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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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des Lebens‹ verstehen«, erwiderte Mark gereizt. »Aber für meine Begriffe lenken all diese Blümchen und Brennnesseln, all diese verschlungenen Pfade und Waldwege bloß von wichtigen Dingen ab. Es gibt in der Welt noch zu viele Ungereimtheiten, als dass man es sich leisten könnte, vor einer solchen Idylle in Begeisterung auszubrechen.«
    »Ungereimtheiten – allerdings, die gibt es«, bestätigte Gorbowski. »Die gab es aber schon immer, und sie werden sich auch weiterhin nicht vermeiden lassen. Was wäre das Leben denn ohne verschiedene Standpunkte? Trotzdem muss man sich bemühen, den Augenblick zu genießen … Hör nur mal. Da singt sogar jemand trotz all der Ungereimtheiten in der Welt.«
    Ein riesiger Atomlaster kam ihnen entgegen. Auf den Kisten im Wageninnern saßen kräftige Burschen mit nacktem Oberkörper. Einer von ihnen hämmerte selbstvergessen und in gekrümmter Haltung in die Saiten eines Banjos, und die anderen sangen lautstark und einmütig:
    »Ich brauch eine Frau,
    ob gut oder schlecht,
    Hauptsache ’ne Frau,
    dann wär sie mir recht …«
    Der Atomlaster jagte vorbei, und eine heiße Luftwelle drückte für Sekunden das Gras nieder. Gorbowski sagte: »Das wenigstens müsste nach Ihrem Geschmack sein, Mark. Um neun schon auf den Beinen und am Arbeiten. Wie hat Ihnen denn der Gassenhauer gefallen?«
    »Nicht besonders«, knurrte Mark trotzig.
    Der Pfad schlängelte sich seitwärts und führte an einem riesigen, mit trübem Wasser gefüllten Betonbassin vorbei. Sie stapften durch mannshohes, trockenes Gras. Über ihnen breitete sich das dichte Laubwerk schwarzer Akazien aus, und es wurde etwas kühler.
    »Mark«, flüsterte Gorbowski. »Da drüben, das Mädchen!«
    Mark blieb interessiert stehen. Aus dem Gras tauchte eine großes, üppiges Mädchen mit dunklen Haaren auf. Sie trug weiße Shorts und eine knappe weiße Jacke, deren Knöpfe abgerissen waren. Sie hatte offensichtlich Mühe, ein schweres Kabel hinter sich herzuziehen.
    »Guten Tag!«, sagten Gorbowski und Mark wie aus einem Munde.
    Das Mädchen zuckte erschrocken zusammen und hielt inne.
    Gorbowski und Mark wechselten einen Blick.
    »Guten Tag, Fräulein!«, rief Mark noch einmal laut.
    Das Mädchen ließ, augenscheinlich bestürzt, das Kabel zur Erde gleiten.
    »Guten Tag«, hauchte sie.
    »Ich habe fast den Eindruck, Mark, als kämen wir ungelegen«, bemerkte Gorbowski.
    »Können wir Ihnen behilflich sein?«, fragte Mark galant. Das Mädchen sah ihn misstrauisch an.
    »Vorsicht, Schlangen!«, sagte sie plötzlich.
    »Wo?«, rief Gorbowski entsetzt und sprang flugs zur Seite.
    »Ich wollte Sie nur warnen, ganz allgemein«, erklärte das Mädchen. Sie musterte Gorbowski und erkundigte sich dann betont freundlich: »Haben Sie heute den Sonnenaufgang gesehen?«
    »Sogar vier davon«, antwortete Mark lässig.
    Das Mädchen blinzelte und brachte mit ein paar exakten Handgriffen ihre Frisur in Ordnung. Mark stellte sich vor. »Ich heiße Mark Walkenstein«, sagte er.
    »Er ist Landepilot«, ergänzte Gorbowski.
    »Ach so, Landepilot«, meinte das Mädchen irgendwie erleichtert. Dann nahm sie ohne weiteren Kommentar das Kabel wieder in die Hand, zwinkerte Mark noch einmal zu und verschwand im Gras. Das Kabel raschelte über den Boden. Gorbowski blickte zu Mark hinüber, der wiederum dem Mädchen hinterherschaute.
    »Gehen Sie schon«, sagte Gorbowski. »Ist ja nichts dabei. Das Kabel ist schwer, das Mädchen zart, dazu hübsch, und Sie sind ein kräftiger Kosmonaut.«
    Mark setzte nachdenklich einen Fuß auf das Kabel. Es straffte sich, und aus dem Gras ertönte die Stimme des Mädchens: »Sieh zu, dass du es freibekommst, Semjon, mach schnell.«
    Hastig zog Mark seinen Fuß wieder fort, und sie gingen weiter.
    »Etwas eigenartig, dieses Mädchen«, meinte Gorbowski. »Aber trotzdem sympathisch. Warum haben Sie eigentlich nie geheiratet, Mark?«
    »Wen denn?«, fragte der zurück.
    »Na, na, keine falsche Bescheidenheit. Ich weiß, dass es da mal ein nettes Mädchen gab. Ich hatte eigentlich immer den Eindruck, dass Sie etwas zu derb mit ihr umgingen. Aber sie hat es offensichtlich nicht gestört.«
    »Und doch habe ich nicht geheiratet«, antwortete Mark widerwillig. »Es ist nichts draus geworden.«
    Der Pfad führte wieder auf die Chaussee. Links zogen sich einige langgestreckte weiße Zisternen hin, und vorn blinkte die hohe Turmspitze des Ratsgebäudes in der Sonne. Noch immer war es ringsumher wie ausgestorben.
    »Sie hing zu

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