Gesammelte Werke 5: Vier Romane in einem Band
und ruiniere mir die Gesundheit.«
»Ich habe nur ein kleines Anliegen«, sagte ich. »Ich brauche Sleg.«
Er zuckte heftig zusammen. »Du hast wohl den Verstand verloren, was?«
»Sie sollten sich schämen«, schimpfte der Barmann. »Vor allen Leuten … Haben Sie kein Gewissen?«
»Halt’s Maul«, sagte ich.
»Immer sachte«, meinte der Barmann drohend. »Du warst wohl schon lange nicht auf der Polizei? Nimm dich in Acht, sonst wirst du … ausgewiesen!«
»Auf die Ausweisung pfeif ich«, sagte ich frech. »Misch dich nicht in fremde Angelegenheiten.«
»Stinkender Slegist«, fluchte der Barmann. Obwohl er vor Wut kochte, sprach er leise. »Sleg will er! Ich rufe gleich den Sergeanten, der wird dir Sleg geben.«
Buba rutschte von seinem Hocker und humpelte eilig zum Ausgang. Ich ließ den Barmann stehen und lief hinterher. Buba sprang in den Regen hinaus, ohne die Kapuze hochzuschlagen, und hielt nach einem Taxi Ausschau.
Ich holte ihn ein und fasste ihn beim Ärmel.
»Was willst du?«, fragte er gelangweilt. »Ich rufe die Polizei.«
»Pek«, sagte ich. »Komm zu dir, Pek, ich bin’s, Iwan Shilin, du erinnerst dich doch an mich?«
Er schaute immerfort umher und wischte sich dabei das Wasser ab, das ihm über das Gesicht lief. Er sah kläglich aus, abgehetzt. Ich bemühte mich, keine Wut aufkommen zu lassen, und sagte mir immerzu, dass das Pek sei, der unschätzbare Pek, der unersetzliche Pek, der gute, kluge, lustige Pek … Ich versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, wie er am Pult des »Gladiators« gestanden hatte, und vermochte es nicht, weil es unmöglich war, ihn sich irgendwo anders als in dieser Bar vorzustellen, mit einem Glas Alkohol.
»Taxi!«, schrie er, doch der Wagen war besetzt und raste vorbei.
»Pek«, sagte ich. »Fahren wir zu mir. Ich werde dir alles erklären.«
»Lassen Sie mich in Frieden«, sagte er zähneklappernd. »Ich fahre mit Ihnen nirgendwohin. Lass mich! Ich habe dich nicht behelligt, ich habe dir nichts getan, also lass mich, verdammt noch mal!«
»Gut«, sagte ich. »Ich lasse dich. Aber du musst mir Sleg und deine Adresse geben.«
»Ich kenne kein Sleg«, stöhnte er. »Herrgott, was ist das heute für ein Tag!«
Mit dem linken Bein hinkend, schleppte er sich davon und kehrte dann unvermittelt in ein Kellergewölbe mit schlichtem, schönem Aushängeschild ein. Ich folgte ihm. Wir setzten uns an ein Tischchen, und sofort wurden uns heißes Fleisch und Bier gebracht, obwohl wir gar nichts bestellt hatten. Buba zitterte, sein nasses Gesicht nahm eine bläuliche Färbung an. Voller Abscheu stieß er den Teller zurück. Das Bier trank er in großen Zügen, wobei er den Krug mit beiden Händen festhielt. Der kleine Keller war still und leer, über dem funkelnden Büfett hing ein weißes Schild mit der goldenen Aufschrift: »Bei uns wird gezahlt«.
Buba stellte den Krug ab und sagte wehmütig: »Soll ich gehen, Iwan? Ich kann nicht … Wozu das Gerede? Lass mich, bitte …«
Ich nahm seine Hand. »Pek, was ist mit dir? Ich habe dich gesucht, deine Adresse war nirgendwo aufzutreiben. Ich treffe dich rein zufällig und verstehe gar nichts. Wie bist du in diese Geschichte geraten? Kann ich dir irgendwie helfen, vielleicht …«
Wutschäumend riss er seine Hand los. »Henker«, zischte er. »Die reinste Gestapo. Der Teufel muss mich geritten haben, in die ›Oase‹ zu gehen. Dummes Geschwätz, Rotz. Ich habe kein Sleg, klar? Ich habe bloß einen, aber den gebe ich dir nicht! Denn was fange ich dann an? Ich bin schließlich nicht Archimedes! Hast du ein Gewissen? Dann lass mich in Ruhe und quäl mich nicht.«
»Ich kann dich nicht lassen«, sagte ich, »bevor ich den Sleg nicht habe. Und deine Adresse. Wir müssen miteinander reden.«
»Ich möchte nicht mit dir reden, begreifst du das denn nicht? Ich möchte mit niemandem über etwas reden. Ich will nach Hause. Und meinen Sleg kriegst du nicht. Was bin ich denn für euch, eine Fabrik? Soll ich’s dir geben und dann einen Umweg durch die ganze Stadt machen?«
Ich schwieg. Es war klar, dass er mich jetzt hasste. Dass er mich umbringen und seines Weges gehen würde, wenn er die Kraft dazu hätte. Aber er wusste, dass er sie nicht hatte, diese Kraft.
»Lump«, sagte er wütend. »Kannst du’s dir nicht selber kaufen? Hast du kein Geld? Da, nimm! Da!« Krampfhaft wühlte er in den Taschen und warf Kupfermünzen und zerknittertes Papiergeld auf den Tisch. »Da, das reicht!«
»Was kaufen? Bei wem?«
»Verfluchter
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