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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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schon das zweite Jahr.«
    Matwej ließ sich schwer in den Sessel vor dem Schaltpult fallen; er ächzte unter seinem Gewicht. Da saß er nun – massig, fast schwarz, kräftig behaart, mit einem Schnurrbart, der sperrig abstand wie bei einem Kater. Er knöpfte sich das Hemd bis zum Bauch auf und sah die beiden Kosmonauten, die genüsslich an ihren eisgekühlten Getränken saugten, über die Schulter hinweg vergnügt an. Seine Schnurrbartenden gerieten in Bewegung, er wollte gerade zum Sprechen ansetzen, da erschien auf einem der sechs Bildschirme, die am Schaltpult angeschlossen waren, eine zierliche Frau.
    »Genosse Direktor«, begann sie ernst und mit vorwurfsvollem Blick. »Mein Name ist Chaggerton, Sie werden sich nicht mehr an mich erinnern. Ich wende mich wegen der Strahlenbarriere auf dem Alabasterberg an Sie. Die Physiker weigern sich, die Barriere aufzuheben.«
    »Was heißt, sie weigern sich?«
    »Ich habe mit Rodrigo gesprochen; er ist wohl dort Chef bei den Nullphysikern? Er hat mir erklärt, Sie hätten nicht das Recht, sich in ihre Arbeit einzumischen.«
    »Lassen Sie sich von denen nicht ins Bockshorn jagen, Helen«, erwiderte Matwej. »Rodrigo ist ebenso wenig Chef der Nullphysiker, wie ich eine Pusteblume bin. Er ist Mechaniker und versteht von Nullproblemen nicht mal halb so viel wie Sie. Ich werde ihn mir gleich mal vorknöpfen.«
    »Ja bitte, wir wären Ihnen sehr dankbar.«
    Der Direktor schüttelte missbilligend den Kopf und machte sich geräuschvoll an den Umschaltern zu schaffen. »Den Alabasterberg«, schnarrte er. »Geben Sie mir Pagawa.«
    »Hallo, Matwej! Ich höre.«
    »Schota? Guten Tag, mein Lieber. Sag mal, warum hebst du eigentlich die Barriere nicht auf?«
    »Ich habe sie doch aufgehoben. Warum fragst du?«
    »Na, dann ist gut. Bestell Rodrigo, er soll die Leute nicht verrückt machen, sonst kann er mal bei mir antanzen. Und sag ihm auch, dass ich mich genau an ihn erinnere. Was macht übrigens eure Welle?«
    »Ja, weißt du …« Schota zögerte. »Die Welle ist diesmal sehr interessant, aber es würde im Augenblick zu weit führen … Ich erzähle dir später ausführlich darüber, einverstanden?«
    »Na gut, viel Erfolg weiterhin.« Matwej beugte sich über die Sessellehne und wandte sich an die Kosmonauten. »Sag mal, Leonid, was hält man denn bei euch von der Welle?«
    »Wo, bei uns?«, wollte Gorbowski wissen und saugte ungerührt an seinem Strohhalm weiter. »Auf der ›Tariel‹?«
    »Wie denkst du selbst zum Beispiel über die Welle?«, bohrte Matwej weiter.
    Gorbowski überlegte. »Ich denke gar nichts«, antwortete er schließlich. »Aber vielleicht Mark?« Er sah unsicher zu seinem Piloten hinüber.
    Der saß, das Glas in der Hand, kerzengerade im Sessel. »Wenn ich nicht irre«, sagte er bedächtig, »so ist die Welle ein Phänomen, das mit dem Nulltransport im Zusammenhang steht. Viel mehr weiß ich darüber nicht. Die Problematik des Nulltransports interessiert mich natürlich wie jeden anderen Raumfahrer auch« – er verbeugte sich leicht zum Direktor hin –, »aber auf der Erde schenkt man ihr keine große Beachtung. Ich glaube, bei uns betrachtet man den Nulltransport als ein ziemlich abseitiges Problem von untergeordneter Bedeutung.«
    Der Direktor lachte gekränkt auf. »Hör dir das an, Leonid!«, rief er. »Ein ›Problem von untergeordneter Bedeutung‹. Man merkt, dass unser Regenbogen für euch weit ab vom Schuss liegt und dass euch alles, was uns bewegt, geringfügig erscheint. Mein lieber Mark, wissen Sie auch, dass dieses nichtige Problem, wie Sie sich sinngemäß ausdrückten, mein Dasein bis obenhin ausfüllt? Und dabei bin ich nicht einmal Nullphysiker. Ich bin erschöpft. Vorgestern zum Beispiel habe ich hier in diesem Zimmer eigenhändig Lamondois und Aristoteles zerpflückt, und wenn ich jetzt meine Hände anschaue«, er hielt seine riesigen, braungebrannten Pranken vor sich, »wundere ich mich doch sehr, dass sie keinerlei Biss- oder Kratzwunden davongetragen haben. Während ich die beiden abkanzelte, hatte sich vor meinem Fenster eine Menschenmenge versammelt und in zwei Lager gespalten. Die einen brüllten: ›Welle! Welle!‹, die anderen: ›Null-T! Null-T!‹ Aber wenn ihr glaubt, das sei ein wissenschaftlicher Disput gewesen, so irrt ihr euch. Das war nichts als ein mittelalterlicher Altweiberzank um die Elektroenergie. Kennt ihr das Märchen – wie hieß es doch gleich? –›Der goldene Ziegenbock‹ oder ›Der goldene Esel‹. Das war

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