinte verdrossen: »Warum lassen Sie sich denn hier gleich häuslich nieder, Leonid? Haben Sie noch nie Brennnesseln gesehen?«
»Nein«, antwortete Gorbowski. »Sie werden es nicht glauben, aber ich habe wirklich noch keine gesehen. Nur darüber gelesen. Übrigens, Mark, soll ich Sie vielleicht von unserer Besatzungsliste streichen? Sie haben sich irgendwie zu Ihrem Nachteil verändert, sind launisch geworden. Und Sie haben verlernt, sich an den einfachen Dingen des Lebens zu freuen.«
»Ich weiß nicht, was Sie unter den ›einfachen Dingen
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