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Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band

Titel: Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki , Arkadi Strugatzki
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    »Verzeihen Sie, Rat«, sagte der Mann mit dem Pflaster angewidert. »Ich begreife das alles, und eben deshalb ist mir völlig klar, dass rings um uns nichts als Verfall herrscht. Die letzten Zuckungen. Euphorie.«
    Ich stand auf und trat an ihr Tischchen. »Gestatten Sie«, bat ich.
    Erstaunt starrten sie mich an. Ich setzte mich.
    »Verzeihen Sie mir, bitte«, sagte ich. »Eigentlich bin ich Tourist und noch nicht lange hier, während Sie offensichtlich Einheimische sind und gewisse Beziehungen zur Stadtverwaltung haben. Deshalb entschloss ich mich, Sie zu behelligen. Ich höre immer Mäzene, Mäzene … Aber was das ist, weiß niemand so recht.«
    Der Mann mit dem Pflaster zuckte wieder mit der Wange. Seine Augen weiteten sich – er hatte mich erkannt.
    »Mäzene?«, fragte der rotwangige Rat höflich. »O ja, es gibt so eine barbarische Organisation bei uns. Das ist traurig, aber wahr.« Ich nickte und betrachtete das Pflaster. Mein Bekannter hatte sich bereits gefasst und aß hochmütig wie zuvor Gelee. »Im Grunde sind das moderne Vandalen. Es fällt mir schwer, ein anderes Wort dafür zu finden. Sie kaufen von ihren Beiträgen gestohlene Bilder auf, Skulpturen, Manuskripte unveröffentlichter Bücher, Patente, und vernichten sie. Stellen Sie sich vor, wie abscheulich das ist! Es bereitet ihnen einen gewissen pathologischen Genuss, Objekte der Weltkultur zu vernichten. Sie versammeln sich, eine große, gut gekleidete Menge, und vernichten seelenruhig, wohlüberlegt, wolllüstig …«
    »Oh, oh, oh!«, rief ich, ohne die Augen vom Pflaster zu lassen. »Solche Leute müsste man doch an den Beinen aufhängen.«
    »Wir verfolgen sie!«, rief der rotwangige Rat. »Wir verfolgen sie laut Gesetz. Mit den Artiks und den Gammlern können wir das leider nicht machen, weil sie im Grunde gegen kein geschriebenes Gesetz verstoßen. Wenn es sich aber um Mäzene handelt …«
    »Sind Sie fertig, Rat?«, fragte der Mann mit dem Pflaster. Mich ignorierte er.
    Der Rotwangige fuhr auf. »Ja, ja, wir müssen gehen. Sie entschuldigen uns«, sagte er, an mich gewandt. »Wir haben eine Sitzung in der Stadtverwaltung …«
    »Barmann!«, rief der Mann mit dem Pflaster. Seine Stimme klang wie Metall. »Bitte ein Taxi für uns!«
    »Sind Sie schon lange hier?«, fragte der Rotwangige.
    »Den zweiten Tag«, antwortete ich.
    »Und gefällt es Ihnen?«
    »Eine schöne Stadt.«
    »O ja«, bestätigte der Rotwangige.
    Der Mann mit dem Pflaster klemmte sich frech das Monokel ins Auge und nahm sich eine Zigarre.
    »Tut er weh?«, erkundigte ich mich mitfühlend.
    »Wer?«, fragte er arrogant.
    »Der Wangenknochen«, sagte ich. »Auch die Leber müsste Ihnen weh tun.«
    »Mir tut nie etwas weh«, antwortete er und blitzte mit dem Monokel.
    »Kennen Sie sich?«, fragte der Rotwangige verwundert.
    »Ein bisschen«, sagte ich. »Wir hatten einen Streit über Kunst.«
    Der Barmann rief, das Taxi sei da. Der Mann mit dem Pflaster erhob sich sogleich.
    »Kommen Sie, Rat«, sagte er.
    Der Rotwangige lächelte mir verlegen zu und erhob sich ebenfalls. Sie begaben sich zum Ausgang. Ich sah ihnen nach und ging dann zur Theke.
    »Brandy?«, fragte der Barmann.
    »Bitte«, sagte ich, vor Wut zitternd. »Wer sind die Männer, mit denen ich eben gesprochen habe?«
    »Der Glatzköpfige ist Rat bei der Stadtverwaltung und mit der Kultur befasst. Der mit dem Monokel ist städtischer Kassenverwalter.«
    »Kassenverwalter«, sagte ich. »Ein Lump ist das und kein Kassenverwalter.«
    »Tatsächlich?«, fragte der Barmann interessiert.
    »Und ob. Ist Buba schon da?«
    »Noch nicht … Aber der Kassenverwalter, was ist der?«
    »Ein Lump«, sagte ich. »Und ein Dieb.«
    Der Barmann überlegte. »Da haben Sie womöglich recht«, meinte er. »Eigentlich ist er ja Baron. Ehemaliger, versteht sich. Aber er verhält sich wirklich wie ein Lump. Schade, dass ich nicht wählen gegangen bin, sonst hätte ich gegen ihn gestimmt. Was hat er Ihnen getan?«
    »Er hat Ihnen etwas getan«, antwortete ich. »Und ich habe ihm etwas getan. Und ich werde noch dies und das tun. So sieht’s aus.«
    Der Barmann, der nichts begriff, nickte nur und fragte: »Noch mal das Gleiche?«
    »Bitte«, sagte ich.
    Er goss mir Brandy ein und teilte mit: »Da kommt Buba.«
    Ich drehte mich um und hätte beinahe das Glas fallen lassen. Ich erkannte Buba.

10
    Er stand an der Tür und schaute mit einer Miene um sich, als versuche er sich zu erinnern, wohin er gekommen sei und warum. Er sah

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