Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
Maschinen zu zerstören, wir verfluchten Einstein, der unser Weltall verriet, wir brandmarkten Wiener, der einen Anschlag auf unser göttliches Wesen verübte. Nun wohl, dieses göttliche Wesen haben wir tatsächlich eingebüßt. Die Wissenschaft raubte es uns. Aber als Entgelt! Als Entgelt brachte sie die Menschheit an die üppigen Festtafeln des Olymps … Aha, da ist ja schon die Kartoffelsuppe, die göttliche ›Like‹! Nein, nein, machen Sie es wie ich. Nehmen Sie das Löffelchen da. Ein klein wenig Essig und ein bisschen pfeffern. Mit dem anderen Löffelchen, diesem da, schöpfen Sie saure Sahne. Nein, nein, langsam, rühren Sie ganz langsam. Das ist auch eine Wissenschaft, eine der ältesten, jedenfalls älter als unsere Universalsynthese. Apropos, besuchen Sie unbedingt unsere Synthetisatoren ›Horn der Amalthea AK‹. Sie sind ja kein Chemiker? Richtig, Sie sind Literat! Darüber muss man schreiben, das ist das größte Geheimnis des heutigen Tages, Beefsteaks aus Luft, Spargel aus Lehm, Trüffel aus Sägespänen. Schade, dass Malthus tot ist! Die ganze Welt würde ihn jetzt auslachen. Selbstverständlich hatte er Gründe für seinen Pessimismus. Bereitwillig stimme ich denen zu, die ihn sogar für genial halten. Aber er war unwissend und übersah die Perspektiven der Naturwissenschaften. Er gehörte zu den unglückseligen Genies, die gesellschaftliche Entwicklungsgesetze just in dem Moment entdecken, da sie unwirksam werden. Er tut mir aufrichtig leid. Denn die Menschheit war für ihn eine Milliarde gierig aufgerissener Münder. Er fuhr nachts vor Entsetzen aus dem Schlaf auf. Wahrhaftig ein ungeheuerlicher Albtraum: eine Milliarde aufgerissener Rachen und kein einziger Kopf! Ich blicke zurück und stelle voll Bitterkeit fest, wie blind sie waren – die Erschütterer der Gemüter und Herrscher über das Denken der nicht fernen Vergangenheit. Ihr Bewusstsein war von unablässigem Schrecken überschattet. Soziale Darwinisten! Sie sahen nur den ständigen Existenzkampf. Menschenmassen, rasend vor Hunger, die einander für einen Platz an der Sonne zerfetzten, als wäre er einzig, dieser Platz, als würde die Sonne nicht für alle reichen! UndNietzsche … Vielleicht taugte er für die hungrigen Sklaven der Pharaonenzeiten mit seiner unheilvollen Propagierung der Herrenrasse, mit seinen Übermenschen jenseits von Gut und Böse. Wer wünscht heute noch jenseits zu sein? Auch diesseits ist es nicht übel, habe ich recht? Es gab natürlich Marx und Freud. Marx zum Beispiel begriff als Erster, dass es auf die Ökonomie ankommt. Er begriff: Das Fundament des Goldenen Zeitalters zu legen bedeutet, die Ökonomie den Händen der gierigen Dummköpfe und Fetischisten zu entreißen, sie zu verstaatlichen und unbeschränkt zu entwickeln. Und Freud zeigte, wozu wir dieses Goldene Zeitalter eigentlich brauchen. Erinnern Sie sich an die Ursache für alle Missgeschicke des Menschengeschlechts – die unbefriedigten Instinkte, die unerwiderte Liebe und der ungestillte Hunger? Aber da erscheint Ihre Majestät die Wissenschaft und schenkt uns Befriedigung. Und wie schnell das ging! Noch sind die Namen der finsteren Propheten nicht vergessen, und schon … Wie finden Sie den Stör? Ich glaube, die Soße ist synthetisch. Diese rosa Färbung … Ja, synthetisch. Im Restaurant sollten wir mit natürlicher Soße rechnen dürfen … Ober! Ach, geschenkt, wir wollen nicht nörgeln … Gehen Sie, gehen Sie! … Wo war ich stehengeblieben? Ach ja!Hunger und Liebe. Befriedigen Sie die Liebe und den Hunger, und Sie werden einen glücklichen Menschen vor sich haben. Unter der Bedingung natürlich, dass unser Mensch fest an den morgigen Tag glaubt. Alle Utopien aller Zeiten basieren auf dieser höchst einfachen Überlegung. Befreien Sie den Menschen von den Sorgen um das tägliche Brot und den morgigen Tag, und er wird wahrhaft frei und glücklich sein. Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Kinder, ja, die Kinder, das Ideal der Menschheit sind. Ich sehe einen tiefen Sinn in der verblüffenden Ähnlichkeit zwischen einem Kind und einem sorglosen Menschen, dem Objekt der Utopie. Sorglos bedeutet glücklich. Wie nahe wir diesem Ideal doch sind! Noch ein paar Jahrzehnte, vielleicht auch nur ein paar Jahre, und wir haben den automatischen Überfluss erreicht, werfen die Wissenschaft über Bord wie ein Geheilter die Krücken, und die Menschheit wird eine große, glückliche Kinderfamilie sein. Die Erwachsenen werden sich von den Kindern nur durch
Weitere Kostenlose Bücher