Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Rat«, sagte er.
»Lassen Sie hier alles stehen und liegen, nehmen Sie das Aeromobil, und fliegen Sie zu Ihrer Tanja.«
»Kein schlechter Rat«, meinte Robert und fuhr fort, die Apparate in ihre Bestandteile zu zerlegen. »Wäre mir schon recht … Fassen Sie mal mit an.«
Das Ulmotron, ein dicker, glatter Zylinder von anderthalb Metern Länge, wog etwa einen Zentner. Die beiden Männer hievten das Gerät aus seiner Vertiefung und trugen es zum Aufzug. Sie hörten den Wind aufheulen und spürten, wie der Turm leicht zu schwanken begann.
»Es wird Zeit«, sagte Kamillo. »Wir müssen hinunter.«
»Wir können doch das zweite Ulmotron nicht dalassen.«
»Hören Sie, Robby, selbst dieses hier wird Ihnen nichts mehr nützen. Glauben Sie mir.«
Robert sah zur Uhr. »Wir haben noch etwas Zeit«, beharrte er. »Fahren Sie schon mal allein, und rollen Sie das Ding raus.«
Kamillo schloss die Kabinentür, und Robert eilte zurück. Draußen herrschte rotes Dämmerlicht. Die Vögel waren verschwunden, trotzdem hing über dem Himmel nach wie vor ein dichter Schleier, durch den nur mühsam schwaches Sonnenlicht sickerte. Der Turm zitterte und bebte unter den Windstößen.
»Wenn wir es bloß noch schaffen«, murmelte Robert vor sich hin.
Mit großer Kraftanstrengung zog er das zweite Ulmotron aus seiner Vertiefung, wälzte es sich auf die Schulter und trug es zum Lift. Da flogen hinter ihm auch schon klirrend die Scheiben aus den Fensterrahmen; ins Labor fegte ein sengender Wind und trieb kratzende Staubwolken herein. Irgendetwas schlug Robert schmerzhaft gegen die Beine. Er ging in die Hocke, setzte das Ulmotron ab und betätigte den Knopf für den Aufzug. Der Motor heulte kraftlos auf und verstummte gleich darauf.
»Kamillo!«, rief Robert und presste sein Gesicht gegen die Gittereinfassung.
Es kam keine Antwort. Der Sturm pfiff klagend durch die eingedrückten Fenster, der Turm schwankte, und Robert hatte große Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Er betätigte den Knopf ein zweites Mal. Der Lift rührte sich nicht. Robert tappte, sich gegen den Wind stemmend, zum Fenster und sah hinaus. Über der Steppe wirbelten dichte Staubmassen. Genau unter ihm, am Fuß des Turms, sah er etwas Metallisches blitzen. Es überlief ihn eiskalt, als er erkannte, dass es sich um den zerfetzten Flügel des Aeromobils handelte, den der Wind hin und her schleuderte. Robert schloss die Augen und leckte sich über die trockenen Lippen. Er hatte plötzlich einen bitteren Geschmack im Mund. Da sitzen wir ja schön in der Patsche, ging es ihm flüchtig durch den Sinn.
»Kamillo!«, brüllte Robert aus Leibeskräften.
Er hörte kaum seine eigene Stimme. Sollte er durchs Fenster springen? Nein, er würde nicht lebend unten ankommen. Hatte es überhaupt noch Zweck, sich so abzustrampeln? Das Aeromobil war ohnehin nicht mehr zu gebrauchen. Dennoch, er musste auf jeden Fall hinunter. Was trödelt Kamillo bloß so ewig herum, überlegte Robert wütend. Ich an seiner Stelle hätte schon längst den Lift repariert. Bei diesem Gedanken stürzte er wieder zum Aufzug.
Er stieg über die Glassplitter hinweg, ging zur Gittertür und krallte sich mit beiden Händen an ihr fest. Na los, du großartiges Modell »Jugend«, sagte er sich, zeig, was du kannst. Bei der Tür hat man solide Arbeit geleistet; wäre das Turmgerüst von gleicher Qualität, würde auch der Lift noch funktionieren. Robert stemmte sich mit dem Rücken gegen die Tür, spannte sich und versuchte, sie einzudrücken. Eins, zwei, los! Ihm wurde schwarz vor Augen. Irgendetwas hatte geknackt – ob in der Tür oder in seinen Gelenken, er wusste es nicht. Noch einmal dasselbe! Endlich gab die Tür nach. Gleich wird sie in den Fahrstuhlschacht fliegen – und ich hinterher, dachte Robert. Zwanzig Meter mit dem Kopf nach unten … das reicht. Dazu noch das Ulmotron. Er veränderte also seine Haltung, stützte sich mit dem Rücken gegen die Wand und mit den Beinen gegen die Tür. Diesmal krachte es. Der untere Teil der Tür brach heraus. Robert fiel auf den Rücken und schlug sich den Kopf an. Einige Sekunden lag er reglos, ganz in Schweiß gebadet. Dann blickte er durch die entstandene Öffnung in die Tiefe. Weit unten war das Kabinendach zu erkennen. Er zögerte noch hinunterzuklettern, doch in dem Augenblick begann sich der Turm zu neigen, und Robert wurde nach unten gezogen. Er leistete keinen Widerstand, ihm blieb sowieso nur dieser Ausweg.
Langsam begann er den Abstieg. Er rutschte und
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