Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Unterhaltung erlosch zusehends. Offenbar hatte er den Eindruck, ich wollte seine These anfechten, die Wissenschaft sei ein Segen für die Menschheit. Einen Streit auf diesem Niveau zu führen langweilte ihn natürlich, so als behauptete er, das Baden im Meer sei nützlich, während ich dagegenhielt, ich sei im vergangenen Jahr fast ertrunken. »Ja, gewiss«, murmelte er und schaute auf die Uhr. »Nicht alles auf einmal. Immerhin werden Sie mir beipflichten, dass die Grundtendenz das Wichtigste ist … Kellner!«
Doktor Opir hatte schmackhaft gespeist, gut gesprochen – im Namen der fortschrittlichen Philosophie –, und er fühlte sich vollauf befriedigt. Ich beschloss also, mich nicht weiter einzumischen, zumal mir seine »fortschrittliche Philosophie« reichlich egal war und er mir zu dem, was mich am meisten interessierte, wohl ohnehin nichts Konkretes sagen konnte.
Wir zahlten und verließen das Restaurant.
»Wissen Sie vielleicht, Doktor, was das für ein Denkmal ist? Da drüben, auf dem Platz …«, fragte ich.
Doktor Opir blickte zerstreut hin. »In der Tat, ein Denkmal«, sagte er. »Ich hab es noch nie bemerkt. Soll ich Sie irgendwohin fahren?«
»Danke, ich gehe lieber zu Fuß.«
»Dann auf Wiedersehen. Hat mich gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sich der Hoffnung hinzugeben, Sie zu überzeugen, fällt natürlich schwer.« Er verzog das Gesicht, polkte mit dem Zahnstocher im Mund. »Aber ein Versuch wäre interessant. Wollen Sie nicht zu meiner Vorlesung kommen? Ich beginne morgen um zehn.«
»Ich danke Ihnen«, sagte ich. »Welches Thema behandeln Sie?«
»Die Philosophie des Neooptimismus. Ich werde bestimmt eine Reihe der Fragen berühren, die Sie und ich heute so tiefgründig erörtert haben.«
»Vielen Dank«, sagte ich noch einmal. »Unbedingt.«
Ich beobachtete, wie er zu seinem langen Automobil ging, auf den Sitz plumpste, an der Selbstfahrautomatik fummelte, sich zurücklehnte und offenbar sofort einschlummerte. Das Automobil rollte vorsichtig über den Platz, wurde dann schneller und verschwand im schattigen Grün einer Seitenstraße.
Neooptimismus … Neohedonismus und Neokretinismus …Jedes Übel hat auch sein Gutes, sagte die Füchsin, dafür bist du in das Land der Dummköpfe geraten. Die, die von Geburt an Dummköpfe sind, ändern sich auch mit der Zeit nicht. Fragt sich, was mit den Dummköpfen aus Überzeugung wird! Wer mag ihm den Doktortitel verliehen haben? Er ist ja nicht der Einzige seiner Art. Sicher hat eine Schar von Doktoren dem Neooptimisten Opir den Titel feierlich verliehen. Übrigens, das gibt es nicht nur unter Philosophen.
Ich sah Riemaier ins Vestibül kommen, und der Doktor war sofort vergessen. Der Anzug hing wie ein Sack an Riemaier herunter, er machte einen krummen Rücken, sein Gesicht sah welk und schlaff aus. Meiner Ansicht nach taumelte er sogar. Am Lift holte ich ihn ein und fasste ihn beim Ärmel.
Riemaier zuckte und schnellte herum. »Was ist?«, fragte er. »Weshalb sind Sie noch hier?«
»Ich habe auf Sie gewartet.«
»Ich hatte Ihnen doch gesagt, kommen Sie morgen um zwölf.«
»Was macht das für einen Unterschied?«, sagte ich. »Wozu Zeit verlieren?«
Schwer atmend starrte er mich an. »Ich werde erwartet, verstehen Sie? In meinem Zimmer sitzt jemand und wartet auf mich. Und er darf Sie nicht bei mir sehen. Verstehen Sie das?«
»Schreien Sie nicht so«, bat ich. »Man wird auf uns aufmerksam.«
Riemaier sah sich mit geschwollenen Augen um. »Kommen Sie mit in den Lift«, schlug er vor.
Wir traten in die Kabine, und Riemaier drückte den Knopf für das vierzehnte Stockwerk.
»Sagen Sie rasch: Was wollen Sie?«
Die Frage war außerordentlich dumm. Sie verwirrte mich förmlich. »Wissen Sie denn nicht, warum ich hier bin?«
Er rieb sich die Stirn, dann sagte er: »Verdammt, alles ist so durcheinandergeraten. Hören Sie, ich habe vergessen, wie Sie heißen.«
»Shilin.«
»Hören Sie, Shilin, ich habe nichts Neues für Sie. Ich hatte keine Zeit, mich damit zu befassen. Das sind alles Hirngespinste, verstehen Sie? Maria hat sich das aus den Fingern gesogen. Die sitzen da, beschreiben Papier und saugen sich was aus den Fingern. Man müsste sie alle zum Teufel jagen.«
Wir erreichten das vierzehnte Stockwerk, und er drückte den Knopf für das Erdgeschoss.
»Mist«, sagte er. »Noch fünf Minuten, dann ist er weg … Eigentlich bin ich von einem überzeugt: So etwas existiert nicht. Jedenfalls nicht hier, in dieser Stadt.« Er warf
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